Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Anforderungen an die Bestimmtheit eines in einer Umgangsregelung enthaltenen Kontaktverbots
Leitsatz (amtlich)
1. Um Grundlage für die Anordnung eines Ordnungsmittels zu sein, muss sich ein an den umgangsberechtigten Elternteil gerichtetes Unterlassungsgebot, sich der Kontaktaufnahme mit dem Kind in der ihm nicht zum Umgang zugewiesen Zeit zu enthalten, ausdrücklich und eindeutig aus der Umgangsregelung ergeben und von dem nach § 89 Abs. 2 FamFG zu erteilenden Hinweis umfasst sein (Anschluss an BGH vom 21.02.2024 - XII ZB 401/23, juris).
2. Soll einem Elternteil die Kontaktaufnahme mit dem Kind außerhalb der geregelten Umgangszeiten untersagt werden, ist eine hinreichend bestimmte Regelung erforderlich. Wie bei Gewaltschutzanordnungen, die sich ebenfalls nicht auf eine bloße Untersagung des Kontakts beschränken dürfen, bedarf es hierzu konkreter Anordnungen.
Normenkette
FamFG § 89
Verfahrensgang
AG Singen (Beschluss vom 10.01.2024; Aktenzeichen Y 4 F 314/23) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Singen vom 10.01.2024 (Y 4 F 314/23) abgeändert und in Ziffern 1 - 3 des Tenors wie folgt neu gefasst:
(1) Der Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes wird zurückgewiesen.
(2) Die Kosten des Ordnungsgeldverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
2. Von der Erhebung der Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten werden im Beschwerdeverfahren nicht erstattet.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 200 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsgegner wendet sich mit seiner sofortigen Beschwerde gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes.
Die Beteiligten sind die getrenntlebenden Eltern der Kinder K1, geb. am ..., und K2, geb. am .... K2 lebt im Haushalt der Antragstellerin, K1 im Haushalt des Antragsgegners. Beide Kinder besuchen die christliche Schule ... in ..., die sich in einer Entfernung von 350 m vom Wohnort der Antragstellerin befindet.
Am 16.10.2023 schlossen die Beteiligten beim Amtsgericht Singen folgende Vereinbarung:
§ 1 Die Eltern sind sich darüber einig, dass ihr Kind K1 unverzüglich eine Therapie bei einem Kinder- und Jugendpsychotherapeuten beginnen soll, um die aufgrund des Trennungskonfliktes gezeigten Verhaltensauffälligkeiten zu bearbeiten. K1 ist insoweit bereits bei der Praxis ... und bei der Praxis ... auf der Warteliste vorgemerkt. Insoweit vereinbaren die Eltern, dass K1 den Therapieplatz bekommen soll, der zuerst frei wird.
§ 2 Die Eltern sind sich weiter einig, dass ihr Kind K2 einen Erziehungsbeistand (m/w) an die Seite gestellt bekommen soll. Insoweit verpflichten sie sich, unverzüglich beim Jugendamt eventuell noch erforderliche Mitwirkungshandlungen zu erbringen.
§ 3 Die Eltern regeln den Umgang des Vaters mit dem Kind K2, geboren am ..., künftig wie folgt:
- jeden Montag von Schulschluss bis zum folgenden Dienstag, Schulbeginn
- jedes zweite Wochenende von Samstag, 11 Uhr bis Montag Schulbeginn (bzw. bis Dienstag nach Schulschluss, da montags immer fix beim Vater); gemäß dieser Regelung ist K2 wieder am übernächsten Wochenende beim Vater
- jeden Freitag einer Woche, in welcher kein Wochenendumgang mit dem Vater stattfindet, nach Schulschluss bis zum darauffolgenden Samstag, 11 Uhr
§ 4 Die Eltern regeln den Umgang der Mutter mit dem Kind K1, geb. ..., künftig wie folgt:
- jeden zweiten Freitag nach Schulschluss bis ca. 18 Uhr, beginnend mit Freitag, dem 27.10.23
§ 5 Die Eltern regeln die kommenden Herbstferien bezüglich K2 wie folgt:
Der Vater holt K2 am Samstag, den 28.10.23 um 10 Uhr ab und bringt sie am Mittwoch, den 01.11.23, nach Ankunft am Flughafen zur Mutter zurück. Sollte aufgrund der Flugzeiten eine frühere Abholung zu Ferienbeginn erforderlich sein, verpflichtet sich der Vater, dies unverzüglich der Mutter mitzuteilen. Weiter wird er der Mutter die geplante Ankunftszeit des Rückfluges unverzüglich mitteilen.
§ 6 Die Eltern sind sich darüber einig, dass sie den Umgang ihrer Kinder mit dem jeweils andern Elternteil aktiv fördern. Hierzu gehört für sie insbesondere, dass sie die Kinder zum Umgang mit dem anderen Elternteil motivieren und nicht schlecht vor dem Kind über den anderen Elternteil reden. Darüber hinaus sind sich die Eltern einig, dass außerhalb der vereinbarten Umgangszeiten kein Kontakt zu dem jeweiligen Kind gesucht wird. Eventuelle Ereignisse, die sich auf die Wahrnehmung des Umgangs auswirken, kommunizieren die Eltern untereinander.
§ 6 Die Eltern sind sich abschließend darüber einig, dass mit dieser Vereinbarung das Verfahren bei Kostenaufhebung erledigt ist.
Mit Beschluss vom 16.10.2023 (Y 4 F 314/23) hat das Amtsgericht Singen die Umgangsvereinbarung gerichtlich gebilligt und die Beteiligten darauf hingewiesen, dass für jeden Fall der zu vertretenden Zuwiderhandlung gegen die abgeschlossene Umgangsvereinbarung die Verhängung eines Ordnungsgeldes bis zu 25.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, verhängt ...