Leitsatz (amtlich)
Zu den wesentliche Förmlichkeiten eines Eröffnungsbeschlusses gehören seine schriftliche Abfassung und die Unterzeichnung durch den zuständigen Richter. Die Verwendung von Vordrucken , auch wenn sie den Eröffnungsbeschluss mit einer Terminsbestimmung und einer Ladungsverschiebung kombinieren, ist zwar zulässig, Sie müssen aber vollständig ausgefüllt und abgefasst werden.
Einem juristischen Laien muss nicht zwangsläufig bewusst sein, dass sich eine auf zwei Monate ab Rechtskraft befristete Nebenstrafe auf unbestimmte Zeit verlängert, solange der Führerschein nicht in amtliche Verwahrung genommen wird.
Verfahrensgang
LG Koblenz (Entscheidung vom 10.07.2009) |
AG Neuwied (Entscheidung vom 03.12.2008) |
Tenor
1.
Auf Revision des Angeklagten wird das Urteil der 5. kleinen Strafkammer des Landgerichts Koblenz vom 10. Juli 2009 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis am 21. Januar 2007 verurteilt wurde. Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer desselben Gerichts zurückverwiesen.
2.
Im Übrigen wird das Verfahren unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts - Schöffengerichts - beim Amtsgericht Neuwied vom 3. Dezember 2008 und des angefochtenen Urteils auf Kosten der Staatskesse, die insoweit auch die notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen hat, eingestellt.
Gründe
I.
Gegen den Angeklagten waren im Jahre 2008 bei dem Amtsgericht Neuwied mehrere Verfahren anhängig:
1.
2040 Js 16637/07 StA Koblenz - Anklageschrift zum Strafrichter vom 26. März 2007: Vorwurf des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (Tatzeit 21. Januar 2007)
2.
2080 Js 80266/07 StA Koblenz - Anklageschrift zum Strafrichter vom 7. März 2008: Vorwurf der vorsätzlichen Körperverletzung in 2 Fällen, darunter zum Nachteil einer seiner früheren Ehefrau des Hausfriedensbruchs in Tateinheit mit Bedrohung sowie der vorsätzlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (Tatzeit: 5. November 2007).
3.
2080 Js 77723/07 StA - Anklageschrift zum Strafrichter vom 11. März 2008: Vorwurf der versuchten Nötigung und der Beleidigung in 3 Fällen (Tatzeiten: September und Oktober 2007)
4.
2080 Js 9370/07 StA Koblenz - Anklageschrift zum Strafrichter vom 18. März 2008: Vorwurf des Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 43 Fällen und unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (Tatzeiten 6. November 2006 - 6. Juni 2007)
5.
2080 Js 79332/07 StA Koblenz - Anklageschrift zum Strafrichter vom 09. April 2008: Vorwurf der Verletzung der Unterhaltspflicht (Tatzeit April - Dezember 2007)
6.
2080 Js 33806/08 .StA Koblenz - Anklageschrift zum Strafrichter vom 20. Juni 2008: Vorwurf der Beleidigung und der Nötigung (Tatzeit: 11, April 2008)
II.
Diese Verfahren wurden von dem zuständigen Richter - teils als Strafrichter, teils als Vorsitzender des Schöffengerichts - wie folgt behandelt:
1.
Auf BI. 52 der Akte 2040 Js 16637/07 StA Koblenz befindet sich ein teilweise ausgefülltes und vom Richter unterzeichnetes, nicht mit einem Aktenzeichen versehenes Formular, wonach "in der Strafsachen gegen XXX volles Rubrum wie Bl. 34" eine nicht näher bezeichnete Anklage der Staatsanwaltschaft Koblenz zur Hauptverhandlung vor dem Strafrichter zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet wurde. In dem nachgehefteten, inhaltlich von der Geschäftstelle weitgehend selbständig erstellten und fehlerhaft als Ausfertigung bezeichneten Schriftstück sind u.a. das Aktenzeichen 2040 Js 16637/07 und der 26. März 2007 als Datum der Anklage angegeben.
2.
Mit Beschluss vom 28, Mai 2008 legte der Strafrichter die oben unter I. 1. - 5. aufgeführten Verfahren dem Schöffengericht zur Übernahme vor. Die Übernahme erfolgte mit Beschluss vom 20. Juni 2008; zugleich wurden alle Verfahren unter dem führenden Aktenzeichen 2040 Js 16637/07 StA Koblenz miteinander verbunden,
3.
Auf BI. 93 d.A. 2040 Js 16637/07 StA Koblenz befindet sich ein teilweise ausgefülltes und vom Richter unterzeichnetes, nicht mit einem Aktenzeichen versehenes Formular, wonach "in der Strafsachen gegen XXXX volles Rubrum wie Bl. 34" nicht näher bezeichnete Anklagen der Staatsanwaltschaft Koblenz zur Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet wurde. Weiter ist handschriftlich eingetragen:
"Hierbei wird das Verf. 2080 Js 33806/08 vom hiesigen Schöffengericht übernommen und zwecks gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung mit dem Verfahren 2040 Js 16637/07 - 12 Ls, welches führt, verbunden."
In dem nachgehefteten, von der Geschäftsstelle erstellten und fehlerhaft als Ausfertigung bezeichneten Schriftstück heißt es, zugelassen werde "die Anklage der Staatsanwaltschaft Koblenz vom 20.6.2008".
4.
Zu Beginn der Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht bei dem Amtsgericht Neuwied am 6. November 2008 verkündete der Vorsitzende folgenden, von ihm unterzeichneten und als Anlage zum Protokoll genommenen Beschluss:
"Sowohl die Ankl. V. 26.3.07 (2040 Js 1663...