Verfahrensgang
LG Heidelberg (Aktenzeichen 5 O 133/16) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 25.04.2019 - 5 O 133/16 - abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Anwaltshaftung wegen eines erfolglosen Eilverfahrens in Anspruch.
Im Jahr 2011 mandatierte die Klägerin die Beklagte wegen der Geltendmachung von Ansprüchen auf Immobilienvermögen. Im Kern ging es um die Frage, ob die Klägerin als Erbin des A in die Erbengemeinschaft nach dessen Vater B eingetreten oder ob bereits A aus dieser Erbengemeinschaft ausgeschieden war. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
B verfügte über ein umfangreiches Immobilienvermögen. Er verstarb 1977 und wurde von seiner Witwe C (die später ebenfalls verstarb) und seinen Kindern A, D und E beerbt. In den Jahren 2000 und 2001 kam es zu mehreren Abschichtungsvereinbarungen, nach denen A aus der Erbengemeinschaft ausscheiden sollte, zunächst gegen eine Einmalzahlung von 6 Mio. DM sowie monatliche Zahlungen von 10.000 DM, später anstelle der Zahlungen gegen Übertragung eines mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks, dessen Wert mit knapp 10 Mio. DM angegeben wurde.
Daraufhin ließen die anderen Erben die betroffenen Grundbücher auf sich umschreiben. Hiergegen wandte sich A in einem ersten Eilverfahren erfolgreich. Auf seinen Antrag ordnete das Landgericht Berlin im Jahr 2002 die Eintragung von Widersprüchen im Grundbuch an (Beschl. v. 28.06.2002 u. Urt. v. 18.10.2002 - 36 O 245/02 -). Die Berufung der anderen Erben wurde vom Kammergericht gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen (Hinweis v. 19.03.2004 und Beschl. v. 04.05.2004 - 7 U 291/02 -). Die damaligen Entscheidungen gingen davon aus, dass die Abschichtungsvereinbarungen sittenwidrig seien, weil die Abfindung in einem groben Missverhältnis zum Nachlasswert stehe. Die weitere Begründung stützte sich im Wesentlichen darauf, der Wert des Abfindungsgrundstücks sei durch ein von A vorgelegtes Sachverständigengutachten glaubhaft gemacht und es sei ein Nachlasswert von mindestens 60 Mio. DM zugrundezulegen, nachdem die anderen Erben als Verfügungsbeklagte hierzu nicht nachvollziehbar vorgetragen hätten.
A erhob 2002 in dieser Sache die Hauptsacheklage (LG Berlin - 36 O 402/02 -). Im Jahr 2003 verstarb er. Zu seiner Alleinerbin hatte er zu Lebzeiten die Klägerin eingesetzt. Die anderen Erben nach B machten im Wege einer weiteren Klage die Erbunwürdigkeit der Klägerin bezogen auf die Erbfolge nach A geltend (LG Berlin - 30 O 235/04 -; nachfolgend KG - 22 U 208/11 -). Für den Nachlass des A wurde ein Nachlasspfleger bestellt. Aufgrund einer vom Nachlasspfleger ohne Beteiligung der Klägerin abgeschlossenen Vereinbarung wurden Gutachten zu den Immobilienwerten sowie zum Güterstatut eingeholt. Im Frühjahr 2011 nahm der Nachlasspfleger die Hauptsacheklage zurück und erklärte gegenüber der von den anderen Erben nach B parallel erhobenen Klage auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung nach § 926 Abs. 2 ZPO (LG Berlin - 36 O 90/11 -) ein Anerkenntnis, woraufhin ein entsprechendes Anerkenntnisurteil erging. In der Folge wurden die Widersprüche im Grundbuch gelöscht und die anderen Erben in Form einer BGB-Gesellschaft als Eigentümer eingetragen.
Mit Berufungsurteil des Kammergerichts vom 08.08.2011 blieb die vorgenannte Erbunwürdigkeitsklage erfolglos und es wurde auf die Widerklage der hiesigen Klägerin festgestellt, dass sie Alleinerbin nach A ist.
Anschließend wandte sich die hiesige Klägerin, unterstützt durch ihren Bekannten, den Zeugen F, an die beklagte Anwaltskanzlei, diese vertreten durch den Partner Rechtsanwalt G sowie den Zeugen Rechtsanwalt H. Anlässlich des Besprechungstermins am 12.09.2011 schlossen die Parteien einen Beratungsvertrag über ein "Kurzgutachten - weiteres Vorgehen gegen übrige Erbengemeinschaft ... sowie Prüfung der Erfolgsaussichten eines Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Erbengemeinschaft". Am 27.09.2011 übersandte die Beklagte der Klägerin eine gutachterliche Stellungnahme, in der unter der Überschrift "Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch das Landgericht Berlin" ausgeführt wird, als Anordnungsanspruch komme § 826 BGB infolge des kollusiven Zusammenwirkens von Nachlasspfleger und übriger Erbengemeinschaft "in Betracht"; die übrigen Darlegungen entsprächen weitgehend der früheren von A erfolgreich eingereichten Antragsschrift. Schwieriger "dürfte die Glaubhaftmachung einer Eilbedürftigkeit (sog. Anordnungsgrund) sein". Abschließend heißt es:
"Die Erfolgsaussichten eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung schätzen wir als ausgewogen ein. Sollte das Landgericht dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung nicht stattgeben, so bietet das Verfahrensrecht die Möglichkeit, den Antrag kostensparend kurzfristig zurückzunehmen. Die Antragsschrift wird in diesem Fall...