Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Mangelbeseitigungsnebenkostenklausel in der Betriebshaftpflichtversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu der Deckungserweiterung in einer Betriebshaftpflichtversicherung mit "Bauunternehmerpolice", nach welcher die gesetzliche Haftpflicht "aus Schäden, die als Folge eines mangelhaften Werkes auftreten", mitversichert ist.

2. Ein danach versicherter Folgeschaden ist beim Generalunternehmer auch ein Schaden, welcher infolge einer mangelhaften Leistung nach Abnahme oder Fertigstellung in einem anderen, von seinem Auftrag ebenfalls umfassten Gewerk verursacht wird, wenn die beiden Gewerke nicht in einem funktionalen Zusammenhang stehen.

 

Normenkette

VVG §§ 100, 102

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 08.01.2020; Aktenzeichen 21 O 196/19)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 08.01.2020, Az. 21 O 196/19, unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

a) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin hinsichtlich der durch den B Versicherungs-Verband gegen die Klägerin geltend gemachten Regressansprüche aus der Regulierung eines Leitungswasserschadens, der sich am 27.01.2018 in dem Gebäude für Asylbewerber der Stadt S in ... ereignet hat, Versicherungsschutz zu gewähren, und zwar in Bezug auf folgende in der Schadensaufstellung des B Versicherungs-Verbandes (Anl. K 2) genannten Positionen:

  • Nr. 2: VN Eigenarbeiten in Höhe von 120,00 EUR
  • Nr. 3: T, Bodenleger in Höhe von 419,20 EUR
  • Nr. 4: P, Trocknung in Höhe von 13.559,64 EUR
  • Nr. 5: Stromersatz 18.950,7 kWh in Höhe von 4.870,33 EUR

b) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen etwaigen künftigen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin aufgrund der Verweigerung des Versicherungsschutzes durch die Beklagte bezüglich der in Ziffer 1a) des Tenors genannten Positionen Nr. 2 und 3 aus der Schadensaufstellung des B Versicherungs-Verbandes (Anl. K 2) entstehen wird.

c) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 865,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 22.05.2019 zu zahlen.

d) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin beansprucht die Gewährung von Versicherungsschutz im Rahmen eines mit der Beklagten abgeschlossenen Betriebshaftpflichtversicherungsvertrages.

Die Klägerin wurde als Generalunternehmerin von der Stadt S mit der schlüsselfertigen Errichtung einer Asylbewerberunterkunft in der S-straße ..., S beauftragt. Das Bauvorhaben wurde von der Klägerin bis Juli 2017 fertig gestellt. Seit diesem Zeitpunkt wird das errichtete Gebäude von der Stadt S für die Unterbringung von Asylbewerbern genutzt.

Mit Schreiben des B Versicherungs-Verband (künftig: BV) vom 27.09.2018 (Anl. K 1) wurde die Klägerin darüber informiert, dass sich am 27.01.2018 ein Leitungswasserschaden innerhalb des Gebäudes ereignet hat, wobei es zu bestimmungswidrigem Wasseraustritt im Boden der Küche der Wohnung 22 gekommen sei. Die daraufhin veranlasste Überprüfung/Notreparatur durch die X GmbH habe ergeben, dass der Wasseraustritt ursächlich auf eine nicht hinreichende Verpressung der Pressmuffe der betroffenen Wasserleitung zurückzuführen gewesen sei.

Die nachfolgende Sanierung des Wasserschadens löste demnach Kosten i.H.v. 18.946,08 EUR aus, die vom BV als zuständigem Leitungswasserversicherer der Stadt S reguliert wurden (vgl. Anl. K 2). Die Gesamtkosten der Sanierung verteilen sich auf

  • die Notreparatur der beschädigten Wasserleitung durch die X GmbH i.H.v. 177,01 Euro
  • Eigenleistungen der Stadt S i.H.v. 120,00 Euro
  • die Kosten für die Erneuerung der Bodenbeläge i.H.v. 419,20 Euro
  • die Kosten der Trocknung der Hohlraumdämmschicht durch die P GmbH i.H.v. 13.359,54 Euro
  • und diesbezügliche Stromkosten von 4.870,33 Euro.

Der BV leitete Ansprüche der Stadt S gegen die Klägerin gemäß § 86 VVG auf sich über und forderte die Klägerin erstmals mit Schreiben vom 27.09.2018 zur Zahlung i.H.v. 18.946,08 Euro auf (Anl. K 1).

Die Klägerin unterhält bei der Beklagten eine Betriebshaftpflicht- und Umwelthaftpflicht-Basisversicherung einschließlich Umwelthaftpflicht-Regressversicherung für Generalunternehmer für Wohn- und Gewerbebau sowie für Heizungs-, Gas-, Wasser- und Lüftungsinstallateure (Versicherungsnummer ...). Zwischen den Parteien ist die Geltung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (im Folgenden: AHB) Ausgabe Januar 2008 (Anl. B 1) und der Bauunternehmerpolice Plus Ausgabe Juli 2013 (im Folgenden: Bauunternehmerpolice) der Beklagten (Anl. B 2) vereinbart.

Die AHB lauten auszugsweise wie folgt:

§ 1 Gegenstand der Versicherung

1. Der Versicherer gewährt dem Versicherungsnehmer Versicherungsschutz für den Fall, ...

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