Leitsatz (amtlich)
›Hat der Mieter einer Kündigung des Vermieters aus § 564 b Abs. 1 BGB widersprochen, so darf der Vermieter noch innerhalb der laufenden Kündigungsfrist nunmehr nach § 564 b Abs. 4 BGB kündigen, wenn er in dem Kündigungsschreiben zweifelsfrei zum Ausdruck bringt, daß die Kündigung nicht mehr auf berechtigte Interessen nach Abs. 1 gestützt wird.‹
Gründe
I.1. Der Kläger hat in seinem Zweifamilienhaus die andere, nicht von ihm selbst bewohnte Wohnung an den Beklagten vermietet. Mit Schreiben vom 07.03.1980 kündigte er das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs für seinen Sohn. Der Beklagte widersprach dieser Kündigung. Durch Anwaltsschreiben vom 21.03.1980 kündigte der Kläger den Mietvertrag erneut, diesmal fristlos wegen schuldhafter Vertragsverletzung gem. § 564 a BGB und zugleich fürsorglich zum 30.09.1980 unter Berufung auf § 564 b Abs. 4 BGB. Das Schreiben enthält den Hinweis, die Kündigung werde nicht auf die Voraussetzungen des § 564 b Abs. 1 BGB gestützt.
2. Da der Beklagte auch dieser Kündigung entgegentrat, erhob der Kläger Klage auf sofortige Räumung, hilfsweise auf Räumung zum 30.09.1980. Das AG ... hat der Klage aus § 564 b Abs. 4 BGB stattgegeben.
Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er Klageabweisung begehrt. Der Beklagte macht u.a. geltend, die Kündigung nach § 564 b Abs. 4 BGB sei unwirksam, weil sie nicht innerhalb der Frist der am 07.03.1980 wegen Eigenbedarfs ausgesprochenen Kündigung habe erklärt und auch nicht hilfsweise neben einer Kündigung nach § 564 a BGB habe geltend gemacht werden können.
Durch Beschluß vom 17.07.1981 hat das LG ... dem Senat folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:
Ist es zuzulassen, daß der Vermieter zunächst eine auf § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB gestützte Kündigung erklärt, diese dann nach Widerspruch des Mieters nicht weiterverfolgt oder stillschweigend zurücknimmt, der Vermieter nunmehr innerhalb der Kündigungsfrist dieser Kündigung eine auf § 564 a BGB gestützte Kündigung ausspricht und hilfsweise nach § 564 b Abs. 4 BGB kündigt?
II. Die Vorlage ist in eingeschränktem Umfang zulässig.
Der Vorlagebeschluß des Landgerichts genügt den förmlichen Anforderungen nicht; denn er enthält keine Begründung. Es ist grundsätzlich erforderlich, daß das Landgericht im Vorlagebeschluß knapp den Sach- und Streitstand darstellt und deutlich macht, von welchen Tatsachen es ausgeht und warum es seiner Ansicht nach für die zu treffende Entscheidung auf die vorgelegte Rechtsfrage ankommt (BayObLG, NJW 1970, 1748, 1749; OLG Oldenburg, Nds.Rpfl. 80, 261, 262; Senat, Rechtsentscheid vom 24.07.1981 -3 Re-Miet 4/81-; Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumschutzgesetze, 4.Aufl., G 16; Thomas-Putzo, ZPO, 10.Aufl., Vorbem. VII 3 vor § 511). Dieser Mangel ist nach der Rechtsprechung des Senats allerdings unschädlich, sofern sich aus dem Akteninhalt zweifelsfrei ergibt, daß eine ein Mietvertragsverhältnis über Wohnraum betreffende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung für die Entscheidung erheblich ist.
Diese Voraussetzungen sind hier zu bejahen, soweit das vorlegende Gericht die Frage stellt nach der Zulässigkeit einer Kündigung aus § 564 b Abs. 4 BGB, solange noch die Frist einer zuvor erklärten Kündigung aus § 564 b Abs. 1 BGB läuft. Die Vorlage betrifft das Verhältnis dieser beiden Kündigungsgründe zueinander, insbesondere die Auslegung der Vorschrift des § 564 b Abs. 4 S. 4 BGB, die bisher in der Rechtsprechung nicht geklärt und in der Literatur unterschiedlich beurteilt worden ist.
Dagegen enthält der Vorlagebeschluß keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, soweit auch die Vorschrift des § 564 a BGB in die Fragestellung miteinbezogen worden ist. Es ist, soweit ersichtlich, bisher einhellige Meinung, daß der Vermieter nicht nur nach einer ordentlichen eine fristlose Kündigung nachschieben, sondern auch in erster Linie eine fristlose und lediglich hilfsweise eine ordentliche Kündigung aussprechen kann (Schmidt-Futterer/Blank, B 42; Sternel, Mietrecht, 2.Aufl., IV 9; Hans, Mietrecht, § 564 Anm. B 5 j); denn für den Mieter ist auch dann das Begehren des Vermieters eindeutig, so daß er in seiner Rechtsverteidigung nicht beeinträchtigt wird. Im Verhältnis zur Vorschrift des § 564 b Abs. 4 BGB gilt offensichtlich nichts anderes;L denn das Gesetz liefert keine Anhaltspunkte dafür, daß -außer bei einer Kündigung nach § 564 b Abs. 1 BGB- insoweit eine Sonderregelung gewollt ist. Damit zeigt der Vorlagebeschluß in dieser Hinsicht kein klärungsbedürftiges Rechtsproblem auf, so daß diesem Teil der Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung zukommt (vgl. Schmidt-Futterer/Blank, G 11; Vogel, NJW 1975, 1297, 1300; BVG, DVBl 70, 901).
Der Senat hat daher nur folgende Rechtsfrage zu beantworten: Ist es zulässig, daß der Vermieter, der eine auf § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB gestützte Kündigung nach Widerspruch des Mieters nicht weiterverfolgt oder stillschweigend zurücknimmt, noch während der Frist der ersten Kündigung nunmehr nach § 564 b Abs. 4 BGB kündigt?
III. Diese Rechtsf...