Entscheidungsstichwort (Thema)
Sicherung einer als Vorausvermächtnis ausgesetzten lebenslangen Rente. Vorausvermächtnis. Lebenszeitrente. Testamentsvollstreckung. Nachlasshaftung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Anordnung eines Rentenvorausvermächtnisses steht einer Auseinandersetzung des Nachlasses nicht entgegen.
2. Wird durch Verfügung von Todes einem Miterben im Wege eines Vorausvermächtnisses eine lebenslange Rente zugewandt und insoweit Testamentsvollstreckung angeordnet, hat der Testamentsvollstrecker dafür Sorge zu tragen, dass die monatliche Rente bis zum tatsächlichen Lebensende aus dem Nachlass gezahlt werden kann. Er muss die dafür erforderlichen Geldmittel von der Auseinandersetzung zurückbehalten.
3. Zur Sicherstellung der Erfüllung einer lebenslangen Rente aus einem Vorausvermächtnis ist vor dem Hintergrund der ständigen Besserung der medizinischen Versorgung über die heute maximal mögliche Lebenserwartung von 110 bis 115 Jahren hinaus ein Sicherungseinbehalt notwendig, der die Annahme einer maximal möglichen Lebenserwartung von 120 Jahren rechtfertigt.
Normenkette
BGB §§ 2042, 2046, 2204, 2209, 2046 Abs. 1, § 2206
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 06.02.2008; Aktenzeichen 16 O 28/07) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten zu 1) wird das Urteil der 16. Zivilkammer des LG Koblenz vom 6.2.2008 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 5.3.2008 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, die Auseinandersetzung unter den Erben nach Frau ... durchzuführen (ausgenommen den 12/100 Miteigentumsanteil an den Grundstücken ... Bl. 1259 und 1827) und dazu einen Auseinandersetzungsplan zu erstellen und die Erben vor dessen Ausführung zu hören.
2. Es wird festgestellt, dass
a) der Beklagte zu 1) nicht befugt ist, bei der Auseinandersetzung des Nachlasses einen höheren Wert des Nachlasses zur Erfüllung des Rentenvorausvermächtnisses nach Abschnitt 3a) des Erbvertrags vom 16.11.1997 - Urkunde des Notars ... - als 281.971,81 EUR zugunsten von zurückzuhalten;
b) die Teilauseinandersetzung über den Anteil der Erblasserin an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts "Erbengemeinschaft ..." i.H.v. 30 % durch den Anteilsaufteilung auf die beiden Erben zu je 15 % wirksam erfolgt ist;
c) der Beklagte zu 1) nicht befugt ist, zu Lasten des ungeteilten Nachlasses die Kostenvorschussrechnung Nr. 0501020 der Rechtsanwälte ... vom 5.9.2005 i.H.v. 2.065,03 EUR und die Rechtsanwaltsgebührenrechnung Nr. 0600969 der Rechtsanwälte ... vom 29.11.2006 i.H.v. 2.670,09 EUR zu begleichen.
Die weitergehende Klage der Klägerin wird abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zu 1) zurückgewiesen.
Die Berufung der Klägerin und die Berufung des Beklagten zu 2) gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des LG Koblenz vom 6.2.2008 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 5.3.2008 werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 64 %, der Beklagte zu 1) weitere 36 %. Von den Kosten erster Instanz tragen die Klägerin 57 %, der Beklagte zu 1) 43 %.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung gegen sie durch Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin, geboren am 15.5.1929, und der Beklagte zu 2), geboren am 17.3.1934, sind Geschwister und Erben der am 28.11.1998 verstorbenen E. ihrer Mutter (nachfolgend: Erblasserin). Der Vater ist am 15.6.1973 vorverstorben.
Die Erblasserin hat durch notarielles Testament/Erbvertrag vom 16.11.1997 (Bl. 12 bis 17 GA) die Klägerin und den Beklagten zu 2) zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt. Im Wege des Vorausvermächtnisses hat sie dem Beklagten zu 2) eine lebenszeitliche Rente von 2.000 DM, verschiedene Grundstücke der Gemarkung O. und K. ihre Kommanditbeteiligung i.H.v. 66.075 DM an der F. GmbH KG und ihre Geschäftsanteile i.H.v. 3.000 DM, 2.200 DM, 700 DM, 1.400 DM und 8.600 DM an der F. GmbH zugewandt. Desweiteren hat sie Testamentsvollstreckung angeordnet mit der Aufgabe, alle Nachlassangelegenheiten abzuwickeln und das, was der Beklagte zu 2) von Todes wegen erhält, auf die Dauer von 30 Jahren - gerechnet ab ihrem Tode - zu verwalten. Zum Testamentsvollstrecker wurde der Ehemann der Klägerin bestimmt. Diese Anordnung hat die Erblasserin durch notarielles Testament vom 28.5.1998 abgeändert und den Beklagten zu 1) zum Testamentsvollstrecker bestimmt.
Durch Vermächtnis- und Auseinandersetzungsvertrag vom 20.8.2001 (B. 19 bis 24 GA) wurde der Vorausvermächtnisanspruch des Beklagten zu 1) erfüllt, soweit er auf die Übertragung der Grundstücke, des Kommanditanteils und der Geschäftsanteile gerichtet war. Darüber hinaus wurde Grundbesitz - mit Ausnahme eines Teils der Grundstücke der Gemarkung K. die im Eigentum der Erbengemeinschaft verbleiben sollen - in einem Gesamtwert von 378.810 DM auseinanderges...