Entscheidungsstichwort (Thema)

Einwilligung und Kindeswohl

 

Normenkette

BGB § 1598a Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Pforzheim (Beschluss vom 07.02.2012; Aktenzeichen 3 F 239/11)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Mutter gegen Ziff. 2 des Beschlusses des AG - Familiengericht - Pforzheim vom 7.2.2012 (Az.: 3 F 239/11) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Mutter.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 719 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Kosten eines zwischenzeitlich erledigten Verfahrens auf Ersetzung der Einwilligung der Mutter in eine genetische Abstammungsuntersuchung.

Der Beteiligte zu 2 ist der rechtliche Vater der Zwillinge Tim und Mike S., die während der Ehe des Beteiligten zu 2 mit der Beteiligten zu 3 am ... 2005 geboren worden sind. Die Mutter ist außergerichtlich aufgefordert worden, in eine genetische Abstammungsuntersuchung einzuwilligen, und hat dies verweigert.

Der Antragssteller hat beantragt, die fehlende Einwilligung der Antragsgegner Ziff. 1-3 in eine genetische Abstammungsuntersuchung zu ersetzen und die Duldung einer Probenentnahme anzuordnen. Die Beteiligte zu 3 ist dem Antrag entgegengetreten und hat vorgetragen, dass das Wohl der Kinder einer Ersetzung der Einwilligung entgegenstehe. Der Vater habe kein berechtigtes Interesse an der Klärung der Vaterschaft, da er - unstreitig - die Frist zur Anfechtung der Vaterschaft versäumt habe.

Das AG hat mit Beschluss vom 20.10.2011 (I, 31) für die Kinder Tim und Mike Ergänzungspflegschaft mit dem Wirkungskreis Vertretung der Kinder im Verfahren auf Ersetzung der Einwilligung in eine Abstammungsuntersuchung angeordnet und das Landratsamt ..., Jugendamt, zum Ergänzungspfleger bestellt. Das Jugendamt ist in seiner Stellungnahme vom 30.11.2011 (I, 69) dem Antrag des Vaters nicht entgegengetreten und hat ausgeführt, dass von einer erheblichen Beeinträchtigung des Kindeswohls nicht ausgegangen werden könne.

Im Termin der mündlichen Verhandlung vom 1.12.2011 hat die Beteiligte zu 3 nach Erörterung der Sach- und Rechtslage in eine genetische Abstammungsuntersuchung eingewilligt.

Nach Entnahme der Proben und nach Erstellung des Abstammungsgutachtens hat der Beteiligte zu 2 den Rechtsstreit für erledigt erklärt und beantragt, der Beteiligten zu 3 die Kosten aufzuerlegen. Das Gutachten ergab, dass der Beteiligte zu 2 nicht der Vater der Kinder ist.

Das AG Pforzheim hat mit Beschluss vom 7.2.2011 festgestellt, dass sich das Verfahren in der Hauptsache erledigt hat (Ziff. 1 der Entscheidung). In Ziff. 2 seiner Entscheidung hat es die Kosten des Verfahrens der Beteiligten zu 3 auferlegt und dies damit begründet, dass diese sich zunächst grundlos geweigert habe, an der Erstellung des Abstammungsgutachten mitzuwirken. Welche Kindeswohlgründe einer Begutachtung entgegen gestanden hätten, habe die Mutter nicht konkretisiert.

Die Beteiligte zu 3 hat gegen den ihr formlos übermittelten Beschluss mit Schriftsatz vom 17.02. 2012 sofortige Beschwerde eingelegt, die sich gegen die Kostenauferlegung richtet. Sie bringt vor, dass Kindeswohlgründe einer Erstellung des Gutachtens entgegen gestanden hätten. Der Beteiligte zu 2 habe sie zu ungeschütztem Geschlechtsverkehr in der Empfängniszeit mit Dritten gezwungen und habe gleichwohl die Vaterschaft anerkannt. Sie habe dieses Trauma verdrängen wollen. Die Kinder liebten ihren Vater und hätten regelmäßig Umgang mit ihm. Durch die Trennung und Scheidung seien sie ohnehin traumatisiert. Rechtlich bringe das Abstammungsverfahren für den Vater keine Vorteile, da die Frist zur Vaterschaftsanfechtung abgelaufen sei. Die Kostenentscheidung sei daher unbillig.

II.1. Die Beschwerde der Mutter ist gem. §§ 58 ff. FamFG zulässig. Nach § 61 Abs. 1 FamFG ist in vermögensrechtlichen Angelegenheiten - um eine solche handelt es sich bei der vorliegenden Kostenbeschwerde - die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 EUR übersteigt. Das ist hier der Fall. Denn die außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens belaufen sich auf 276,68 EUR je Anwalt; hinzu kommen Gerichtskosten i.H.v. 165 EUR. Die Gesamtkosten betragen damit 718, 36 EUR.

2. Nachdem sich das Verfahren durch die außergerichtliche Klärung der Vaterschaft des Beteiligten zu 2 erledigt hat, war die Kostenentscheidung nach billigem Ermessen gem. §§ 81, 83 Abs. 2 FamFG zu treffen.

Nach § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG kann das Gericht die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen; Abs. 2 regelt, wann das Gericht die Kosten des Verfahrens ganz oder zum Teil einem Beteiligten auferlegen soll. Dabei begründet allein das Unterliegen eines Beteiligten noch nicht ohne weiteres dessen Verpflichtung zur Tragung der Kosten (Kei-del/Zimmermann, FamFG, 17. Aufl., § 81 Rz. 46). Die vollständige oder teilweise Erstattung der Kosten durch einen Beteiligten muss billigem Ermessen entsprechen, wobei bei Streitigkeiten unter Familienangehörigen bei der Anordnung einer...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge