Leitsatz (amtlich)
1. Der private Bau- oder Umzugsunternehmer wird nicht als Verwaltungshelfer und damit nicht als Beamter im haftungsrechtlichen Sinn (§ 8 39 BGB i.V. mit Art. 34 S. 1 GG) tätig, wenn er aufgrund einer Genehmigung der Straßenverkehrsbehörde mobile Halteverbotsschilder zu dem hauptsächlichen Zweck aufstellt, die Bau- oder Umzugsarbeiten durch ortsnahe Park- oder Haltemöglichkeiten zu erleichtern (Abgrenzung zu OLG Hamm, Urteil vom 29.07.2015 - I-11 U 32/14).
2. Die Pflicht, ein mobiles Halteverbotsschild nach Ablauf der Genehmigungsdauer zu entfernen, dient auch dem Zweck, die von solchen Verkehrsschildern ausgehenden Gefahren auf das erforderliche und zumutbare Maß zu beschränken. Die Verletzung dieser Verkehrssicherungspflicht kann zur Haftung führen, wenn ein Fußgänger bei Dunkelheit über den Sockel des mobilen Verkehrsschildes stürzt.
Verfahrensgang
LG Baden-Baden (Urteil vom 04.05.2016; Aktenzeichen 3 O 328/15) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Baden-Baden vom 04.05.2016 - 3 O 328/15 - wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsrechtszugs zu tragen. Die Streithelferin behält ihre Kosten auf sich.
3. Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, sofern nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte nach einem Sturz über ein von der Beklagten aufgestelltes mobiles Halteverbotsschild am 26.11.2014 auf Schmerzensgeld und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.
Am 04.11.2014 beantragte die in K. ansässige HSB GmbH zur Durchführung von Sanierungsarbeiten an der Heizungs- und Wasserversorgung die Aufstellung einer Halteverbotsbeschilderung vor dem Anwesen F. Straße 40 in B. (Bl. 51 der beigezogenen Strafakte 5 Cs 307 Js 315/15 des AG B.). Die Stadt B. erteilte daraufhin am 06.11.2014 die "Genehmigung" zur Aufstellung einer entsprechenden Halteverbotsbeschilderung nach Zeichen 283 StVO (Anlage K 1). Die Gültigkeit der Genehmigung wurde - antragsgemäß - auf den Zeitraum vom 10.11. bis zum 14.11.2014 begrenzt. Nach dem weiteren Inhalt des Bescheids sind die erforderlichen Beschilderungen mindestens 96 Stunden im Voraus durchzuführen und "jeweils nach Beendigung der Arbeiten unverzüglich zu entfernen". Das Schreiben enthält ferner - wiederum entsprechend dem Genehmigungsantrag - die Auflage, die Beschilderungsarbeiten von der Beklagten durchführen zu lassen.
Auf dieser Grundlage stellte die Beklagte, die gewerbsmäßig Beschilderungsarbeiten durchführt, auf dem Gehsteig vor dem Anwesen F. Straße 40 in B. zwei mobile Verkehrsschilder auf. Sie entfernte diese jedenfalls bis zum 26.11.2014 nicht. An diesem Tag stürzte die Klägerin gegen 22.00 Uhr über den Plastiksockel eines der Schilder und brach sich dabei vier Rippen.
Das LG, auf dessen Urteil wegen des weiteren Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug sowie der getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin Schmerzensgeld von 1.740 EUR nebst Zinsen zu bezahlen und festgestellt, dass die Klägerin unter Berücksichtigung eines hälftigen Mitverschuldens zum Ersatz des weiteren immateriellen Schadens aus dem Sturz am 26.11.2014 verpflichtet ist.
Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin die vollständige Abweisung der Klage anstrebt. Sie macht insbesondere geltend, sie habe bei der Aufstellung der Schilder als Verwaltungshelferin, mithin als Amtsträgerin im Sinne von § 839 BGB gehandelt, so dass ihre persönliche Haftung ausgeschlossen sei. Sie habe auch keine im Interesse der Klägerin bestehende Verkehrssicherungspflicht verletzt. Der Zweck der zeitlichen Befristung der Genehmigung sei nicht auf den Schutz vor den Gefahren des ordnungsgemäß aufgestellten Halteverbotsschilds gerichtet, sondern darauf, die Parkmöglichkeiten der Anwohner nicht länger als notwendig einzuschränken. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im zweiten Rechtszug und der dort gestellten Anträge wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift vom 11.01.2017 (II 87) verwiesen.
II. Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
1. Zu Recht hat das LG eine Überleitung der Haftung auf die öffentliche Hand gemäß § 839 BGB i. V. mit Art. 34 Satz 1 GG verneint. Die Beklagte hat bei der Aufstellung der Halteverbotsschilder nicht als Verwaltungshelferin der Straßenverkehrsbehörde gehandelt.
a) Die eigene deliktsrechtliche Haftung der Beklagten wäre gemäß § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 Satz 1 GG ausgeschlossen, wenn die Mitarbeiter der Beklagten bei der Aufstellung des mobilen Halteverbotsschilds in Ausübung eine...