Entscheidungsstichwort (Thema)

Betrieb eines Kraftfahrzeuges; Fahrlässigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Ein auf einem Privatparkplatz abgestelltes Fahrzeug ist nicht mehr "im Betrieb" i.S.d. §§ 7, 18 StVG. Eine Haftung besteht weder nach diesen Vorschriften noch nach allgemeinem Deliktsrecht, wenn eine an einem Haus angebrachte, automatisch gesteuerte Sonnenmarkise wetterbedingt ausfährt, auf den Alkoven eines auf einem Privatgelände geparkten Wohnmobils auftrifft und dadurch Schaden erleidet.

 

Normenkette

BGB §§ 276, 823 Abs. 1; StVG §§ 7, 18

 

Verfahrensgang

LG Heidelberg (Urteil vom 18.11.2004; Aktenzeichen 1 O 36/04)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Heidelberg v. 18.11.2004 - 1 O 36/04 - im Kostenpunkt aufgehoben, im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger, Eigentümer des Anwesens ..., verlangt Schadensersatz wegen der Beschädigung einer an seinem Haus angebrachten Markise. Der Beklagte zu 1) stellte am Abend des 1.9.2003 ein - von der Zweitbeklagten angemietetes - Wohnmobil auf einem Privatparkplatz vor dem Haus des Klägers ab. Er hatte zuvor den Pächter der Erdgeschossräume, den Zeugen S., der dort eine Kunstgalerie betreibt, telefonisch um Erlaubnis gefragt und diese erhalten. Am nächsten Morgen fuhr die über dem Schaufenster der Galerieräume montierte Markise aufgrund der Sonneneinstrahlung automatisch aus und traf auf den Alkoven des geparkten Wohnmobils. Während dieses keine Schäden erlitt, wurde die Markise erheblich beschädigt. Im ersten Rechtszug wurde die Klage gegen den erstbeklagten Fahrer, die zweitbeklagte Halterin und den drittbeklagten Haftpflichtversicherer des Wohnmobils gerichtet. Auf die Feststellungen des LG wird im Übrigen Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 ZPO).

Der Kläger hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 5.096,92 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.11.2003 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Das LG Heidelberg hat nach Vernehmung mehrerer Zeugen und Einholen eines Sachverständigengutachtens der Klage gegen den Beklagten zu 1) stattgegeben. Zur Begründung führt es aus, dass der Beklagte zu 1) für die Beschädigung der Markise verantwortlich sei. Er habe das Wohnmobil so nah am Haus geparkt, dass die Markise bei Sonneneinstrahlung nicht mehr habe ausfahren können, wodurch sie beschädigt worden sei. Der Beklagte zu 1) habe fahrlässig gehandelt, da ihm hätte bekannt sein müssen, dass die Markise bei Sonneneinstrahlung automatisch ausfahre. Der Kläger müsse sich die vom Zeugen Prof. Schwarzkopf erteilte Erlaubnis nicht zurechnen lassen. Ansprüche gegen die Beklagten zu 2) und 3) seien nicht gegeben, da die Beschädigung nicht beim Betrieb eines Fahrzeugs erfolgt sei.

Hiergegen wendet sich der Beklagte zu 1) mit seiner Berufung. Er ist der Ansicht, ihm sei kein Schuldvorwurf zu machen. Er habe nicht gewusst und nicht wissen können, dass die Markise automatisch ausfahre, da ein entsprechendes Hinweisschild am Parkplatz nicht vorhanden gewesen sei. Der Kläger müsse sich jedenfalls ein Mitverschulden seines Pächters S. zurechnen lassen. Im übrige bestreite er die Höhe des geltend gemachten Schadens.

Der Beklagte zu 1) beantragt, in Abänderung des Urteils des LG Heidelberg v. 18.11.2004 - 1 O 36/04 die Klage gegen den Beklagten Ziff. 1 abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Heidelberg v. 18.11.2004 - 1 O 36/04 zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Es habe kein Grund bestanden, auf das automatische Ausfahren der Markise aufmerksam zu machen, da es sich bei der vom Beklagten zu 1) zum Abstellen benutzten Fläche um keinen ausgewiesenen Privatparkplatz gehandelt habe. Dem Beklagten zu 1) hätte als Mitmieter im klägerischen Anwesen bekannt sein müssen, dass die Markise automatisch ausfuhr. Der Beklagte hätte sein Wohnmobil so abstellen müssen, dass ein Kontakt mit einer ausfahrenden Markise unmöglich gewesen wäre.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze im Berufungsverfahren Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung ist begründet.

1. Der Kläger hat gegen den Beklagten zu 1) keinen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 1 BGB. Den Beklagten zu 1) trifft kein Verschulden an der Beschädigung der Markise.

a) Nach § 276 BGB hat derjenige für einen verursachten Schaden einzustehen, der entweder vorsätzlich oder fahrlässig handelte. Ein vorsätzliches Verhalten des Beklagten zu 1) scheidet von vorneherein aus. Dem Beklagten zu 1) ist aber auch kein Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen. Fahrlässig handelt derjenige, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Dabei gilt im Zivilrecht kein individueller, sondern ein auf die allgemeinen Verkehrsbedürfnisse ausgerichteter objektiver Sorgfaltsmaßstab (BGH NJW ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge