Leitsatz (amtlich)
Die Erteilung eines nach § 2369 Abs. 1 BGB gegenständlich beschränkten Erbscheins setzt voraus, dass sich Teile des Nachlasses sowohl im Inland als auch im Ausland befinden.
Gründe
I. Auf Antrag der Beteiligten zu 2 erteilte das Nachlassgericht am 9.10.2013 einen gegenständlich beschränkten Gemeinschaftlichen Erbschein, wonach kraft Gesetzes die Beteiligten zu 1 und 2 jeweils zur Hälfte Erben nach Herrn H. E. geworden sind. Der Erbschein enthält den Zusatz, dass die Beweiskraft des Erbscheins auf das in der Bundesrepublik Deutschland belegene Vermögen beschränkt ist. Der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2 enthielt die Angabe, dass kein Auslandsvermögen vorhanden sei.
Durch Schreiben vom 26.5.2014 regte der Beteiligte zu 1 die Einziehung des Erbscheins ein und machte geltend, dass es keine Nachlassgegenstände im Ausland gebe und die gegenständliche Beschränkung des Erbscheins daher unrechtmäßig sei. Das Nachlassgericht wies den Antrag des Beteiligten zu 1 durch Beschluss vom 15.7.2013 zurück und führte aus, dass Nachlassvermögen im Ausland niemals völlig auszuschließen sei und der Erbschein nicht die Zugehörigkeit bestimmter Nachlassgegenstände zum Nachlass bezeuge. Der hiergegen durch den Beteiligten zu 1 am 8.8.2014 eingelegten Beschwerde hat das Nachlassgericht nicht abgeholfen und die Sache dem LG Heidelberg zur Entscheidung vorgelegt. Durch Beschluss vom 15.9.2009 hat sich das LG Heidelberg für sachlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das OLG abgegeben.
Die Beteiligte zu 2 ist der Beschwerde entgegengetreten, ohne in Zweifel zu ziehen, dass der Nachlass kein Auslandsvermögen aufweist.
II. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat Erfolg.
1. Für das Beschwerdeverfahren ist nach § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG, Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG das OLG zuständig, weil der zugrunde liegende Erbscheinsantrag nach dem 1.9.2009 gestellt wurde (vgl. Palandt/Edenhofer, BGB, 73. Aufl., § 2353 Rz. 7).
2. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 ist statthaft (§ 58 FamFG) und auch im Übrigen zulässig.
3. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
a) Nach § 2361 Abs. 1 BGB hat das Nachlassgericht einen erteilten Erbschein einzuziehen, wenn sich ergibt, dass dieser unrichtig ist. Unrichtigkeit liegt vor, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung entweder schon ursprünglich nicht gegeben waren oder nachträglich nicht mehr vorhanden sind (OLG Hamm NJW-RR 1997, 453; Palandt/Weidlich, BGB, 73. Aufl., § 2361 Rz. 3; Staudinger/Herzog, BGB Neubearb. 2010 § 2361 Rz. 16). Anders als das Nachlassgericht meint ist der Begriff der Unrichtigkeit nicht auf den Begriff der materiellen Unrichtigkeit beschränkt, sondern umfasst auch den Fall formeller Unrichtigkeit. Eine formelle Unrichtigkeit liegt vor, wenn eine Verfahrensvoraussetzung fehlt, die nicht nur die Verfahrensausgestaltung betrifft, sondern Bedingung für die Zulässigkeit des gesamten Verfahrens ist (Staudinger/Herzog, BGB Neubearb. 2010 § 2361 Rz. 20), wozu auch das fehlende Rechtsschutzbedürfnis gehört (BayObLG Rpfleger 1999, 76; Palandt/Weidlich, BGB, 73. Aufl., § 2361 Rz. 3).
b) So ist es hier. Vorliegend waren die Voraussetzungen für die Erteilung eines gegenständlich beschränkten Erbscheins nach § 2369 Abs. 1 BGB nicht gegeben. Dies führt zur formellen Unrichtigkeit des Erbscheins.
aa) Nach § 2369 Abs. 1 BGB kann der Antrag auf Erteilung eines Erbscheins auf die im Inland befindlichen Gegenstände beschränkt werden, wenn zu einer Erbschaft auch Gegenstände gehören, die sich im Ausland befinden. Nach herrschender Meinung bedeutet dies, dass sich Teile des Nachlasses sowohl im Inland als auch im Ausland befinden müssen (OLG Brandenburg NJW-RR 2012, 10; BeckOK/BGB/Siegmann/Höger, § 2369 Rz. 4; Fröhler in: Prütting/Helms, FamFG 3. Aufl., § 352 Rz. 85; Palandt/Weidlich, BGB, 73. Aufl., § 2369 Rz. 1; Staudinger/Herzog, BGB Neubearb. 2010 § 2369 Rz. 42; wohl auch Bahrenfuss/Schaal, FamFG 2. Aufl., § 343 Rz. 11; a.A. Bachmayer, BWNotZ 2010, 146, 171 f.; Schaal, BWNotZ 2012, 82, 84). Diese Auffassung ist überzeugend.
(1) Der Wortlaut des § 2369 Abs. 1 BGB ist eindeutig. Hiernach kann der gegenständlich beschränkte Erbschein nur erteilt werden, wenn Auslandsvermögen zum Nachlass gehört (so auch Bachmayer, BWNotZ 2010, 146, 171).
(2) Dieses Verständnis entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers. Ausweislich der Gesetzesbegründung geht die jetzige Fassung des § 2369 Abs. 1 BGB davon aus, dass für den Erben eines Nachlasses, der im In- und Ausland belegen ist, ein Interesse bestehen kann, den Antrag auf Erbscheinserteilung auf den inländischen Nachlass zu beschränken (BT-Drucks. 16/6308, 349). Folglich betrifft diese Regelung nur das Zusammentreffen von in- und ausländischem Vermögen in einem Nachlass; dies bedeutet im Umkehrschluss, dass diese Bestimmung einen Nachlass mit reinem Inlandsvermögen nicht betreffen soll.
(3) Die Voraussetzungen für eine teleologische Reduktion liegen nicht vor (so aber Bachmayer, BWNotZ 2010, 146, 172). Eine teleologische Reduktion setzt eine ve...