Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Entscheidung vom 21.08.2003; Aktenzeichen 9 O 50/02) |
Gründe
I. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 21. August 2003 verwiesen. Zweitinstanzliche Änderungen und Ergänzungen ergeben sich aus den nachfolgenden Ausführungen.
Das Landgericht hat der Klage, mit der der Kläger 100 % des ihm bei dem Verkehrsunfall am 26.11.2001 entstandenen Schadens geltend gemacht hat, teilweise stattgegeben. Es hat eine Haftungsquote der Beklagten von 50 % zugrunde gelegt und ausgeführt, beide Parteien hätten den Unfall verschuldet. Dem Kläger falle ein Verstoß gegen § 6 StVO und dem Beklagten Ziff. 1 ein solcher gegen § 2 StVO zur Last. Bei den geltend gemachten Schadenspositionen hat es Abstriche bei den Reparatur- und Mietwagenkosten vorgenommen und die Kosten eines Privatsachverständigen des Klägers für die Unfallrekonstruktion als nicht erstattungsfähig angesehen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, der nunmehr noch 80 % des ihm entstandenen Schadens geltend macht und die vom Landgericht als nicht erstattungsfähig angesehenen Sachverständigenkosten weiterverfolgt. Er begehrt Zahlung von weiteren EUR 3.055,04 nebst Zinsen.
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt Zurückweisung der Berufung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in beiden Instanzen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II. Die Berufung des Klägers ist zulässig und teilweise im Hinblick auf die Haftungsquote begründet. Im übrigen war sie als unbegründet zurückzuweisen.
Die Beklagten haben dem Kläger 2/3 des diesem entstandenen materiellen Schadens zu ersetzen, da der Beklagte Ziff. 1 den Unfall verschuldet hat. Das restliche Drittel muss der Kläger auf sich behalten, da ihn ein Mitverschulden an dem Zustandekommen des Unfalls trifft.
Der Beklagte Ziff. 1 hat den Unfall verschuldet, da er gegen § 2 Abs. 2 StVO (Rechtsfahrgebot) und gegen § 1 Abs. 2 StVO (gegenseitige Rücksichtnahme im Straßenverkehr) verstoßen hat. Aber auch der Kläger hat gegen das Rechtsfahrgebot (§ 2 StVO) verstoßen. Dagegen kann ihm ein Verstoß gegen § 6 StVO, der von einem an einem Hindernis Vorbeifahrenden verlangt, zunächst entgegenkommende Fahrzeuge durchfahren zu lassen, nicht zur Last gelegt werden. Diese Vorschrift kommt im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung.
Die den Parteien zur Verfügung stehende Fahrbahn - die K-Straße in B. - war durch die auf der Fahrbahnseite des Klägers geparkten Fahrzeuge verengt, so dass von der eigentlichen Fahrbahnbreite von 7,35 m (vgl. Handskizze PK F., Anl.heft Beklagte S. 3) an der Stelle, an der Lkw geparkt waren, noch ca. 5,05 m verblieben, an der Stelle, an der Pkw geparkt waren, ca. 5,35 m. Abzustellen ist im vorliegenden Fall auf eine verbleibende Fahrbahnbreite von ca. 5,35 m. Aus der polizeilichen Handskizze folgt, dass in Fahrtrichtung des Klägers zunächst nur PKW und erst nach der Unfallstelle LKW geparkt waren. Bis zu den parkenden LKW konnte (und mußte) der aus beiden Richtungen kommende Verkehr sich die verbleibenden 5,35 m teilen.
Die Vorschrift des § 6 StVO greift nur dann ein, wenn kumulativ (nicht alternativ) ein - vorübergehendes - Hindernis die Fahrbahn so verengt, dass die Benutzung der Gegenfahrbahn erforderlich wird, und wenn links von dem Hindernis so wenig Platz verbleibt, dass sich begegnende Fahrzeuge die Engstelle nicht gleichzeitig passieren können (Geigel/Zieres, Haftpflichtprozess 24. Aufl. 27. Kap. Rn. 198; Hentschel, StVR 37. Aufl. § 6 StVO Rn. 3). Dagegen ist § 6 StVO nicht anwendbar, wenn für ein gleichzeitiges Durchfahren der Engstelle durch zwei sich begegnende Kraftfahrzeuge genügend Raum verbleibt (herrschende Meinung, vgl. nur OLG Düsseldorf, DAR 80,187; OLG Schleswig VersR 82, 1106; OLG Köln in Cramer, StVE § 6 StVO Nr. 3; OLG Karlsruhe 10 U 280/99). In einem solchen Fall richten sich die beiderseitigen Verhaltenspflichten nach § 1 Abs. 2 StVO: Der an dem Hindernis Vorbeifahrende darf die Gegenfahrbahn mitbenutzen und der Entgegenkommende ist grundsätzlich verpflichtet, demjenigen, der an dem Hindernis links vorbeifahren will, rechtzeitig und ausreichend weit nach rechts auszuweichen (Geigel/Zieres aaO.). Nur durch eine solche Fahrweise kann auch den Anforderungen des fließenden Verkehrs Genüge getan werden; müsste jeder PKW-Fahrer, der wegen eines rechts parkenden Fahrzeugs die linke Fahrbahnseite mitbenutzen muß, trotz ausreichend verbleibender Fahrbahnbreite warten, bis der Gegenverkehr passiert hat, käme der Verkehr in Innenstädten zum Erliegen.
Im vorliegenden Fall folgt aus den Ausführungen des Sachverständigen R. in seinem erstinstanzlich schriftlich erstellten Gutachten vom 17.04.03 (I 181 ff.), dass die bestehende Durchfahrtbreite des verbleibenden Straßenraumes von ca. 5,35 m ein problemloses Aneinandervorbeifahren der beiden Fahrzeuge ohne weiteres ermöglichte. Die beiden Fahrzeuge haben je etwa eine Breite von 1,70 m (vgl....