Entscheidungsstichwort (Thema)
Schutzmaßnahmen bei Umgangsregelungen
Leitsatz (redaktionell)
Schutzmaßnahmen bei der Neuanbahnung des Umgangs der bei dem Kindesvater lebenden gemeinsamen Kinder mit der an einer langjährigen, durch zahlreiche Rückfälle geprägten Alkoholerkrankung leidenden Kindesmutter
Normenkette
BGB § 1684 Abs. 3-4
Verfahrensgang
AG Mainz (Beschluss vom 05.01.2006; Aktenzeichen 35 F 359/05) |
Tenor
1. Die befristete Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG - FamG - Mainz vom 5.1.2006 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
2. Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
3. Der Antragstellerin wird Prozesskostenhilfe für den Beschwerderechtszug ohne Zahlungsbestimmung bewilligt; ihr wird Rechtsanwalt D. in W. beigeordnet.
Gründe
I. Die betroffenen Kinder entstammen, wie auch das bereits volljährige Kind J. (geb. 9.6.1987), der Ehe der Antragstellerin mit dem Antragsgegner, die durch Urteil des AG Wiesbaden vom 23.4.2003 rechtskräftig geschieden wurde; im Verbundurteil wurde die elterliche Sorge für die gemeinsamen Kinder auf den Antragsgegner allein übertragen. Im vorliegenden Verfahren begehrt die Antragstellerin die Regelung des Umgangs mit den betroffenen Kindern, der ihr seit der Übernahme der Kinder im Mai 2002 durch den Antragsgegner verwehrt wird.
Die Antragstellerin leidet seit etwa sieben Jahren - u.a. - an Alkoholabhängigkeit mit psychosozialen und somatischen Auswirkungen; sie wurde wiederholt wegen akuter Rauschzustände mit Vergiftungserscheinungen stationär aufgenommen und unterzog sich vom 6.10.2003 bis zum 24.1.2004 und nochmals - nach erneuter Rückfälligkeit - vom 29.11.-29.12.2004 jeweils einer stationären Entwöhnungsmaßnahme (Entlassungsbericht Bl. 6 ff. GA; ärztlicher Bericht Bl. 91 GA). Sie befindet sich zwischenzeitlich in hausärztlicher sowie verhaltenstherapeutischer Betreuung, geht einer geregelten Berufstätigkeit nach und ist wieder verheiratet.
Das AG hat - nach Anhörung der Parteien und unter Berücksichtigung von Stellungnahmen der weiteren Beteiligten zu 3) und 4) (Bl. 24 f.; 49 ff. und 56 GA) - mit Beschluss vom 5.1.2006 (Bl. 57-63 GA) der Antragstellerin den Umgang mit den betroffenen Kindern in Abwesenheit des Antragsgegners, bei Koordination durch die weitere Beteiligte zu 3), "unter Betreuung des Kinderschutzbundes Mainz und nach Maßgabe der dortigen Empfehlungen" gewährt; zugleich wurde der Antragstellerin (rückwirkend) ab Januar 2005 die Vorlage von monatlichen ärztlichen Befunden betreffend die "Alkoholproblematik" auferlegt. Hiergegen richtet sich die (befristete) Beschwerde des Antragsgegners (Bl. 71 ff. GA).
Der Antragsgegner verfolgt im zweiten Rechtszug den vollständigen Ausschluss des Umgangsrechts der Antragstellerin. Er bringt vor, dass sich nachträglich die Unwahrheit aller Angaben der - nach wie vor akut alkoholkranken - Antragstellerin herausgestellt habe; ggü. der Tochter J. habe sie ein dermaßen unkontrolliert aggressives und kinderfeindliches Verhalten gezeigt, dass ein - auch begleiteter - Umgang mit den betroffenen minderjährigen Kindern nicht mehr angebracht sei.
Die Antragstellerin verteidigt den angefochtenen Beschluss und stellt ihr Verhältnis zur Tochter J. abweichend dar; sie habe im Übrigen zwischenzeitlich der weiteren Beteiligten zu 3) die - unauffälligen - ärztlichen Befunde seit Januar 2005 vorgelegt.
Die weiteren Beteiligten zu 3) und 4) haben im Beschwerdeverfahren Stellung genommen (Bl. 92 ff. und 95 f. GA).
II. Die befristete Beschwerde ist statthaft (§ 621e Abs. 1 i.V.m. § 621 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig; sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Das AG hat mit Recht - ersichtlich unter dem Einfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - eine Neuanbahnung des Kontakts der Antragstellerin zu den betroffenen Kindern im Wege des begleiteten Umgangs eröffnet.
a) Das FamG kann das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohle des Kindes erforderlich ist (§ 1684 Abs. 4 S. 1 BGB); soll dies für längere Zeit oder gar auf Dauer geschehen, muss andernfalls das Kindeswohl gefährdet sein (§ 1684 Abs. 4 S. 2 BGB). Geboten ist - unter Berücksichtigung des aus Art. 6 Abs. 2. S. 1 GG, Art. 25 Abs. 1 S. 1 LV fließenden Elternrechts und im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - eine Abwägung der widerstreitenden Grundrechtspositionen am Maßstab des Kindeswohls (vgl. BVerfG FamRZ 1983, 872 [873 f.]; 1993, 662; BGH NJW 1994, 312 [313]; s. auch EuGHMR FamRZ 2004, 337 [339 ff.] zur komplementären Garantie in Art. 8 EMRK). Dabei ist davon auszugehen, dass der Umgang mit beiden Elternteilen in der Regel zum Wohl des Kindes gehört (§ 1626 Abs. 3 S. 1 BGB); eine Kindeswohlgefährdung i.S.d. § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB kann daher nur angenommen werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalls eine konkrete Gefahr für d...