Verfahrensgang
AG Bitburg (Entscheidung vom 11.11.2020) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Trier wird der Beschluss des Amtsgerichts Bitburg vom 11. November 2020 aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Bitburg zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Polizeipräsidium ... - Zentrale Bußgeldstelle - hat mit Bußgeldbescheid vom 25. Oktober 2019 gegen den Betroffenen als "Führer des LKW ... wegen einer am 16.07.2019 um 11.06 Uhr in ...[Z], B .., Gemarkung ...[Z], Höhe Pumpwerk Fahrtrichtung A .." begangenen fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften eine Geldbuße in Höhe von 160,00 € verhängt, gemäß § 25 StVG ein einmonatiges Fahrverbot angeordnet und bestimmt, dass dieses entsprechend der Regelung des § 25 Abs. 2a StVG wirksam werden soll. Auf seinen hiergegen gerichteten Einspruch hat das Amtsgericht mit dem angefochtenen Beschluss gemäß § 72 OWiG das Verfahren wegen des Verfahrenshindernisses der Verjährung eingestellt.
Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt:
"Es besteht ein Verfahrenshindernis hinsichtlich des Betroffenen, §§ 36 Abs. 1 OWiG, § 206a StPO, die Tat vom 16.07.2019 war bereits bei Eingang der Akte bei Gericht am 28.01.2020 verjährt.
Sowohl die Anhörung vom 28.08.2019, Bl. 19 ff. d.A. als auch der Bußgeldbescheid vom 15.10.2019, Bl. 37 d.A. sind nicht geeignet, die Verfolgungsverjährung der Geschwindigkeitsüberschreitung vom 16.07.2019 gemäß § 33 OWiG zu unterbrechen.
Sowohl Anhörung als auch Bußgeldbescheid geben als Tatort die "B.., Gemarkung ...[Z], Höhe Pumpwerk Fahrtrichtung A .. ...[Z]" an. Problematisch ist insoweit, dass die den Tatort auf der über mehrere Kilometer auf der Gemarkung gerichtsbekannt verschiedenen Geschwindigkeitsbeschränkungen (100 km/h bzw. 70 km/h) verlaufenden B .. konkretisierenden Angabe "Höhe Pumpwerk" für einen Dritten (und auch für das Gericht) nicht nachvollziehbar ist. Selbst eine Internetrecherche (u.a. nach Pumpwerk bei ...[Z]) führt nicht zu dem tatsächlichen Messort. Ein Betroffener hat daher ohne Aktenkenntnis (die genaue Tatörtlichkeit ergibt sich nur aufgrund Ortskenntnis aus dem Messprotokoll bzw. dem Messbild) nur aufgrund der Anhörung bzw. des Bußgeldbescheides keine Möglichkeit festzustellen, an welchem Tatort auf der langen Strecke die ihm vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung begangen worden sein soll. Damit sind Anhörung und Bußgeldbescheid nicht hinreichend bestimmt und vermögen die Verjährung nicht zu unterbrechen. (...)"
II.
Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Zu Unrecht ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass auf Grund einer unzureichenden Bezeichnung des Tatorts im Anhörungsbogen und Bußgeldbescheid keine Unterbrechung der Verjährung nach § 33 Abs. 1 OWiG eingetreten sei.
Um die in § 33 Abs. 1 OWiG vorgesehene verjährungsunterbrechende Wirkung herbeizuführen, ist eine hinreichende Konkretisierung des Tatgeschehens notwendig. Die Tat muss dabei soweit individualisiert sein, dass sie von denkbaren ähnlichen oder gleichgelagerten Sachverhalten unterscheidbar ist (Göhler, OWiG 16. Auflage, § 33 Rn. 56a). Diesen Anforderungen wird der Anhörungsbogen und der im weiteren Verlauf ergangene Bußgeldbescheid gerecht.
Zwar weist das Amtsgericht zutreffend darauf hin, dass die Frage, ob eine Anhörung oder der zugestellte Bußgeldbescheid die Verjährung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. 9 OWiG unterbrechen kann, von der Frage der Wirksamkeit oder Fehlerhaftigkeit des Bußgeldbescheids im Sinne des § 66 OWiG zu unterscheiden ist. Zur Beurteilung der Frage, ob ein wirksamer Bußgeldbescheid im Sinne des § 66 OWiG vorliegt, kann nämlich ergänzend auf den Akteninhalt zurückgegriffen werden, was im Rahmen der Prüfung der verjährungsunterbrechenden Wirkung gemäß § 33 Abs. 1 OWiG jedoch nicht zulässig ist (Krenberger/Krumm OWiG, § 66 Rn. 36). Selbst bei angenommener Wirksamkeit des Bußgeldbescheids kann die Eignung des Bußgeldbescheids zur Unterbrechung der Verfolgungsverjährung also fehlen (OLG Düsseldorf, 2 RBs 257/18 v. 27.12.2018, juris; Krenberger/Krumm OWiG, § 33 Rn. 8). Dabei ist auf der einen Seite Maßstab der Überprüfung, ob der Betroffene den ihm vorgeworfenen Verstoß konkret einem Geschehen zuordnen kann oder ob möglicherweise eine Verwechslungsgefahr mit anderen Sachverhalten besteht (Göhler, aaO), wobei jedoch auf der anderen Seite insbesondere bei Massenverfahren im Bereich der Ordnungswidrigkeiten, wie dem vorliegenden, keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürfen. Bezogen auf die Ortsangabe ist dabei - sofern der Betroffene nicht ohnehin an Ort und Stelle angehalten wird - keine auf den Meter genaue Streckenangabe erforderlich, sondern die Angabe eines markanten Punktes (Parkplatz, Hausnummer, Gebäude etc.) auf einer längeren Strecke, insbesondere in Zusammenschau ...