Verfahrensgang
LG Mannheim (Aktenzeichen 6 O 409/20) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 17.06.2021 - 6 O 409/20 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte als Herstellerin eines vermeintlich vom Dieselskandal betroffenen Motors auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Kläger erwarb am 25.11.2016 von der ... GmbH den Pkw Skoda Superb 2.0 TDI als Neuwagen zum Kaufpreis von 31.010,00 EUR (Kaufvertrag und Rechnung, Anlage K 50). Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor des Typs EA 288 EU6 mit NSK-Katalysator ausgestattet. Bei dem Motor EA 288 handelt es sich um das Nachfolgemodell des vom Dieselskandal betroffenen Motors EA 189. Der Motor verfügt über ein System zur Abgasreinigung, welches auf einer Abgasrückführung beruht. Dabei wird ein Teil des Abgases der frisch angesaugten Umgebungsluft beigemischt und in den Motor zurückgeführt. Hierdurch verändert sich die chemische Zusammensetzung des Gemischs, was Einfluss auf die anschließende Verbrennung und damit auf den Ausstoß von Abgasen hat. Die Höhe des Abgasanteils wird durch die Motorsteuerungssoftware bestimmt und richtet sich auch nach der Umgebungslufttemperatur. Unstreitig ist in dem Fahrzeug eine Fahrkurve verbaut, mit der es der Motorsteuerung möglich ist, zu erkennen, ob sich das Fahrzeug im Straßenverkehr oder auf einem Prüfstand befindet. Das streitgegenständliche Fahrzeug ist nicht von einem Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) betroffen.
Der Kläger hat vorgetragen, der streitgegenständliche Pkw sei - wie die Fahrzeuge mit EA 189 Motoren - vom sogenannten Abgasskandal betroffen. Die Beklagte habe eine Software zur Prüfstanderkennung zum Einsatz gebracht, die in Abhängigkeit unter anderem von Fahrverhalten und Umgebungstemperatur die Prüfstandsituation identifiziere und infolgedessen dafür sorge, dass die Abgasbehandlung (Abgasrückführung und -nachbehandlung) ordnungsgemäß funktioniere. Für den Fall des "Realbetriebs" würden hingegen verschiedene Abschaltfunktionen aktiviert. Auch bei der unstreitig im Fahrzeug verbauten Fahrkurve handele es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung. Dem Kläger stehe daher aus dem rechtlichen Gesichtspunkt der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung sowie nach §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu. Durch die Programmierung der Motorsteuerungssoftware habe sich die Beklagte systematisch einer unzulässigen Abschalteinrichtung bedient, bei deren Kenntnis der Kläger das streitgegenständliche Fahrzeug nicht erworben hätte. Die Beklagte habe die Softwaresteuerung gezielt eingesetzt, um von Seiten der beteiligten Behörden die Typgenehmigung zu erschleichen. Der Einsatz der Software sei der Beklagten nach § 31 BGB zuzurechnen. Es sei von einer Kenntnis des Vorstands der Beklagten auszugehen.
Die Beklagte hat vorgetragen, in dem streitgegenständlichen Motor sei keine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut worden. Das KBA habe den Motortyp EA 288 eingehend überprüft und in Kenntnis der dort zum Einsatz kommenden Technik freigegeben. Insbesondere handle es sich bei der in der Motorsteuerungssoftware hinterlegten Fahrkurvenerkennung nicht um eine unzulässige Abschalteinrichtung, weil diese Funktion nicht mit einer Einwirkung auf das Emissionskontrollsystem verbunden sei, die für die Einhaltung der Grenzwerte von entscheidender Bedeutung sei.
Das Landgericht hat die Beklagte auf den Hilfsantrag des Klägers zur Zahlung von 20.141,99 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs verurteilt. Darüber hinaus hat es festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs im Annahmeverzug befindet. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen, soweit diese mit den hier getroffenen nicht in Widerspruch stehen, der erstinstanzlich gestellten Anträge und der Entscheidungsgründe wird auf das von der Beklagten mit der Berufung angefochtene Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
Die Beklagte bringt zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen vor:
Das Landgericht habe rechtsfehlerhaft festgestellt, die verbaute Fahrkurvenerkennung sei unzulässig, weil sie den Schadstoffausstoß auf dem Prüfstand (nicht grenzwertkausal) verringere. Das sei unrichtig. Die im streitgegenständlichen Fahrzeug enthaltene Fahrkurvenerkennung habe keinen Einfluss auf...