Leitsatz (amtlich)
1. Der gewerbliche Ankauf von Fahrzeugen als bewegliche Sachen bei Gewährung eines Rückkaufsrechts verstößt gegen § 34 Abs. 4 GewO. Dies hat die Unwirksamkeit sowohl des schuldrechtlichen als auch des dinglichen Rechtsgeschäfts zur Folge.
2. Zur Frage des gutgläubigen Erwerbs im Rahmen einer öffentlichen Versteigerung.
Verfahrensgang
LG Mannheim (Aktenzeichen 9 O 186/19) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 17.04.2020 (9 O 186/19) im Kostenpunkt und in seiner Ziffer 1. aufgehoben, abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.500 EUR zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 1.109 EUR zuzüglich Zinsen hieraus seit dem 22.10.2019 zu bezahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Klägerin 24% und die Beklagte 76 %.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, sofern nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt die Rückübereignung eines PKW sowie Rückzahlung von ihr erbrachter Mietzahlungen aus einem Vertragsverhältnis mit der Beklagten.
Die Beklagte betreibt bundesweit ein staatlich zugelassenes Pfandleihhaus mit Onlineanbindung.
Die Klägerin suchte die Niederlassung der Beklagten in Mannheim am 20.05.2019 auf, um ihr Fahrzeug zu verpfänden. Die Klägerin unterzeichnete einen Kaufvertrag sowie einen Mietvertrag (Anlagen I K1, I K2) und erhielt 5.000 EUR in bar. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vertragsschlusses sowie der im Kaufvertrag und im Mietvertrag enthaltenen Klauseln wird auf die Darstellung im landgerichtlichen Urteil (LGU 2 bis 8) verwiesen.
Die Klägerin hat insgesamt 1.109 EUR an die Beklagte auf den Mietvertrag bezahlt. Die Beklagte hat den Mietvertrag wegen Zahlungsverzugs fristlos gekündigt und die Klägerin zur Rückgabe des PKW aufgefordert. Die Klägerin ist dieser Aufforderung nicht nachgekommen. Nachdem die Beklagte die Abholung des Fahrzeugs angekündigt hatte, hat sie das Fahrzeug am 25.08.2019 bei der Klägerin durch Dritte abholen lassen. Insoweit wird auf die Darstellung im landgerichtlichen Urteil (LGU 8) verwiesen.
Die Klägerin macht geltend, ihr sei im Rahmen der Vertragsverhandlungen erklärt worden, dass sie ihr Fahrzeug verpfände und dieses nach Rückzahlung der monatlichen Raten zurückerhalte. Während der Dauer der Ratenzahlung könne sie ihr Fahrzeug nutzen. Dass sie ihr Fahrzeug verkauft habe, habe sie nicht gewusst Die Klägerin hält die abgeschlossenen Verträge für nichtig, da die Beklagte zum einen eine entgeltliche Finanzierungshilfe anbiete, ohne (unstreitig) im Besitz einer erforderlichen Genehmigung der BAFin zu sein. Im Übrigen verstoße das Geschäft der Beklagten gegen § 34 Abs. 4 GewO, da die Beklagte einen unerlaubten Rückkaufshandel betreibe. Die Beklagte biete den Kunden nämlich stets an, das Fahrzeug freihändig vor Durchführung einer Versteigerung zurück zu erwerben. Im Übrigen sei das Geschäft der Beklagten wucherisch. Auch insoweit wird auf die Darstellung im landgerichtlichen Urteil (LGU 9/10) verwiesen.
Hinsichtlich der Abholung des Fahrzeuges habe die Beklagte in verbotener Eigenmacht gehandelt.
Ihre Willenserklärungen bei Abschluss der Verträge hat die Klägerin wegen arglistiger Täuschung angefochten.
Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen des weiteren Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug sowie der getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Beklagte verurteilt, das näher bezeichnete Fahrzeug der Klägerin an diese Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages von 5.000 EUR zurück zu übereignen. Weiter hat es die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.109 EUR zuzüglich Zinsen zu bezahlen. Das Landgericht hat den abgeschlossenen Kaufvertrag und den abgeschlossenen Mietvertrag als einheitliches Vertragswerk betrachtet und dieses wegen Verstoßes gegen § 34 Abs. 4 GewO für nichtig gehalten. Da nach eigenem Vortrag der Beklagten den Kunden durch das Callcenter bzw. die Filialleiter vor Ort mündlich in Abweichung vom schriftlich fixierten Vertrag angeboten werde, dass nach Beendigung des Mietvertrags der Verkäufer des Fahrzeugs, also der Kunde, dieses ohne Versteigerung von der Beklagten zurückerwerben könne, werde wirtschaftlich ein Rückkaufsrecht des Verkäufers begründet. Damit würden die mit der Versteigerung eines Pfandes erlassenen Vorschriften, die auch zu Gunsten des Verpfänders ergangen seien, umgangen. Diese Konstellation solle nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vermieden werden, weshalb die Verträge wegen Verstoßes gegen § 34 Abs. 4 GewO nichtig seien. Die doppelten Schriftformklauseln des § 10 des Kaufvertrag...