Entscheidungsstichwort (Thema)
Abstammung, Prozeßkostenhilfe. Familiensache
Leitsatz (amtlich)
Kann ein Scheidungsverfahren voraussichtlich nicht in absehbarer Zeit rechtskräftig abgeschlossen werden, ist es nicht mutwillig i. S. des § 114 ZPO, wenn die Ehefrau und Mutter eines unstreitig nicht von ihrem Ehemann abstammenden Kindes statt der Möglichkeit des § 1599 Abs. II BGB (Vaterschaftsanerkennung durch einen anderen Mann) den kostenaufwendigeren Weg eines Statusprozesses wählt, um die rechtliche Vaterschaft für das Kind den tatsächlichen Abstammungsverhältnissen anzupassen.
Normenkette
BGB § 1599 Abs. 2; ZPO § 114
Verfahrensgang
AG Bruchsal (Urteil vom 11.05.1999; Aktenzeichen 1 F 130/99) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – … vom 11.05.1999 (1 F 130/99) abgeändert.
Der Antragstellerin wird für das Verfahren erster Instanz Prozeßkostenhilfe bewilligt und ihr Rechtsanwältin …, beigeordnet. Die Antragstellerin hat keine Raten auf die Prozeßkosten zu zahlen.
Gründe
I.
Die Antragstellerin, seit 23.09.1998 deutsche Staatsangehörige (vgl. Einbürgerungsurkunde vom 26.08.1998) ist die seit 01.02.1997 getrenntlebende Ehefrau des Antragsgegners. Dieser besitzt die italienische Staatsangehörigkeit. In einem Verfahren 1 F 3/98 des Amtsgerichts … wurde die Trennung der Parteien von Tisch und Bett seit 01.02.1997 festgestellt. Zwischen ihnen ist seit 19.11.1998 das Scheidungsverfahren rechtshängig (Amtsgericht … 1 F 279/98). Am 26.11.1998 hat die Antragstellerin das Kind … geboren, das unstreitig nicht vom Beklagten abstammt. Im Scheidungsverfahren hat sie den Antrag gestellt, die Folgesache Versorgungsausgleich abzutrennen und das Scheidungsverfahren zu terminieren. Da der tatsächliche Vater des Kindes … die Vaterschaft anerkennen wolle, seien die Voraussetzungen hierfür durch die Scheidung der Ehe zu schaffen.
Auf diesen Antrag hat das Familiengericht der Antragstellerin im Scheidungsverfahren mitgeteilt, daß die Voraussetzungen für eine Abtrennung nicht gesehen würden.
Die Antragstellerin begehrt die Feststellung, daß das Kind … nicht das Kind des Antragsgegners ist.
Derzeit sei nicht abzusehen, wann das Scheidungsverfahren abgeschlossen werde, da weitere Ermittlungen in der Folgesache Versorgungsausgleich durchzuführen seien. Daher sei die Feststellung der Nichtehelichkeit des Kindes … geboten. Nur so könne sie formell wirksam Unterhaltsansprüche gegen den tatsächlichen Vater für das Kind geltend machen. Auch liege ihr daran, daß es den Namen des tatsächlichen Vaters trage und sie die gemeinsame elterliche Sorge mit diesem für das Kind ausüben könne.
Mit Beschluß vom 11.05.1999 hat das Familiengericht den für die Anfechtungsklage gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe abgelehnt.
Das Begehren der Antragstellerin sei mutwillig, da eine verständige vermögende Partei den kostengünstigeren Weg des § 1599 Abs. 2 BGB gehen würde. Sollte der Antragsgegner seine formelle Rechtsposition hinsichtlich des Sorgerechts für das Kind … geltend machen, wäre die Klärung der elterlichen Sorge im – kostengünstigeren – Weg der einstweiligen Anordnung im Rahmen des Scheidungsverfahrens möglich. Ein Rechtschutzinteresse. Kindesunterhaltsansprüche gegen den angeblichen tatsächlichen Vater geltend zu machen, fehle ebenso wie ein solches für die Namensgebung des Kindes.
Gegen diese Entscheidung hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt, mit der sie ihr Prozeßkostenhilfegesuch weiter verfolgt (Beschwerdeschrift vom 26.05.1999).
Das Familiengericht hat der Beschwerde durch begründeten Beschluß vom 24.06.1999 nicht abgeholfen (AS 27 ff.).
II.
Die gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte Beschwerde ist auch in der Sache gerechtfertigt. Sie führte zur antragsgemäßen Bewilligung der Prozeßkostenhilfe für die von der Antragstellerin beabsichtigte Anfechtungsklage gemäß den §§ 1600 ff. BGB. Auf diese ist deutsches Recht anzuwenden, Art. 19, 20 EGBGB. Die Anfechtungsklage hat hinreichende Erfolgsaussicht und erscheint auch nicht mutwillig, § 114 ZPO.
1. Bei der gebotenen summarischen Prüfung der von der – als Kindesmutter – anfechtungsberechtigten Antragstellerin (§ 1600 BGB) vorgetragenen Sach- u. Rechtslage ist es möglich, daß sie mit ihrem Begehren auf Anfechtung der nach § 1592 Nr. 1 BGB bestehenden Vaterschaft des Antragsgegners für das Kind … durchdringen wird.
2. Die Rechtsverfolgung ist auch nicht mutwillig. Dies ist nur dann der Fall, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (Zöller/Philippi, ZPO. 21. Aufl., § 114 ZPO Rn. 30). Insoweit geht das Familiengericht zutreffend davon aus, daß eine Klage im allgemeinen dann mutwillig ist, wenn das Klagziel einfacher erreicht werden kann (Zöller/Philippi, a. a. O., Rn. 31). Nach der neuen Regelung des Abstammungsrechts besteht neben dem Weg der gesetzlichen Klärung der wahren Vaterschaft in einem vom Offizial- u. Untersuchungsgrundsatz beherrschten Statusprozeß die Möglic...