Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung der Kosten mehrerer Anwälte bei Verlust der Zulassung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird dem ersten Anwalt die Zulassung entzogen, sind die Kosten des zweiten Anwalts nur erstattungsfähig, wenn weder die Partei noch den ersten Anwalt ein Verschulden trifft.

2. Der betroffenen Partei kann ein Schadensersatzanspruch gegen den ersten Anwalt zustehen. Ist ein solcher Anspruch verneint worden, kommt eine Bindungswirkung ggü. dem jetzigen Prozessgegner nur in Betracht, wenn ihm im Schadensersatzprozess gegen den ersten Anwalt der Streit verkündet war.

 

Normenkette

ZPO §§ 72, 91; BGB § 675; BRAO § 114

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Beschluss vom 05.08.2003; Aktenzeichen 1 O 381/02)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Mainz vom 5.8.2003 dahin geändert, dass der von der Beklagten an den Kläger zu erstattende Betrag um 585,43 Euro nebst Zinsen auf 6.821,24 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 23.6.2003 ermäßigt wird. Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten und gerichtlichen Auslagen des Beschwerdeverfahrens fallen dem Kläger zur Last. Die gerichtlichen Gebühren trägt die Beklagte.

Der Beschwerdewert beträgt 590,54 Euro. In Höhe von 5,09 Euro ist das Rechtsmittel erfolglos.

 

Gründe

Das fristgemäß eingelegte Rechtsmittel hat in der Sache ganz überwiegend Erfolg.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der Gebühren von 585,43 Euro (= 564,98 Euro + 20,45 Euro), die von Seiten der Anwaltssozietät D., P. und Dr. A. in Form einer vor dem LG erfallenen Prozessgebühr (§ 31 Abs. 1 Nr. 1. BRAGO) und einer Post- und Telekommunikationspauschale (§ 26 BRAGO) gegen ihn geltend gemacht werden. Grundlage für diese Gebühren soll deren Tätigkeit in Nachfolge des Rechtsanwaltes Werner sein, der die Klage für den Kläger erhoben hatte und dann seine Zulassung verlor.

1. Der Erstattungsanspruch des Klägers muss von vornherein scheitern, wenn die streitigen Gebühren überhaupt nicht angefallen sind. Davon ist auszugehen, wenn der neuerliche Vortrag des Klägers zutrifft, das anfängliche Mandat zur Prozessvertretung sei gemeinsam an Rechtsanwalt Werner und Rechtsanwältin Dr. A. erteilt worden, die ursprünglich mit diesem in einer Sozietät verbunden gewesen sei und dann später ohne Einschaltung der Sozietät D., P. und Dr. A. von Dr. A. allein und eigenständig fortgeführt worden.

2. Waren die Rechtsanwälte D., P. und Dr. A. dagegen aufgrund eines neuen Mandats für den Kläger tätig, so dass es zu einem Kanzleiwechsel kam und die streitigen Gebühren entstanden, gibt es ebenfalls keine Grundlage für eine Kostenerstattung. Das folgt aus § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO (vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 14.3.1991 – 14 W 116/91, MDR 1991, 1098 und v. 10.12.1998 – 14 W 890/98). Danach sind die Kosten mehrerer Rechtsanwälte nur insoweit zu erstatten, als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste, also notwendig war. Das ist der Fall, wenn weder die Partei noch den ersten Rechtsanwalt ein Verschulden an dem Wechsel trifft.

Eben diese Voraussetzung ist aber hier nicht erfüllt. Dabei kann offen bleiben, ob sich der Kläger vorwerfbar zurechnen lassen muss, dass die selbständige Fortführung des Prozessmandats durch Dr. A. unterblieb, und es bereits deshalb an einem Erstattungsanspruch fehlt. Denn sollten sich die Dinge anders verhalten und die Einschaltung der Sozietät D., P. und Dr. A. eine unvermeidliche Folge des Rechtsanwalt W. treffenden Zulassungsverlustes gewesen sein, wirkt sich aus, dass dieser Zulassungsverlust nach dem Parteivorbringen schuldhaft veranlasst war. Das würde dann gleichermaßen zu Lasten des Klägers gehen und die Kostenerstattung hindern.

Unter diesen Umständen könnte der Kläger lediglich von Rechtsanwalt W. verlangen, für die aufgrund des Mandatswechsels zusätzlich entstandenen Gebühren aufzukommen. Dass er damit gescheitert ist, als er sich in einem von Rechtsanwalt Werner gegen ihn geführten Rechtsstreit zu seiner Verteidigung darauf berief, verschafft ihm keinen Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagte. Anders könnte es nur dann sein, wenn aufgrund einer Streitverkündung mit Bindungswirkung ggü. der Beklagten festgestellt wäre, dass Rechtsanwalt Werner an dem Zulassungsverlust schuldlos war, und der Kläger ebendies behauptet hätte. Indessen ist weder das eine noch das andere der Fall.

3. Der Kostenausspruch beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Dr. Menzel

 

Fundstellen

Rpfleger 2004, 184

r+s 2005, 133

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