Tenor

  1. Es wird festgestellt, dass eine weitere Sachaufklärung erforderlich ist.
  2. Die Auslieferungshaft hat fortzudauern (§ 26 IRG).
 

Gründe

I.

Gegen den sich seit seiner vorläufigen Festnahme am 19.02.2020 zuletzt in Auslieferungshaft befindlichen Verfolgten besteht ein Auslieferungshaftbefehl des Senats vom 27.02.2020. Grundlage desselben ist eine Note der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation in Moskau vom 20.03.2020 (Nr. ...) an den Bundesminister für Justiz und Verbraucherschutz der Bundesrepublik Deutschland, mit welcher diese um Auslieferung des Verfolgten zum Zweck der Strafverfolgung ersucht. Dem Ersuchen ist neben einer Liste der anwendbaren Strafvorschriften der Russischen Föderation der Beschluss über die Heranziehung zur Verantwortung als Angeklagter des Oberermittlers der 1. Ermittlungsabteilung der 1. Verwaltung für Untersuchung der besonders wichtigen Angelegenheiten der Hauptermittlungsverwaltung des Ermittlungsausschusses Russlands im Gebiet Moskau vom 01.10.2017, der Haftbefehl der Sonderermittlerin der Ermittlungsabteilung in der Stadt C. vom 19.01.2018 (Nr. 118024600224000003), der Beschluss der Kriminaldienstabteilung der Verwaltung des Ministeriums für Innere Angelegenheiten Russlands im Stadtkreis C. über die Ausschreibung zur internationalen Fahndung vom 12.10.2018 sowie der Beschluss des Bezirksgerichts D. der Stadt Moskau vom 30.10.2018 über die Sicherheitsmaßregel in Form der Inhaftierung für zwei Monate beigefügt. Der Beschluss über die Heranziehung zur Verantwortung als Angeklagter des Oberermittlers der 1. Ermittlungsabteilung der 1. Verwaltung für Untersuchung der besonders wichtigen Angelegenheiten der Hauptermittlungsverwaltung des Ermittlungsausschusses Russlands im Gebiet Moskau vom 01.10.2017 und der Haftbefehl der Sonderermittlerin der Ermittlungsabteilung in der Stadt C. vom 30.10.2018 haben in der deutschen Übersetzung folgenden Wortlaut:

[...]

II.

Der Verfolgte hat bei seinen richterlichen Anhörungen am 20.02.2020, 06.03.2020 und 01.04.2020 vor dem Amtsgericht E. einer vereinfachten Auslieferung nicht zugestimmt, weshalb die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe am 26.03.2020 beantragt hat, die Auslieferung für zulässig zu erklären.

Der Verfolgte hat selbst und über seinen Rechtsbeistand zahlreiche Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Auslieferung erhoben.

Bereits bei seiner ersten und zweiten richterlichen Anhörung am 20.02.2020 und 06.03.2020 vor dem Amtsgericht E. hat der Verfolgte angegeben, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe träfen nicht zu und seien ausgedacht. Während er sich trotz einer entsprechenden Aufforderung im Senatsbeschluss vom 27.02.2020 zu seinem Aufenthalt in der Zeit vom ...2018 nicht äußern wollte und sogar in seinem selbst verfassten Schreiben vom 16.04.2020 - was ihm rechtlich zusteht - noch erklärte, es gäbe überhaupt keine Anhaltspunkte, dass er sich zum Zeitpunkt des ihm vorgeworfenen Tötungsdeliktes am ....2018 auf russischem Territorium aufgehalten habe, hat der Verfolgte zuvor selbst über seinen Rechtsbeistand bei seiner richterlichen Anhörung am 01.04.2020 einräumen müssen, dass es durchaus sein könne, dass er sich im Zeitraum vom ...2018 in Moskau bzw. im dortigen Stadtteil C. aufgehalten habe. Insoweit treffe es - so der Rechtsbeistand - zu, dass der Verfolgte Ende 2017 mit seinem russischen Pass von der Ukraine nach Russland eingereist sei und sich dort aufgehalten habe. Wegen der länger zurückliegenden Zeitspanne könne sich der Verfolgte jedoch nicht mehr genau erinnern, wo er sich am ....2018 konkret aufgehalten habe.

Die Aussagen der im Beschluss des Bezirksgerichts D. der Stadt Moskau vom 30.10.2018 aufgeführten Beweismittel - des Mittatverdächtigen F. und des Zeugen G. - seien konstruiert und dienten allein dazu, ihm ein Tötungsdelikt unterzuschieben. Insoweit basiere die Beweisführung der russischen Strafverfolgungsbehörden auf unglaubwürdigen Zeugenaussagen, einer der Zeugen sei selbst angeklagt und bei den beiden anderen handele es sich um ehemalige Polizeibeamte, so dass eine Absprache mit der russischen Justiz bestehe. Dies ergebe sich auch daraus, dass es in den Auslieferungsunterlagen an einer ausführlichen Schilderung des eigentlichen Tatvorwurfs mangele. Eine Verschwörung gegen ihn sei daher nicht auszuschließen und es solle vorliegend versucht werden, das deutsche Gericht in die Irre zu führen.

Der Grund für diese vorgeschobenen Behauptungen liege darin, dass - so der Rechtsbeistand - der Verfolgte sich ... 2017 der Untergrundorganisation "ASOW" - einem paramilitärischen Freiwilligenbataillon - angeschlossen und auf ukrainischer Seite gegen prorussische Separatisten im Osten der Ukraine bis November 2017 gekämpft habe. Dort sei er vor allem als Ausbilder für Nahkampf und für militärische Erkundung/Spionage bezüglich der Stützpunkte der russischen Separatisten eingesetzt gewesen. Insoweit solle versucht werden, über den Verfolgten an Details und Hintermänner der paramilitärischen und rechtsextremen Organisation "ASOW"...

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