Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindesunterhalt
Verfahrensgang
AG Emmendingen (Urteil vom 16.10.1998; Aktenzeichen 4 F 44/98) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts –Familiengericht– Emmendingen vom 16.10.1998 – Az: 4 F 44/98 – geändert:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Auf die Widerklage hin wird festgestellt, daß die Beklagte/Widerklägerin ihrer Tochter Veronika F. auch seit April 1998 keinen Unterhalt schuldet, der gemäß § 91 Abs. 1 S. 1 BSHG auf den Kläger übergehen konnte bzw. übergehen kann.
II. Der Kläger hat die Kosten beider Instanzen zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der klagende Landkreis macht auf ihn als den zuständigen Träger der Sozialhilfe gemäß § 91 Abs. 1 S. 1 BSHG übergegangene Unterhaltsansprüche der am 26.06.1950 geborenen Tochter der Beklagten, der Zeugin Veronika F. gegen die Beklagte geltend.
Der Kläger gewährt seit dem 17.09.1992 Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz an Veronika F..
Mit Wahrungsanzeige gemäß § 91 Abs. 2 BSHG a.F. vom 04.05.1993 (I, 67) machte das Landratsamt T. der Beklagten Mitteilung von den Leistungen an Veronika F. nach dem Bundessozialhilfegesetz.
Im vorliegenden Verfahren klagt der Landkreis T. Unterhaltsansprüche gegenüber der Beklagten ein für den Zeitraum vom 01.05.1993 bis zum 30.11.1997, und zwar nur in Höhe eines Teils der geleisteten Sozialhilfe.
Im einzelnen wird geltend gemacht für die Monate Mai und Juni 1993 ein Betrag von jeweils 226 DM, für den Zeitraum vom 01.07.1993 bis 31.03.1996 monatlich 200 DM und für den Zeitraum vom 01.04.1996 bis 30.11.1997 monatlich 140 DM. Insgesamt ergibt dies einen Betrag von 9.626 DM. Wegen der Berechnung im einzelnen wird Bezug genommen auf den Schriftsatz vom 09.01.1998 (I 29–31).
Veronika F. war für den gesamten Zeitraum, für den Unterhalt geltend gemacht wird, als arbeitslos gemeldet. Seit Mai 1998 hat sie eine Tätigkeit gefunden, für die sie im Monat 618 DM ausbezahlt erhält.
Noch mit Schreiben vom 14.03.1998 hat das Landratsamt T. von der Beklagten laufende monatliche Zahlungen für die Veronika F. gewährten Leistungen verlangt (I 183).
Die Beklagte hat deshalb negative Feststellungswiderklage erhoben.
Der Kläger hat vorgetragen, vorrangig Unterhaltsverpflichtete seien nicht vorhanden, da sowohl der geschiedene Ehemann von Veronika F., Hans Joachim F., als auch deren Söhne Armin und Andreas S. nicht leistungsfähig seien bzw. gewesen seien. Veronika F. lebe auch nicht in nichtehelicher Lebensgemeinschaft mit einem neuen Lebenspartner.
Veronika F. sei für den Klagezeitraum nicht in der Lage gewesen, sich selbst zu unterhalten. Insoweit hat der Kläger zu den jeweiligen Meldungen der Veronika F. beim Arbeitsamt und ihren sonstigen Bemühungen, eine Arbeitsstelle zu erhalten, weiter vorgetragen. Im übrigen hat er darauf hingewiesen, die Chancen für Veronika F., ein Einkommen aus abhängiger Arbeit zu erzielen, mit dem sie sich selbst unterhalten könne, seien für sie als ungelernte Frau über 40 Jahre äußerst schlecht.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine Summe von 9.626 DM nebst 4 % Zinsen aus einem Betrag von 4.466 DM seit dem 01.07.1995 sowie ab dem 15.07.1997 4 % aus einem Betrag von 8.626 DM zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen, und hat Widerklage erhoben mit dem Antrag, festzustellen, daß die Widerklägerin Frau Veronika F. keinen Unterhalt schulde.
Der Kläger hat Abweisung der Widerklage beantragt.
Die Beklagte hat bestritten, daß ein Unterhaltsanspruch der Veronika F. gegen sie bestanden habe oder bestehe.
Sie hat bestritten, daß der geschiedene Ehemann der Veronika F. oder ihre Söhne jedenfalls in der Vergangenheit nicht in der Lage gewesen seien, für den Unterhalt der Veronika F. aufzukommen. Das Vorbringen des Klägers hierzu beziehe sich nur auf den jetzigen Zeitpunkt.
Die Beklagte hat ferner darauf abgehoben, daß ihre Tochter bei entsprechenden Bemühungen sehr wohl in der Lage gewesen bzw. sei, für ihren Unterhalt selbst aufzukommen. Sie habe sich in keiner Weise ausreichend um Arbeit bemüht.
Außerdem lebe Veronika F. seit Anfang 1993 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft mit einem neuen Lebenspartner zusammen, dessen Name auch am gemeinsamen Briefkasten stehe. Aus diesem Grund müsse sich Veronika F. monatlich 600 DM anrechnen lassen dafür, daß sie ihrem Lebenspartner den Haushalt führe.
Veronika F. habe jahrelang kaum Kontakt zur Beklagten gepflegt, weshalb ein Unterhaltsanspruch entfalle.
Außerdem sei die Beklagte nicht leistungsfähig. Sie beziehe zwar Einkünfte aus Renten, seit 01.07.1997 in Höhe von 2.147,20 DM. Es seien jedoch besondere Belastungen vorhanden, weshalb nur von einem anrechenbaren Einkommen von 1.620,73 DM ausgegangen werden könne.
Das Familiengericht hat – nach Beweisaufnahme (Vernehmung von fünf Zeugen, I 297–309) – durch Urteil vom 16.10.1998 der Klage in vollem Umfang stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil (I 337–34...