Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenansatzerinnerung gegen vermeintlich unbrauchbares Sachverständigengutachten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Mit der Erinnerung gegen den Kostenansatz kann ein Sachverständigengutachten nicht umfassend auf inhaltliche Richtigkeit und Plausibilität überprüft werden. Eine Kürzung des Kostenansatzes kommt nur in Betracht, wenn das Gutachten ganz oder teilweise offensichtlich unbrauchbar ist (hier verneint).

2. Gleiches gilt, wenn der Sachverständige die Beweisfragen ausufernd beantwortet, dies jedoch durch eine wenig präzise Antragsformulierung veranlasst ist.

3. Ein die Honorarkürzung rechtfertigender Mangel des Gutachtens kann auch nicht darin gesehen werden, dass der Sachverständige die Beweisfrage nicht beantwortet hat, sofern dies auf nachvollziehbaren Gründen beruht.

 

Normenkette

GKG §§ 21, 66; BGB §§ 276, 611; JVEG §§ 8-9

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Beschluss vom 03.12.2004; Aktenzeichen 4 OH 38/00)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Koblenz vom 3.12.2004 wird zurückgewiesen.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die Antragstellerin wendet sich mit ihrer Erinnerung gegen den gerichtlichen Kostenansatz für im selbständigen Beweisverfahren eingeholte Sachverständigengutachten. Das LG hat die Erinnerung für nicht begründet erachtet. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, der das LG durch Beschluss vom 18.4.2006 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat. Im Beschwerdeverfahren hat die Antragstellerin nochmals ergänzend Stellung genommen. Außerdem hat der Sachverständige eine weitere Stellungnahme abgegeben. Auf all das wird verwiesen.

Das zulässige Rechtsmittel ist ohne Erfolg. Das LG hat in seinem Beschluss vom 18.4.2006 sehr eingehend und sorgfältig begründet, warum der Ansatz der Sachverständigenkosten keinen durchgreifenden Bedenken begegnet. Was die Antragstellerin dagegen vorbringt, ist nicht stichhaltig:

Die Rüge, der Sachverständige habe Inhalt und Umfang seines Gutachtenauftrags verkannt und sich daher in überflüssiger Weise zu Fragen geäußert, die das konkrete Schadensbild nicht aufwerfe, ist nicht geeignet, einen Fehler des Kostenansatzes aufzuzeigen. Die Antragstellerin verkennt, dass es nicht Aufgabe des Erinnerungsverfahrens ist, ein Sachverständigen- gutachten auf seine Plausibilität oder gar auf seine inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen. Eine Grenze ist erst dort zu ziehen, wo das Sachverständigengutachten wegen inhaltlicher Mängel unverwertbar ist und der Sachverständige diese Unverwertbarkeit in vorwerfbarer Weise verursacht hat.

Davon kann hier keine Rede sein. Der Senat hat das Ausgangsgutachten und seine Ergänzungen geprüft und ist hiernach überzeugt, dass es ungeachtet der Kritik der Antragstellerin keinen tragfähigen Grund gibt, die Entschädigung des Sachverständigen wegen Mängeln oder sonstiger Unzulänglichkeiten der Gutachten zu kürzen oder gar entfallen zu lassen. In seinem sehr weit reichenden Verständnis der Beweisfragen ist der Sachverständige vom LG bestätigt worden. Der Senat hält dieses Verständnis für vertretbar. Jedenfalls mussten dem Sachverständigen insoweit keine Bedenken kommen, wenn auch das Gericht, das den Beschluss erlassen hat, dieses Verständnis teilt. Da die Beweisanordnung weitgehend dem von der Beschwerdeführerin seinerzeit formulierten Antrag folgt, wäre die heute von ihr bevorzugte eingeschränkte Beweiserhebung wohl nur durch eine genauere Eingrenzung der Beweisthemen nach Maßgabe der heute von der Antragstellerin favorisierten Sicht der Dinge zu erreichen gewesen.

Im Übrigen teilt der Senat auch in der Sache den Vorwurf der Beschwerdeführerin nicht, der Sachverständige habe an entfernter Stelle nach völlig unwahrscheinlichen Schadensursachen geforscht. Dem Senat ist aus anderen vergleichbaren Verfahren bekannt, dass sich Feuchtigkeit unter Dächern nicht selten an Stellen zeigt, die von der eigentlichen Schadstelle weit entfernt sind. Aus den vermeintlich besseren Erkenntnissen der Antragstellerin lässt sich nicht herleiten, der Sachverständige habe seinen Blick alsbald und ausschließlich auf die eigentliche Schadensursache fokussieren müssen. Dass die Gesamtfläche des Daches eingehend untersucht wurde, hat der Sachverständige nicht behauptet; davon ist auch das LG nicht ausgegangen.

Eigene Ermittlungen des Sachverständigen zum Dachaufbau waren sehr wohl geboten; mit einer Anfrage bei der Antragstellerin war es insoweit nicht getan. Denn die Antwort auf diese Anfrage wäre sofort dem ganz nahe liegenden Einwand ausgesetzt gewesen, dass das Dach tatsächlich anders aufgebaut sei als nach den Plänen oder Vorgaben der Antragstellerin.

Wenn es der Beschwerdeführerin auf die heute in den Mittelpunkt ihrer Rechtsmittelangriffe gerückten Unterscheidung zwischen regendicht einerseits und wasserdicht andererseits schon bei der Antragstellung so entscheidend angekommen wäre, hätte es nahe gelegen, den Beweis...

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