Leitsatz (amtlich)
1. Einem im Versorgungsausgleichsverfahren zur Auskunft verpflichteten Ehegatten ist im Hinblick auf ungeklärte Zeiten im Versicherungsverlauf aufzugeben, im Einzelnen darzulegen, welche Erwerbstätigkeit er bei welchem Arbeitgeber ausgeübt hat, wann innerhalb der Zeiträume er Leistungen der Arbeitsverwaltung oder Krankengeld bezogen und welche Ausbildungszeiten er zurückgelegt hat.
2. Die familiengerichtliche Aufforderung zur "Klärung dieser Auskünfte" verbunden mit der Mitteilung, dass das Versicherungskonto des Ehegatten bei der Deutschen Rentenversicherung für bestimmte Zeiträume Lücken aufweise, hat keinen für die Anordnung von Zwangsmitteln notwendigen vollstreckbaren Inhalt.
Normenkette
FamFG § 35 Abs. 5, § 220 Abs. 2-3, 5; ZPO § 567 ff.
Verfahrensgang
AG Pforzheim (Aktenzeichen 2 F 82/22) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts Pforzheim vom 19.04.2023, Az. 2 F 82/22, aufgehoben.
2. Gerichtskosten für das erstinstanzliche Vollstreckungsverfahren sowie für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Antragsgegner wendet sich mit der sofortigen Beschwerde gegen die Festsetzung eines Zwangsgeldes wegen unterbliebener Mitwirkung beim Versorgungsausgleich.
Die DRV B.-W. als Versorgungsträger des Antragsgegners hat mit Schreiben vom 10.08.2022 gegenüber dem Amtsgericht mitgeteilt, dass das Versicherungskonto des Antragsgegners noch nicht geklärt sei. Es wurde auf ein entsprechendes außergerichtliches Schreiben an den Antragsgegner, in welchem dieser um Mitwirkung gebeten wird, verwiesen (As. I/47 ff. VA-Heft). In diesem Schreiben sind die ungeklärten Zeiten in tabellarischer Form aufgeführt. Eine Kopie der an das Gericht gerichteten Mitteilung wurde durch das Amtsgericht an den Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners "m. B. um Kt u. Erl." formlos übermittelt.
Mit Verfügung vom 28.02.2023 hat das Amtsgericht den Antragsgegner darauf hingewiesen, dass dessen Versicherungskonto bei der DRV weiterhin Lücken aufweise, und zwar in der Zeit vom 24.04.2009 bis 30.09.2019, vom 01.05.2020 bis 31.08.2020 und vom 01.09.2021 bis 22.06.2022. Der Antragsgegner wurde unter Fristsetzung bis 17.03.2023 zur "Klärung dieser Auskünfte" aufgefordert. Zugleich wurde der Antragsgegner darauf hingewiesen, dass bei Nichtvorlage der "Unterlagen" gegen ihn ein Zwangsgeld bis zu 25.000 EUR festgesetzt werden könne.
Am 12.04.2023 teilte die DRV B.-W. mit, dass das Versicherungskonto des Antragsgegners weiterhin ungeklärte Zeiten aufweise. Das Amtsgericht hat daraufhin mit Beschluss vom 19.04.2023 gegen den Antragsgegner ein Zwangsgeld i.H.v. 500 EUR festgesetzt und ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Dagegen wendet sich der Antragsgegner mit der am 03.05.2023 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde. Er trägt vor, bereits vor einem Monat die Unterlagen an die DRV gesendet und damit seiner Auskunftspflicht nachgekommen zu sein.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 24.05.2023 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Beschwerdegericht vorgelegt.
II. Die nach §§ 35 Abs. 5 FamFG, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.
Die - formalen - Voraussetzung für die Festsetzung eines Zwangsgeldes nach § 35 Abs. 1 FamFG liegen nicht vor.
1. Nach § 35 Abs. 1 FamFG kann das Gericht zur Durchsetzung einer gerichtlich angeordneten Pflicht zur Vornahme oder Unterlassung einer Handlung gegen den Verpflichteten Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Zwangshaft anordnen. Die Vorschrift bildet dabei keine Rechtsgrundlage für eine vollstreckbare Mitwirkungsverpflichtung, sondern regelt allein das Verfahren ihrer Durchsetzung (Hammer in: Prütting/Helms, FamFG, 6. Aufl. 2023, § 35 Zwangsmittel, Rn. 7). Die einzelne Verpflichtung muss durch materielles Recht oder Verfahrensrecht ausdrücklich normiert sein (Sternal/Jokisch, 21. Aufl. 2023, FamFG § 35 Rn. 10).
Eine solche Verpflichtung ergibt sich vorliegend aus § 220 Abs. 2, 3 und 5 FamFG. Hiernach kann das Gericht anordnen, dass unter anderem die Ehegatten gegenüber dem Versorgungsträger Mitwirkungshandlungen zu erbringen haben, die für die Feststellung der in den Versorgungsausgleich einzubeziehenden Anrechte erforderlich sind. Primär wird mit der Mitwirkungspflicht die Feststellung von Grund und Höhe der in den Versorgungsaugleich einzubeziehenden Anrechte verfolgt. Inzident ist damit in der Regel aber auch eine Klärung des Versicherungskontos eines Ehegatten verbunden, jedenfalls soweit die gesetzliche Rentenversicherung betroffen ist. Es handelt sich um eine gegenüber der sich aus § 149 Abs. 4 SGB VI ergebenden Mitwirkungspflicht des Versicherten eigenständige Verpflichtung, die mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden kann (OLG Hamm, Beschluss vom 16. März 2011 - 8 WF 296/10 -, juris; Schwedhelm in: Bahrenfuss, FamFG, 3. Aufl. 2017, § 220 Verfahrensrechtliche Auskunftspflicht, Rn. 6).
2. Die Anordnung v...