Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 20.01.1995; Aktenzeichen 7 O 187/94) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der VII. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim vom 20. Januar 1995 – 7 O 187/94 – im Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen abgeändert:
1. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, Installationskopien der von den Klägern entwickelten und von der Klägerin zu 1 vertriebenen Handwerker-Software „Primus” in den Versionen „Primus Midi”, „Primus Profi” und „Primus Finanzbuchhaltung” so zu bearbeiten, daß diese Programme ohne Einsatz des von der Klägerin zu 1 vorgesehenen Dongles (Kopierschutzsteckers) ablauffähig sind;
2. Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 500.000,– DM – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger 1/6 und der Beklagte 5/6 zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 80.000,– DM abwenden, falls nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten. Die Sicherheit kann jeweils auch durch eine unbefristete und unbedingte selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.
4. Der Wert der Beschwer des Beklagten beträgt 120.000,– DM.
Tatbestand
Der Kläger zu 2 (im folgenden: Kläger) hat eine Software für kleinere und mittlere Handwerksbetriebe entwickelt („RP-Handwerk”), die er über die Klägerin zu 1 (im folgenden: Klägerin), eine von ihm geführte GmbH, vertreibt, der er ein ausschließliches Nutzungsrecht an den Programmen eingeräumt hat. Auf der Grundlage von „RP-Handwerk” wurde bei der Klägerin u.a. die Programme „Primus Midi”, „Primus Profi” und „Primus Finanzbuchhaltung” erstellt. Diese Programme dienen dazu, in kleineren bis mittleren Handwerksbetrieben den Schriftverkehr und die Buchhaltung zu erledigen, Lager und Stammdaten zu verwalten sowie betriebswirtschaftliche Analysen zu erstellen.
Die Programme der Klägerin sind mit einer Dongle-Abfrage ausgerüstet, die ein unberechtigtes Kopieren verhindern soll. Bei dem „Dongle” handelt es sich um einen mit den Programmen mitgelieferten, etwa streichholzschachtelgroßen Stecker, der auf eine der Schnittstellen des PC gesteckt wird. Dank der einprogrammierten Dongleabfrage laufen die Programme nur, wenn der Dongle eingesteckt ist. Versucht man, das Programm zu starten, ohne daß der Dongle eingesteckt ist, wird der Programmlauf abgebrochen.
Der Beklagte betreibt ein Ingenieurbüro für Elektrotechnik und Elektronik. Unter anderem bietet er die Lösung von „Problemen mit Kopierschutzsteckern (sog. ‚Dongle’) am PC” an. Am 10.1.1994 beschrieb er diese Tätigkeit gegenüber einem Kunden der Klägerin, der sich an ihn wegen Schwierigkeiten beim Programmlauf gewandt hatte, wie folgt:
Wir sind ein Ingenieurbüro für Elektrotechnik und Elektronik. U.a. beseitigen wir Probleme und Ablaufstörungen an Programmen und deren Organisationsmitteln. Besonders bei auftretenden Störungen während des Betriebes machen wir die auffallend häufige Erfahrung, daß Programme, welche zum Ablauf einen DONGLE erfordern, fast immer störungsfrei laufen, sobald nur die Dongleabfrage aus dem Programm entfernt ist.
Wie kann man das überprüfen?
Bislang mußte der Anwender eines Programmes, mit oder ohne DONGLE, bei Ablaufstörungen den Lieferanten zur Beratung oder Abhilfe, in der Regel kostenpflichtig, hinzuziehen. Es gab für den Anwender auch gewöhnlich kein Mittel, auftretende Störungen einzugrenzen oder die Zusammenhänge festzustellen oder dem Lieferanten Programmfehler nachzuweisen.
Das ist nun anders:
Seit dem Inkrafttreten des 2. Gesetzes zur Änderung des Urheberrechts (BGesBI I Nr. 29 vom 23. Juni 1993) kann der berechtigte Programmbenutzer, also Sie, auch ohne Zustimmung des Rechtsinhabers (des Lizenzgebers) den Code eines Programmes untersuchen und zur Fehlerbeseitigung vervielfältigen und umarbeiten (§ 69d Abs. 1). Auch kann er die zur Herstellung der Interoperlabilität mit anderen Programmen erforderlichen Maßnahmen durch Dritte (z.B. durch uns) treffen lassen, sofern er die berechtigten Interessen des Lizenzgebers nicht unzumutbar verletzt (§ 69e Abs. 1,1). Entgegenstehende vertragliche Bestimmungen sind nichtig (§ 69g Abs. 2).
Was heißt das?
Z.B. wenn der DONGLE beim Betrieb des Programmes ein sog. Gebrauchshindernis darstellt, können Sie beim Lieferanten des Programmes seine Beseitigung fordern oder, falls der Lieferant das ablehnt, die Beseitigung des Dongles selbst durchführen oder durchführen lassen.
Und was ist ein Gebrauchshindernis?
Diese sind zahlreich und unterschiedlichsten Ursprungs. Einige Beispiele:
Es beginnt bei der Sicherungskopie: bei einem Hardwareproblem können Sie zwar die Dateien wieder herstellen, nicht aber den Dongle; ohne Ersatz können Sie Ihr Programm nicht mehr benutzen. Sie können den Dongle auch nicht versichern; wenn Ihnen der Dongle abhanden kommt, müss...