Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Konkursverwalters gegenüber der Alleingesellschafterin der Gemeinschuldnerin - Partei- und Prozessfähigkeit einer Aktiengesellschaft nach liechtensteinischem Recht
Leitsatz (amtlich)
1. Eine im Öffentlichkeitsregister des Fürstentums Liechtenstein gelöschte Aktiengesellschaft bleibt nach liechtensteinischem Recht parteifähig, wenn sie vermögenswerte Ansprüche geltend macht.
2. Die gelöschte Aktiengesellschaft benötigt im Prozess allerdings als gesetzlichen Vertreter nach liechtensteinischem Recht einen Beistand, der vom zuständigen Gericht im Fürstentum Liechtenstein zu bestellen ist.
3. Die Gesellschafter einer GmbH sind im Konkursverfahren über das Vermögen der Gesellschaft in der Regel keine Beteiligten i.S.v. § 82 KO (entspricht § 60 Abs. 1 InsO).
4. Die Aufsicht des Konkursgerichts über den Konkursverwalter gem. § 83 KO (entspricht § 58 Abs. 1 Satz 1 InsO) begründet in der Regel keine Amtspflichten des Gerichts gegenüber Dritten, die nicht Beteiligte i.S.v. § 82 KO sind.
Normenkette
KO §§ 82-83; InsO § 58 Abs. 1 S. 1, § 60 Abs. 1; BGB § 826; GG Art. 34; ZPO § 50 Abs. 1, § 51 Abs. 1; Liechtensteinisches Personen- und Gesellschaftsrecht (PGR) Art. 141
Verfahrensgang
LG Konstanz (Urteil vom 22.06.2011; Aktenzeichen 4 O 187/10 Me) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Konstanz vom 22.6.2011 - 4 O 187/10 ME - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann eine Vollstreckung der Beklagten abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft nach Liechtensteinischem Recht mit Sitz in Vaduz/Fürstentum Liechtenstein. Sie ist im Öffentlichkeitsregister von Liechtenstein seit dem 11.1.2001 gelöscht. Die Klägerin war alleinige Gesellschafterin der SSA ... GmbH mit Sitz in Überlingen (im Folgenden abgekürzt: SSA). Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten geltend, weil in einem Konkursverfahren über das Vermögen der SSA Vermögen der Gemeinschuldnerin verschleudert worden sei, wodurch der Klägerin als Gesellschafterin ein entsprechender Schaden entstanden sei.
Die SSA war Eigentümerin verschiedener Grundstücke in Überlingen, insbesondere von zwei "Klinikgrundstücken" (S. weg und Zum K.). Die Grundstücke waren mit Grundschulden zugunsten der Beklagten Ziff. 3 belastet, mit denen entsprechende Darlehensforderungen der Beklagten Ziff. 3 abgesichert wurden. Die Beklagte Ziff. 3 war die Hausbank der SSA.
Im Jahr 1998 waren Darlehensforderungen der Beklagten Ziff. 3 gegen die SSA i.H.v. ca. 12.000.000 DM fällig. Die Beklagte Ziff. 3 beantragte daher die Zwangsversteigerung der beiden Grundstücke S. weg und Zum K.. Das AG Überlingen holte im Zwangsversteigerungsverfahren für diese beiden Grundstücke Wertgutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. R. ein. Der Sachverständige schätzte - jeweils zum Stichtag 15.6.1999 - den Verkehrswert des Grundstücks S. weg auf 4.000.000 DM und den Verkehrswert des Grundstücks Zum K. auf 2.000.000 DM. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die bei den Akten befindlichen Gutachten, die am 24.6.1999 und am 28.6.1999 erstellt wurden, verwiesen.
Wegen der Darlehensforderungen beantragte die Beklagte Ziff. 3 am 12.10.1998 außerdem die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der SSA. Nach Einholung eines Gutachtens eröffnete das AG Überlingen mit Beschluss vom 23.3.1999 das Konkursverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin. Der Beklagte Ziff. 1 wurde zum Konkursverwalter bestellt. Eine Beschwerde der Gemeinschuldnerin gegen die Eröffnung des Konkursverfahrens wurde vom LG Konstanz mit Beschluss vom 25.5.1999 zurückgewiesen.
Die Wertgutachten aus dem Zwangsversteigerungsverfahren über die Grundstücke S. weg und Zum K. lagen dem Konkursverwalter vor. Mit notariellem Vertrag vom 9.8.1999 wurden die beiden Grundstücke im Konkursverfahren mit Zustimmung der Beklagten Ziff. 3 als Grundpfandgläubigerin an einen Käufer zum Preis von insgesamt 7.650.000 DM freihändig veräußert. Einschließlich der Erlöse durch weitere Geschäfte erzielte der Konkursverwalter durch die Veräußerung von Grundstücken der SSA insgesamt 8.741.687,20 DM (vgl. den Schlussbericht des Konkursverwalters vom 26.10.2004, Anlage 13 im Anlagenheft des Beklagten Ziff. 2). Mit Beschluss vom 11.11.2004 genehmigte das Konkursgericht die Schlussverteilung über das Vermögen der SSA, wobei eine Teilungsmasse von 14.969,39 EUR festgestellt wurde. Mit Beschluss vom 3.3.2005 (Anlage 15 im Anlagenheft des Zweitbeklagten) wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der SSA aufgehoben.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die beiden Klinikgrundstücke der SSA S. weg und Zum K. seien insgesamt mindestens 20.000.000 DM wert ...