Entscheidungsstichwort (Thema)
Beseitigung baulicher Veränderungen. sofortige weitere Beschwerde
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Beschluss vom 10.08.1984; Aktenzeichen 11 T 164/84) |
AG Karlsruhe-Durlach (Beschluss vom 27.03.1984; Aktenzeichen UR II 42/83) |
Tenor
1. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner werden die Beschlüsse des Amtsgerichts Karlsruhe-Durlach vom 27. März 1984 – UR II 42/83 – und des Landgerichts Karlsruhe vom 10. August 1984 – 11 T 164/84 – aufgehoben.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten sind Wohnungseigentümer – der Beteiligte zu 1 zugleich Verwalter – der Wohnungseigentumsanlage … Die Antragsgegner, Eigentümer der im Dachgeschoß gelegenen Wohnung, haben zur Belüftung ihres Bad- und Toilettenraumes einen Dachdurchbruch geschaffen und dort ein liegendes Velux-Fenster eingebaut. Die Mehrheit der Wohnungseigentümer hat der Baumaßnahme nicht zugestimmt. Die Antragsteller begehren im vorliegenden Verfahren die Beseitigung dieses Dachfensters und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Vorentscheidungen verwiesen (AS. 143 und 231 ff.).
Amts- und Landgericht haben den Anträgen stattgegeben. Das Amtsgericht hat ausgeführt, der Einbau eines Dachfensters führe zwangsläufig zu einer Beeinträchtigung der Stabilität und Sicherheit des Gebäudes. Ein weiterer Nachteil für die übrigen Wohnungseigentümer bestehe darin, daß aus Gründen der Gleichbehandlung künftigen entsprechenden Wünschen anderer Wohnungseigentümer gleichfalls stattgegeben werden müßte. Das Landgericht hat demgegenüber den letzteren Gesichtspunkt nicht gelten lassen, aber die Auffassung vertreten, die Art der Fensterkonstruktion bringe zusätzliche Risiken mit sich, die die übrigen Wohnungseigentümer nicht hinnehmen müßten. Die Abdichtung des Gebäudes durch das Fenster sei technisch mit der früher vorhandenen Abdeckung durch ein Dach nicht gleichwertig und stelle deshalb einen Nachteil dar.
Gegen den ihnen am 28.8.1984 zugestellten Beschluß des Landgerichts Karlsruhe haben die Antragsgegner mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten am 11.9.1984 weitere sofortige Beschwerde eingelegt, der die Antragsteller entgegengetreten sind.
Die Beteiligten wiederholen im wesentlichen jeweils ihr Vorbringen. Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die weitere sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 45 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG) und auch begründet.
Nach § 22 Abs. 1 S. 2 WEG ist die Zustimmung eines Wohnungseigentümers zu einer baulichen Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums insoweit entbehrlich, als durch die Veränderung sein Recht nicht über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt ist. Eine Duldungspflicht besteht nach § 14 Nr. 1 WEG gegenüber einem Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums, der keinen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus benachteiligt. Ein Mehrheitsbeschluß ist in solchen Fällen weder erforderlich noch genügend, weil unter den geforderten Voraussetzungen die nichtbetroffenen Wohnungseigentümer überhaupt nicht gefragt zu werden brauchen, die betroffenen aber sämtlich zustimmen müssen (vgl. BGHZ 73, 196; Weitnauer, WEG. 6. Aufl., Rdn. 3 zu § 22).
Von diesem Grundsatz gehen auch die Vorinstanzen und die Beteiligten aus. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist der Senat jedoch der Überzeugung, daß den Antragstellern im vorliegenden Fall keine derartigen Nachteile erwachsen sind oder werden.
1. Zutreffend hat das Amtsgericht die – auch in der Rechtsbeschwerde erneut geltend gemachte – Auffassung der Antragsteller zurückgewiesen, durch das von den Antragsgegnern eingebaute Dachfenster werde der architektonisch-ästhetische Gesamteindruck des Gebäudes beeinträchtigt. Eine solche optische Beeinträchtigung kann zwar im Einzelfall eine über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinausgehende sein; im vorliegenden Fall haben die Vorinstanzen aufgrund der vorgelegten Lichtbilder eine wesentliche Beeinträchtigung jedoch verneint. Dem schließt sich der Senat an.
2. Kein Nachteil im Sinne der genannten Vorschriften ist die vom Amtsgericht in erster Linie seiner Entscheidung zugrundegelegte Befürchtung, daß weitere Wohnungseigentümer in Zukunft entsprechende Wünsche wie die Antragsgegner äußern könnten, denen aus Gründen der Gleichbehandlung sodann nachgekommen werden müsse. Insoweit hat das Landgericht bereits darauf hingewiesen, daß im vorliegenden Fall allenfalls ein weiterer Wohnungseigentümer, der seine Räume im Obergeschoß jedoch nur für geschäftliche Zwecke nutzen darf, Baumaßnahmen der vorliegenden Art vornehmen könnte. Für die übrigen Wohnungseigentümer besteht eine auch nur annähernd vergleichbare Möglichkeit, ihre Bad- und Toilettenräume zu belüften, nicht. Im übrigen ist in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Interessen der übrigen Wohnungseigentümer beeinträchtigt werden, so daß die Befürchtu...