Leitsatz (amtlich)
Beim Risikoausschluss des § 4 Abs. 1 Nr. 6b AHB (Tätigkeitsklausel) ist das Ausschlussobjekt mit dem Auftragsgegenstand gleichzusetzen. Andere Gegenstände, die bei den Arbeiten am Auftragsgegenstand in Mitleidenschaft gezogen werden können, sind jedenfalls dann keine Ausschlussobjekte, wenn auf sie im Rahmen der Durchführung des Auftrags nicht unvermeidlich bzw. praktisch zwangsläufig (mit)eingewirkt wird.
Ein laufender Haftungsprozess kann ein triftiger Grund dafür sein, den Deckungsprozess einstweilen nicht weiter zu betreiben. In diesem Fall endet die Unterbrechung der Verjährung des Anspruchs auf Deckungsschutz nicht mit der der letzten Prozesshandlung.
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 05.03.2004; Aktenzeichen 2 O 326/02) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Karlsruhe v. 5.3.2004 - 2 O 326/022 - im Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen wie folgt abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 129.980,49 zzgl. 5 % Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 15.3.2002 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an die Klägerin EUR 57.370,78 nebst 5 % Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit 28.11.2002 zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin und ihrem früheren Mitarbeiter K, aus der Haftpflichtversicherung Nr. 080.070.0172083.6 Versicherungsschutz zu gewähren hat für weitere Ersatzforderungen, die die Wohnungseigentümergemeinschaft der Anlage H-Str. ... wegen bei der Entnahme von Bodenproben über der Tiefgarage des Hauses am 26.10.1994 von K verursachter Schäden geltend macht.
II. Die Kosten des Rechtsstreit trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung kann durch Sicherheitsleistungen i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Versicherungsleistungen aus einem Haftpflichtversicherungsvertrag. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) zugrunde.
Die Klägerin betreibt ein chemisches Labor. Sie wurde im Zuge der Errichtung einer Wohnungseigentümeranlage im Herbst 1994 beauftragt, das über der Tiefgarage aufgeschüttete Erdreich zu untersuchen, nachdem der Verdacht einer Aufbringung verunreinigten Materials aufgekommen war. Bei der Entnahme einer Probe am 26.10.1994 durchstieß der Mitarbeiter der Klägerin K. versehentlich das unter dem Erdreich liegende Vlies sowie die darunter liegenden Folien bis zum Rohbeton. Aufgrund dieser Beschädigung des Dachaufbaus entstanden in der Folgezeit Schäden durch eindringendes Wasser. Die daraufhin von der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen die Klägerin und K. als Gesamtschuldner erhobene Schadensersatzklage, die auch die Feststellung der Ersatzpflicht für weitere Schäden umfasste, hatte im wesentlichen Umfang Erfolg (OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.4.2001 - 8 U 107/99; LG Karlsruhe, Urt. v. 22.4.1999 - 2 O 25/99). Der Beklagten war von den Klägern im Haftpflichtprozess der Streit verkündet worden.
Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.
Die Klägerin hat im ersten Rechtszug zuletzt beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 129.980,49 zzgl. 5 % Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 15.3.2002 zu zahlen
2. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an die Klägerin EUR 57.370,78 nebst 5 % Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin und ihren früheren Mitarbeiter K, Steinbacher Straße 10, 76327 Pfinztal, von den Kosten freizustellen, die die Klägerin des Verfahrens vor dem LG Karlsruhe 2 O 25/99 und vor dem OLG Karlsruhe 8 U 107/99 gem. Ziff. 2 des Urteils des LG Karlsruhe 2 O 25/99 v. 22.4.1999 geltend machen können, sowie aller weiteren, nicht ausgeurteilten Schäden, die K am 26.10.1994 bei der Entnahme von Bodenproben über der Tiefgarage des Hauses H-Straße ... verursacht hat.
Das LG hat die Klage abgewiesen, weil die Beklagte sich auf den Haftungsausschluss gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 6 b AHB mit Erfolg berufen könne. Gemäß § 4 I Nr. 6 b AHB bezieht sich der Versicherungsschutz nicht auf Haftpflichtansprüche wegen Schäden
"die an fremden Sachen durch eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Versicherungsnehmers an oder mit diesen Sachen (z.B. Bearbeitung, Reparatur, Beförderung, Prüfung u.dgl.) entstanden sind; bei Schäden an fremden unbeweglichen Sachen gilt dieser Ausschluss nur insoweit, als diese Sachen oder Teile von ihnen unmittelbar Gegenstand der Tätigkeit gewesen sind.
Sind die Voraussetzungen der obigen Ausschlüsse in der Person von Angestellten, Arbeitern, Bediensteten, Bevollmächtigten oder Beauftragten des Versicherungsnehmers gegeben, so entfällt gleichfalls der Versicherungsschutz, u...