Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Urteil vom 14.10.2015; Aktenzeichen 1 O 146/15) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Freiburg im Breisgau vom 14.10.2015, Az. 1 O 146/15, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der beklagten ... Herausgabe befruchteter Eizellen im so genannten 2- PN-Stadium (Vorkernstadium), hilfsweise die Herausgabe von Embryonen.
Der Kläger und seine damalige Ehefrau schlossen am 02.12.2008 (Anlage K 1) mit der Beklagten einen "Vertrag über die Kryokonservierung und nachfolgende Behandlung von Eizellen im 2- PN-Stadium sowie deren Verwahrung".
Hintergrund des Vertragsschlusses der Parteien war eine schwere Erkrankung der Ehefrau des Klägers. Die Eheleute befürchteten, dass die Ehefrau durch die notwendige Behandlung unfruchtbar werden könnte. Durch die Einlagerung von In-Vitro befruchteten Eizellen sollte eine Möglichkeit geschaffen werden, den Kinderwunsch des Ehepaares später dennoch zu erfüllen. Tatsächlich verstarb die frühere Ehefrau des Klägers am 04.08.2010 an ihrer Krankheit.
Von Eizellen im 2-PN-Stadium wird gesprochen, wenn das männliche Spermium zwar bereits in die weibliche Eizelle eingedrungen ist, dort aber noch zwei Vorkerne, die sog. Pronuklei, vorhanden sind, welche zunächst jeweils den einfachen Chromosomensatz von Mann bzw. Frau enthalten. Erst der Zeitpunkt, zu dem sich die beiden Chromosomensätze zur ersten gemeinsamen Teilung zusammenfinden, ist der von § 8 Abs. 1 ESchG (Embryonenschutzgesetz) genannte Zeitpunkt der "Kernschmelze", von dem ab ein Embryo im Sinne des ESchG gegeben ist (vgl. näher GüntherlTaupitz/Kaiser, Embryonenschutzgesetz, 2. Aufl. 2014, A. II. Rn. 36 f.).
Durch Kryonisieren - hierunter wird das Einfrieren von Gewebe und anschließende Lagern in flüssigem Stickstoff bei - 196 ° C verstanden - wird der Befruchtungsvorgang im Vorkernstadium unterbrochen. Vor der Implantation in die Gebärmutter wird die Eizelle wieder aufgetaut, wodurch sich der Verschmelzungsvorgang fortsetzen und ein Embryo im Sinne von § 8 Abs. 1 ESchG entstehen kann, der dann in die Gebärmutter eingesetzt werden kann.
In dem Vertrag heißt es in Ziffer 5:
"Die Herausgabe der Eizellen im 2-PN-Stadium erfolgt nur an das oben genannte Paar."
Außerdem unterzeichnete der Kläger und seine damalige Ehefrau sowie ein Vertreter der Beklagten eine "Gemeinsame Erklärung des Ehepaares" (Anlage B 2). Dort heißt es unter anderem:
"e) Eine Aufbewahrung eingefrorener Eizellen im Vorkernstadium ist über den Tod eines Partners hinaus nicht möglich. Eine Beendigung der Kryokonservierung kann seitens des Paares jederzeit schriftlich mit Unterschrift beider Partner erfolgen [...]. Die Lagerung kryokonservierter Eizellen erfolgt zunächst für 2 Jahre. Eine darüber hinausgehende Lagerung muss entsprechend vereinbart werden.
f) Embryonen dürfen - anders als Vorkernstadien - aufgrund des Embryonenschutzgesetzes nicht vernichtet werden. Falls ein geplanter Transfer von Embryonen aus besonderen Gründen nicht stattfinden kann, müssen diese nach Anrufen der Ethikkommission eingefroren werden. Die Unterzeichner verpflichten sich ausdrücklich, die Embryonen innerhalb der Aufbewahrungsfrist in die Gebärmutter einsetzen zu lassen. Sollte ein Paar verstorben sein, bzw. anderweitige Komplikationen auftreten, so kann ein Votum der Ärztekammer über weitere Maßnahmen bestimmen, diese sind für die Unterzeichner verbindlich."
Mit Schreiben vom 24.12.2008 (Anlage K 2) teilte die Beklagte mit: "[...] nach abgeschlossener Follikelreifung führten wir am 22.12.2008 bei Ihnen eine transvaginale Follikelpunktion durch. Bei dieser Punktion konnten 17 Eizellen gewonnen werden. Nach 24 Stunden waren 15 Eizellen befruchtet. 15 Embryonen wurden kryokonserviert."
Nach dem Tod der früheren Ehefrau des Klägers schrieb die Beklagte dem Kläger am 28.02.2011 (Anlage K 3), dass die Eizellen nach dem Tod der Ehefrau nicht weiter zu Befruchtungszwecken verwendet werden dürfen, und bat darum, "einer Auslagerung des Verwahrgutes zuzustimmen. [...] Sollten Sie eine anderweitige Verfügung treffen wollen, so setzen Sie sich bitte am besten telefonisch mit uns in Verbindung." Der Kläger erteilte keine Zustimmung.
Mit seiner Klage hat der Kläger erstinstanzlieh Herausgabe der 15 Eizellen im 2-PN-Stadium verlangt und hilfsweise für den Fall, dass es sich bei den konservierten Eizellen nicht mehr um solche im Vorkernstadium handelt, sondern um Embryonen, Herausgabe der 15 Embryonen. Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte sei aus rechtlichen Gründen verpflichtet, die Eizellen herauszugeben....