rechtskräftig

 

Leitsatz (amtlich)

Für einen typisch alkoholbedingten Fahrfehler (BAK-Wert 0,94 Promille) spricht, wenn der Versicherungsnehmer (Mofafahrer) bei geradem Straßenverlauf, normalen Witterungsbedingungen unmittelbar vor einem aus der Gegenfahrbahn herannahenden PKW nach links abbiegt, ohne dies zuvor durch Handzeichen oder Blinkzeichen anzukündigen.

 

Normenkette

BB Unfall-Zusatzversicherung § 3 Ziff. 2 b

 

Verfahrensgang

LG Trier (Aktenzeichen 3 O 37/00)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 17. August 2000 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I.

Die Klägerin ist Bezugsberechtigte aus einer Kapitalversicherung einschließlich einer Unfall-Zusatzversicherung ihres verstorbenen Bruders J. B. (Versicherungsnehmer). Die Unfallzusatzversicherung zwischen dem Versicherungsnehmer und der Beklagten sah die Verdoppelung der Unfallsumme bei Unfalltod vor. Die Versicherungssumme betrug zuletzt 55.000,– DM.

Der Versicherungsnehmer verstarb am 19.07.1999 an den Folgen eines Verkehrsunfalles. Er befuhr am 16.07.1999 gegen 14.30 Uhr die L. aus Richtung P. … kommend in Richtung N. mit einem von dem Zeugen L. geliehenen Mofa-Roller. In Höhe der in seiner Fahrtrichtung gesehen links gelegenen Gaststätte „Zum Alten Leienhaus” stieß er, als er nach links lenkte, mit dem Pkw der entgegenkommenden Zeugin M. frontal zusammen. Er zog sich schwerste Kopfverletzungen zu, an denen er dann, ohne das Bewusstsein wieder erlangt zu haben, am 19.07.1999 verstarb. Die ihm am Unfalltag um 17.20 Uhr entnommene Blutprobe ergab ausweislich des Gutachtens der Staatlichen Untersuchungsstelle für Blutalkohol Mainz vom 21.07.1999 (Bl. 40 d.A. 8004 Js 14583/99 StA Trier) eine Blutalkoholkonzentration von 0,94 Promille. An dem vom Versicherungsnehmer gefahrenen Mofa-Roller war ein falsches Versicherungszeichen angebracht.

Die Beklagte hat der Klägerin die Versicherungssumme aus der Kapitallebensversicherung ausgezahlt, ihr die Zahlung der Unfall-Zusatzversicherung mit Berufung auf § 3 Abs. 2 b und d der Bedingungen für die Unfall-Zusatzversicherung im Hinblick auf die Anbringung eines falschen Versicherungskennzeichens und die Alkoholisierung des Versicherungsnehmers abgelehnt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

II.

Die Berufung ist nicht begründet.

Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug, § 543 Abs. 1 ZPO. Das Berufungsvorbringen gibt zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung.

1) Zutreffend hat das Landgericht einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Unfall-Zusatzversicherungssumme in Höhe von 55.000,– DM abgelehnt und sich auf den Ausschlusstatbestand des § 3 Abs. 2 d der Versicherungsbedingungen berufen. Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass der Versicherungsnehmer zum Unfallzeitpunkt alkoholbedingt fahruntüchtig war. Zwar kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Versicherungsnehmer absolut fahruntüchtig war, wofür Voraussetzung wäre, dass der Blutalkoholkonzentrationswert zum Unfallzeitpunkt 1,1 Promille betragen hätte. Eine Rückrechnung verbietet sich vorliegend, da das Trinkzeitende nicht bekannt ist (BGHSt 25, 250). Der Senat vermag deshalb den Überlegungen des Landgerichts, dass unter Berücksichtigung eines stündlichen Abbauwertes von 0,1 Promille, wenn zwar nicht von einer absoluten Fahruntüchtigkeit, so doch zumindest von einer Alkoholkonzentration von 1 Promille auszugehen sei, nicht zu folgen. Darauf kommt es im Ergebnis letztlich auch nicht an, weil aufgrund der Erkenntnisse aus der Ermittlungsakte, auf die sich beide Parteien beziehen, für den Senat mit einem im Sinne von § 286 ZPO gesicherten Grad an Gewissheit von einer relativen Fahruntüchtigkeit des Versicherungsnehmers auszugehen ist.

2) Bei einem Alkoholgehalt von weniger als 1,1 Promille entfällt der Versicherungsschutz nur dann, wenn äußere Anzeichen für eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit vorliegen. Ergeben sich diese nicht aus sonstigen Ausfallerscheinungen, müssen Fahrfehler festgestellt werden, die typischerweise auf Alkoholgenuss zurückzuführen sind. Für einen typisch alkoholbedingten Fahrfehler spricht hier, dass der Versicherungsnehmer vor dem hinter ihm fahrenden PKW des Zeugen G. plötzlich und unerwartet nach links abgebogen ist, ohne zuvor den Abbiegevorgang durch Handzeichen oder Blinkzeichen angekündigt zu haben. Er bremste weder ab noch verringerte er die Geschwindigkeit des Mofa-Rollers. Der Abbiegevorgang geschah, obwohl Gegenverkehr war und dieser sich auch schon so dicht genähert hatte, dass eine Kollision unvermeidbar war. Dabei war der Straßenverlauf gerade und der Versicherungsnehmer auch nicht etwa durch Witterungseinflüsse wie Sonnenschein in seiner Sicht beeinträcht...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?