Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung der Annahme einer Erbschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist ein in einem Testament Begünstigter davon ausgegangen, gesetzlicher Erbe zu sein und hat er die Erteilung eines Erbscheins entsprechend der gesetzlichen Erbfolge beantragt, so kann er wegen vorausgegangener Annahme die Erbschaft nicht mehr ausschlagen.
2. In der später erklärten Ausschlagung der Erbschaft kann keine Anfechtung der vorausgegangenen Annahme gesehen werden, wenn der Ausschlagung dies nicht hinreichend zu entnehmen ist.
3. Ein Irrtum über den Berufungsgrund ist nicht gegeben, wenn dieser nicht kausal für die Annahme der Erbschaft ist. Hiervon ist auszugehen, wenn der Berufungsgrund dem Annehmenden bei der Annahme der Erbschaft gleichgültig war.
Verfahrensgang
LG Konstanz (Entscheidung vom 24.03.2005; Aktenzeichen 2 O 417/04) |
Gründe
I. Die Klägerin, Witwe des am 10.05.2002 verstorbenen Roland L., fordert von den beklagten Eltern des Erblassers die Erfüllung eines Vermächtnisses sowie Vermächtnisergänzung und Auskunft. Sie beruft sich hierbei auf ein privatschriftliches Testament des Erblassers vom 24.03.2002 (vgl. Anlage K 1).
Auf Antrag der Klägerin erließ das Nachlassgericht am 1.09.2003 einen gemeinschaftlichen Erbschein, welcher die Klägerin als Erbin zu 18,75/100 neben den Beklagten auswies. Durch Beschluss des Nachlassgerichts vom 15.10.2004 wurde der Erbschein wegen Unrichtigkeit wieder eingezogen. Am 26.11.2004 schlug die Klägerin die Erbschaft durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht aus.
Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Das Testament vom 24.03.2002 enthalte keine Erbeinsetzung, sondern lediglich Vermächtnisse. Infolgedessen habe die Klägerin ihren Ehemann kraft Gesetzes zu _ beerbt, §§ 1931, 1371 BGB. Die Klägerin habe ihren Erbteil fristgerecht und wirksam ausgeschlagen. Die Ausschlagungsfrist laufe bislang nicht, weil die Klägerin aufgrund anhaltender Auslegungszweifel betreffend das Testament nach wie vor keine hinlängliche Kenntnis vom Berufungsgrund erlangt habe, § 1944 Abs. 2 BGB. An der Ausschlagung sei die Klägerin nicht gemäß § 1943 BGB durch vorherige Annahme der Erbschaft gehindert gewesen. Eine etwaige Annahme gelte gemäß § 1949 BGB als nicht erfolgt. Denn bis zur Einziehung des Erbscheins habe die Klägerin irrtümlich davon ausgehen müssen, sie sei testamentarische Erbin geworden. Nachdem die Erbschaft infolge der Ausschlagung den Beklagten als alleinigen Erben angefallen sei, stehe der Klägerin ein Vermächtnisanspruch i.H. von EUR 4.305,70 sowie - nach Verrechnung mit einem Gegenanspruch der Beklagten i.H. von EUR 2.500,00 - gemäß § 2307 Abs. 1 Satz 2 BGB ein Vermächtnisergänzungsanspruch i.H. von EUR 24.037,81 gegen die Beklagten zu. Außerdem könne die Klägerin Auskunft über weitere Nachlasswerte und eine mögliche Schenkung des Erblassers an die Beklagten verlangen.
Für die Einzelheiten des Sachverhalts, der Entscheidungsgründe und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.
Mit der Berufung verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Klagabweisung weiter. Höchst hilfsweise erstreben sie widerklagend im Wege der Stufenklage nach Auskunft und eidesstattlicher Versicherung die Herausgabe von Hausrat, den die Klägerin aus dem Nachlass an sich genommen habe.
Die Beklagten machen geltend, der Klägerin stehe ein Vermächtnisergänzungsanspruch nicht zu. Die Klägerin habe die Erbschaft schon durch ihren Erbscheinsantrag wirksam angenommen. Ein Irrtum im Sinne des § 1949 BGB liege nicht vor, weil ihr der Berufungsgrund seinerzeit gleichgültig gewesen sei. Zudem sei die Ausschlagung verspätet. Spätestens im August 2004 habe die Klägerin die - auch von den Beklagten geteilte - zutreffende Auslegung der testamentarischen Verfügungen im Sinne anrechnungsfreier Vorausvermächtnisse erkannt. Jedenfalls aber betrage der Pflichtteil mangels Geltung deutschen Güterrechts nur 1/4; ferner sei die an die Klägerin geflossene Versicherungsleistung i.H. von EUR 30.465,94 auf den Pflichtteil anzurechnen. Schließlich habe das Landgericht von der Klägerin unterschlagenen Hausrat zu Unrecht mit 0,00 EUR beziffert und eine Darlehensschuld des Erblassers i.H. von EUR 2.500,00 nicht berücksichtigt.
Die Beklagten beantragen,
1. das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
2. hilfsweise: das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
3. höchst hilfsweise (für den Fall, dass die Berufung keinen Erfolg habe) im Wege der Stufen-Widerklage: die Klägerin zu verurteilen,
(a) (1. Stufe) den Widerklägern als Mitgliedern der Erbengemeinschaft nach Roland L. Auskunft über die von ihr aus dem Nachlass des am 10.05.2002 verstorbenen Roland L. erlangten Nachlassgegenstände und deren Verbleib durch Vorlage eines Verzeichnisses zu erteilen,
(b) (2. Stufe) für den Fall, dass das Verzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt worden sein sollte, wird die Wide...