Leitsatz (amtlich)

1. Ein von einem Fahrzeuganhänger ausgehender Brand, der auf fremdes Eigentum übergreift, kann "bei dem Betrieb" im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG entstanden sein, wenn ein naher örtlicher und zeitlicher Zusammenhang mit dem Defekt einer Betriebseinrichtung des Anhängers besteht.

2. Eine Betriebseinrichtung des Anhängers liegt nur dann vor, wenn es sich um eine zur technischen Ausrüstung des Fahrzeugs gehörende, konstruktiv mit diesem verbundene Anlage handelt. Wenn Geräte im Rahmen der Nutzung eines Kraftfahrzeugs oder Anhängers zu Wohnzwecken eingebracht werden, stellen diese keine Betriebseinrichtungen dar.

3. Wenn ein Brand von einem Wohnanhänger ausgeht, der vom Straßenverkehr abgemeldet wurde und dauerhaft nur noch als Unterkunft genutzt wird, handelt es sich nicht um eine Auswirkung der Gefahren, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn des § 7 Abs. 1 StVG geschützt werden soll.

 

Verfahrensgang

LG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 6 O 37/19)

 

Tenor

1. Es ist beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 28.06.2019 (6 O 37/19) durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Es ist beabsichtigt, den Streitwert auf 25.199,78 EUR festzusetzen.

3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis 10.01.2020.

 

Gründe

I. Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch nach einem Brandschaden geltend, der durch einen bei ihr versicherten Wohnanhänger verursacht wurde.

A hatte seinen bei der Beklagten pflichtversicherten Wohnanhänger unstreitig im Jahr 1990 straßenverkehrsrechtlich abgemeldet. Seither stand das Fahrzeug auf dem Gelände des B e.V. in F und wurde ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt. Am 19.06.2016 geriet der Anhänger in Brand, worauf das Feuer auf mehrere benachbarte Anhänger und Vorzelte, darunter den Wohnwagen des Klägers, übergriff. Der Kläger macht geltend, an seinem eigenen Anhänger und den darin befindlichen Gegenständen sei ein Schaden von insgesamt 25.199,78 EUR entstanden; wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 3 verwiesen. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Freiburg erstattete der Brandsachverständige C ein Gutachten, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Der Sachverständige konnte aufgrund des hohen Zerstörungsgrades die Brandausbruchstelle nur eingeschränkt feststellen. Er kam zu dem Ergebnis, dass eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine Brandzündung im Heck des bei der Beklagten versicherten Wohnwagens sprach. Der Sachverständige ging von einem technischen/elektrischen Defekt aus, wobei ein mit dem Stromnetz verbundener Röhrenfernseher, ein älteres Radiogerät mit Kassettendeck und ein eingestecktes Ladegerät für ein Smartphone als Ursache in Frage kamen. Außerdem kam ein Isolationsdefekt an einer der unterhalb des Wohnwagens verlegten Stromleitungen als Brandursache in Betracht.

Der Kläger hat die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Haftung für die Betriebsgefahr des Anhängers gemäß §§ 7 Abs. 1 SVG, 115 VVG in Anspruch genommen. Er vertritt die Auffassung, das Merkmal des Betriebs sei weit auszulegen und eine Haftung auch dann begründet, wenn ein Schaden in einem nahen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit einer bestimmten Betriebseinrichtung eines Fahrzeuges stehe. Ob ein Brand unabhängig vom Fahrbetrieb oder während der Fahrt eintrete, sei nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht mehr von Bedeutung. Es genüge für den Nachweis des Mitwirkens eines Defekts einer Betriebseinrichtung, dass eine Mitwirkung der im Fahrzeug verbauten Materialien nachgewiesen sei. § 7 StVG umfasse auch Schäden, die auf spezifische Betriebseinrichtungen eines Wohnanhängers zurückzuführen seien. Da ein modernes Wohnen ohne elektrische Energie faktisch nicht möglich sei, gehörten zu den Betriebseinrichtungen eines Wohnanhängers auch alle Installationen, die zur dauerhaften Bereitstellung von elektrischer Energie zu Wohnzwecken dienten. Davon seien alle nach dem Gutachten C in Betracht kommenden Brandquellen erfasst; auch die unterhalb des Wohnwagens installierten Stromleitungen dienten der Versorgung des Anhängers mit elektrischer Energie.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 StVG, namentlich eine Schadensentstehung "beim Betrieb" des Wohnanhängers lägen nicht vor. Die insofern für Kraftfahrzeuge entwickelten Grundsätze seien auch auf Anhänger zu übertragen. Eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG entfalle, wenn die Fortbewegungs- und Transportfunktion des Fahrzeugs keine Rolle mehr spiele. Weder die zu Wohnzwecken installierten Elektrogeräte noch die entsprechenden, zu diesen Geräten führenden elektrischen Leitungen dienten der Fortbewegungs- und Transportfunktion des Wohnanhängers. Diese seien auch nicht zuvor im Rahmen der Nutzung des Anhängers als Fortbewegungs- und Transportmittel beschädigt worden. Vielmehr habe sich vorliegend eine Gefahr aus einem gegenüber der Fortbewegungs- und Transportfunktion eigenständigen Gef...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge