Leitsatz (amtlich)
Zur Frage einer wissentlichen Pflichtverletzung eines Rechtsanwalts bei Versäumen rechtzeitiger Unterbrechung der Verjährung eines geltend zu machenden Schadensersatzanspruchs.
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 11.02.2009; Aktenzeichen 5 O 275/08) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung das Urteil des LG Mannheim vom 11.2.2009 - 5 O 275/08 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert und neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 37.910,80 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 35.000 EUR seit 5.5.2008 und aus einem Betrag von 2.910,80 EUR seit 1.1.2007 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten beider Instanzen tragen der Kläger 73 % und die Beklagte 27 %.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen die Beklagte als Drittschuldnerin zwei gepfändete Ansprüche aus einer Haftpflichtversicherung zwischen seiner früheren Rechtsanwältin und der Beklagten geltend.
Der im Jahr 1950 geborene Kläger, Polizeihauptkommissar a. D., hat die in erster Instanz streitverkündete Rechtsanwältin B (künftig: Streitverkündete) im März 1996 damit beauftragt, Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche gegen das Klinikum P sowie die behandelnden Ärzte wegen ärztlicher Fehlbehandlung vom 26.4.1993 geltend zu machen. Die Streitverkündete ist jedoch in der Folgezeit nach Darstellung des Klägers untätig geblieben, was nach dessen Auffassung zur Verjährung seiner Schadensersatzansprüche aus ärztlicher Fehlbehandlung führte. Der Kläger erhob deshalb im Dezember 2004 beim LG Karlsruhe (Az. 3 O 455/04) Klage gegen die Streitverkündete wegen Anwaltshaftung und erwirkte am 1.7.2005 ein Versäumnisurteil über 134.479,28 EUR nebst Zinsen. Aufgrund dieses rechtskräftig gewordenen Titels sowie der Verfahrenskosten i.H.v. 6.387,46 EUR pfändete der Kläger Ansprüche der Streitverkündeten gegen deren Haftpflichtversicherung, die Beklagte, und zwar aufgrund zweier Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse des AG Ettlingen, der Beklagten am 8.12.2006 und am 22.4.2008 zugestellt.
Weder die Streitverkündete noch der Kläger haben damals die Beklagte vom Vorliegen eines Haftpflichtfalles und der Einleitung des Klageverfahrens gegen die Streitverkündete unterrichtet.
Der Kläger hat vorgetragen, die Streitverkündete sei verpflichtet gewesen, durch geeignete Maßnahmen dafür zu sorgen, dass eine Verjährung von Arzthaftungsansprüchen des Klägers nicht eintrete. Aus den ihr zur Verfügung gestellten Unterlagen habe die Streitverkündete die verjährungsbestimmenden Umstände erkannt und sei daher verpflichtet gewesen, verjährungshemmende oder -unterbrechende Maßnahmen einzuleiten, was sie jedoch pflichtwidrig unterlassen habe. Zwar habe die Streitverkündete zunächst auch noch im März 1996 beim Klinikum P und deren Haftpflichtversicherung Ansprüche schriftlich angemeldet, sei in der Folgezeit jedoch untätig geblieben und habe den Kläger über viele Jahre hinweg mit unzutreffenden Behauptungen hingehalten und ihn damit vertröstet, die Schadensersatzleistungen für die fehlerhafte Operation würden demnächst eintreffen. Sie habe mit wahrheitswidrigen Behauptungen sowie täuschendem und unredlichem Verhalten den Kläger davon abgehalten, für die Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung seiner Ansprüche zu sorgen. Sie habe den Kläger auf unredliche Weise mit jahrelangen falschen und täuschenden Behauptungen aktiv daran gehindert, seine Rechte wahrzunehmen. Im März 2004 habe der Kläger schließlich das Mandat zur Streitverkündeten gekündigt. Durch die Pflichtverletzung der Streitverkündeten sei dem Kläger materieller und immaterieller Schaden i.H.v. 134.479,28 EUR entstanden. Hinzu kämen die Kosten des Verfahrens vor dem LG Karlsruhe - 3 O 455/04 - i.H.v. 6.387,46 EUR.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 134.479,28 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 5.5.2008 sowie Kosten i.H.v. 6.387,46 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1.1.2007 zu bezahlen.
Gegen das am 24.10.2008 zunächst ergangene Versäumnisurteil (I 24) hat die Beklagte frist- und formgerecht Einspruch eingelegt und danach beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat eingewendet, der Versicherungsschutz aus der Haftpflichtversicherung sei wegen Risikoausschlusses nach § 4 Nr. 5 AVB-Vermögen (künftig AVB) auch mit Wirkung ggü. dem Kläger entfallen. Die Streitverkündete habe eine wissentliche Pflichtverletzung begangen, was bereits aus dem eigenen Vortrag des Klägers folge. Des Weiteren scheitere e...