Leitsatz (amtlich)
Ist bei der Reisekrankenversicherung Deckung zugesagt "für vorübergehende Reisen bis zu sechs Wochen Dauer", besteht kein Versicherungsschutz für Reisen, die von vornherein auf eine längere Dauer als sechs Wochen angelegt sind.
Verfahrensgang
LG Bad Kreuznach (Urteil vom 10.06.2005; Aktenzeichen 2 O 547/03) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Bad Kreuznach vom 10.6.2005 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger haben die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Kläger als gesetzliche Erben begehren von der Beklagten die Erstattung von Kosten, die für ärztliche Behandlungen der Erblasserin I. M. in den USA entstanden sind.
Die verstorbene I. M. unterhielt bei der Beklagten eine Krankenversicherung nach dem Tarif ES. Es handelt sich hierbei um einen Ergänzungstarif für Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung. Nach Ziff. 5. der Tarifbedingungen erfasst die Leistung der Versicherers ambulante und stationäre Heilbehandlung im Ausland während vorübergehender Reisen bis zu 6 Wochen Dauer. Über diesen Zeitraum hinaus besteht eine Leistungspflicht nur dann, wenn der Versicherungsnehmer aufgrund einer während der versicherten Zeit eingetretenen Erkrankung transportunfähig ist.
I.M. reiste am 17.7.2002 zu ihrer Tochter nach G. in die USA. Das Rückflugticket war für den 30.10.2002 ausgestellt. Wenige Wochen nach ihrer Ankunft erkrankte die Erblasserin an einer Lungenkrankheit. Sie suchte zunächst die Ärztin Dr. H... auf. Am 6.9.2002 wurde sie mit Atemproblemen vom Notarzt zur stationären Behandlung in das S. Hospital in G. verbracht. Eine Woche später wurde sie in das auf Atemwegserkrankungen spezialisierte C. Hospital in A. verlegt, wo sie am 19.9.2002 verstarb.
Die verschiedenen für die Behandlung der Versicherungsnehmerin ausgestellte Rechnungen belaufen sich auf einen Betrag von insgesamt 105.332,31 USD.
Die Kläger haben erstinstanzlich Freistellung von 10 im Einzelnen aufgezählten Rechnungen begehrt sowie weiterhin die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, der Erbengemeinschaft nach I. M. sämtliche Kosten zu erstatten, die für medizinische Leistungen an Frau I. M. im Zeitraum 16.8. bis 19.9.2002 in den USA künftig noch geltend gemacht werden (vgl. Antrag im Tatbestand des Urteils, Bl. 104 f. d.A.).
Die Kläger haben die Auffassung vertreten, die Erblasserin habe für ihre Erkrankung Versicherungsschutz bei der Beklagten gehabt. Auf das Datum des Rückflugtickets sei es insoweit nicht angekommen. Jedenfalls habe Versicherungsschutz für die ersten sechs Wochen des Auslandsaufenthaltes bestanden. Die Erblasserin sei bei Ablauf des Versicherungsschutzes am 28.8.2002 aufgrund ihrer Erkrankung nicht transportfähig gewesen, so dass die Beklagte auch die danach entstandenen Behandlungskosten zu ersetzen habe.
Die Beklagte hat geltend gemacht, die Erblasserin habe keinen Versicherungsschutz gehabt, da ihre Reise für einen längeren Zeitraum als 6 Wochen geplant gewesen sei. Versicherungsschutz nach dem Tarif ES bestehe aber nur für Reisen bis zu einer Dauer von 6 Wochen. Für längere Reisen bestehe kein Versicherungsschutz. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, dass Frau M. am 28. August nicht transportfähig gewesen sei.
Das LG hat nach Beweisaufnahme zur Transportfähigkeit der Erblasserin der Klage stattgegeben. Es hat die Regelung in Ziff. 5 des Tarifes ES als unklar angesehen und sie unter Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB dahingehend ausgelegt, dass für einen Zeitraum von sechs Wochen Krankenversicherungsschutz auch dann bestehe, wenn die Reise für einen längeren Zeitraum geplant gewesen sei.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.
Sie macht geltend, die Regelung in Ziff. 5 des Tarifs ES sei eindeutig und einer Auslegung nicht zugänglich. Versicherungsschutz habe nur für vorübergehende Reisen bis zu sechs Wochen bestanden. Der Wortlaut sei insoweit eindeutig. Es folge daraus unmissverständlich, dass der Versicherer keine Leistung gewähre, wenn die Auslandsreise von vornherein für einen längeren Zeitraum als sechs Wochen geplant gewesen sei. Dies sei ausweislich des Flugtickets bei Frau M. der Fall gewesen. Damit bestehe kein Leistungsanspruch. Sie rügt außerdem Fehler hinsichtlich Beweisaufnahme und Beweiswürdigung zur Frage der Transportfähigkeit der Erblasserin.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des LG Bad Kreuznach vom 10.6.2005 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten das landgerichtliche Urteil für zutreffend und sind der Auffassung, es könne nicht darauf ankommen, für welche Dauer die Reise irgendwan...