Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 22.10.2020; Aktenzeichen 1 O 334/19) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 22.10.2020 wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus unionsrechtlicher Staatshaftung im Zusammenhang mit dem sog. Dieselskandal in Anspruch.
Die Klägerin erwarb im September 2013 von einem Kfz-Händler ein Gebrauchtfahrzeug des Typs ... mit der Typengenehmigungsnummer ... zum Preis von 18.500,00 EUR. In dem Fahrzeug ist ein von der ...[A] AG entwickelter und hergestellter Motor des Typs EA 189 verbaut, der mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 versehen war. Mit Bescheid vom 15.10.2015 erließ das Kraftfahrt-Bundesamt mehrere Nebenbestimmungen zur EG-Typengenehmigung, die die ...[A] AG zur Entfernung der unzulässigen Abschalteinrichtung verpflichteten. Die Klägerin ließ das in der Folge angebotene Software-Update aufspielen und schloss mit der ...[A] AG zur Abgeltung aller Ansprüche wegen des Einsatzes der unzulässigen Abschalteinrichtung und deren Entfernung einen Vergleich, mit dem sich die ...[A] AG zu einer Zahlung i.H.v. 4.650,00 EUR verpflichtete.
Die Klägerin hat vorgetragen, durch die Installation des Software-Updates drohten ihr massive Nachteile in Form eines Mehrverbrauchs von Kraftstoff und eines erhöhten Verschleißes. Auch sei sie - noch nicht bezifferbaren - Nachforderungen bezüglich der Kfz-Steuer ausgesetzt, weil die EG-Typengenehmigung weggefallen und sich der CO2-Ausstoß durch das aufgespielte Update deutlich erhöht habe. Überdies werde das Fahrzeug immer mit einem Makel behaftet sein und einen Minderwert aufweisen.
Die Beklagte habe diese Nachteile unter dem Gesichtspunkt des unionsrechtlichen Staathaftungsanspruchs zu ersetzen, da sie in qualifizierter Weise gegen Individualschutz begründende Normen des Unionsrechts verstoßen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht Koblenz hat die Klage mit Urteil vom 22.10.2020 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Streitfrage, ob das für die Klage grundsätzlich erforderliche Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO gegeben sei, bedürfe letztlich keiner Entscheidung, da die Klage bereits in der Sache abweisungsreif sei. Der mit der Klage verfolgte unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch gegen die Beklagte bestehe nicht. Es sei schon nicht zu erkennen, dass die von Klägerseite angeführten Vorschriften der EU-Richtlinie 2007/46/EG die Verleihung subjektiver Rechte an die Fahrzeugkäufer bezwecken würden. Vor diesem Hintergrund könne es letztlich offenbleiben, ob von hinreichend qualifizierten Verstößen der Beklagten ausgegangen werden könne.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen, wonach die Beklagte in qualifizierter Weise gegen Individualschutz begründende Normen des Unionsrechts verstoßen habe. So habe die Beklagte für Rechtsverstöße seitens der Hersteller keine wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Sanktionen im Sinne von Art. 46 der Richtlinie 2007/46/EG vorgesehen. Bei den in § 25 EG-FGV vorgesehenen verwaltungsrechtlichen Maßnahmen handele es sich von vorneherein nicht um Sanktionen; aber auch die ordnungswidrigkeitsrechtlichen und strafrechtlichen Sanktionen seien nicht hinreichend. Darüber hinaus habe das Kraftfahrt-Bundesamt für den hier in Rede stehenden Fahrzeugtyp unter Verstoß gegen Art. 4ff. der Richtlinie 2007/46/EG rechtswidrig eine Typengenehmigung erteilt. Aufgrund konkreter Anhaltspunkte für Manipulationen habe das Kraftfahrt-Bundesamt die Fahrzeughersteller genauer kontrollieren und im Typengenehmigungsverfahren Angaben zu Abschalteinrichtungen verlangen müssen.
Sowohl Art. 8 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 als auch Art. 46 der Richtlinie 2007/46/EG seien individualschützend. Diese dienten auch dem Schutz der Verbraucher.
Wäre die Beklagte ihren europarechtlichen Pflichten nachgekommen, hätte die Klägerin das mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehene Fahrzeug nicht erworben. Die Beklagte habe daher die durch den ungünstigen Vertrag entstehenden Nachteile in Form eines Minderwertes, eines erhöhten Spritverbrauchs und der zu befürchtenden Steuernachforderung zu ersetzen, wobei sich die Klägerin die Zahlung der ...[A] AG im Rahmen der schadensrechtlichen Vorteilsausgleichung anrechnen lasse.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des am 22.10.2020 verkündeten Urteils des Landgerichts Koblenz - 1 O 334/19 -
1. festzustellen, dass die Beklagtenpartei verpflichtet ist, der Klagepartei bezüglich des Fahrzeugs mit der FIN ... die Schäden zu ersetzen, die ihr daraus entstehen,
a) dass es die Beklagtenpart...