Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz des gewerblichen Autovermieters wegen grob fahrlässiger Herbeiführung eines Verkehrsunfalls durch den Fahrer des vermieteten Fahrzeugs
Leitsatz (amtlich)
1) Die dem Mieter gewährte Haftungsfreistellung durch den gewerblichen Autovermieter entspricht nach den AGB des Vermieters dem Vollkaskoschutz mit Selbstbeteiligung eines gewerbsmäßigen Versicherers nach den Regeln des VVG und der AKB. Der Fahrer des vermieteten Fahrzeugs haftet bei grober Fahrlässigkeit selbst (in Anknüpfung an BGH NJW 1981, 1211; NJW 2009, 1994; VersR 1982, 359; NJW-RR 1986, 51).
2) Das Nichtbeachten einer roten Lichtzeichenanlage stellt wegen der damit verbundenen Gefahren zwar in aller Regel ein objektiv grob fahrlässiges Fehlverhalten dar. Subjektive Beeinträchtigungen können jedoch im Einzelfall im Sinne einer Entlastung von dem schweren Vorwurf der groben Fahrlässigkeit ins Gewicht fallen. Entschuldigungsgründe, die über ein Augenblicksversagen hinausgehen, können neben dem Heranfahren, Anhalten und Wiederanfahren bei Rotlicht aufgrund Fehldeutung eines im Blickfeld des Fahrers liegenden optischen Signals auch die Fehlreaktion aufgrund eines akustischen Signals (Hupen) sein (in Anknüpfung an BGH NJW 2003, 1118 = VersR 2003, 363; BGHReport 2003, 428, 430 mit Anm. Reinert OLG Koblenz NJW-RR 2004, 114 = VersR 2004, 728).
3) Die Beweislast für ein grob fahrlässiges Verhalten bei Nichtbeachten des Rotlichts liegt grundsätzlich beim Versicherer bzw. der Autovermietung.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1; AKB § 15 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Mainz (Urteil vom 16.07.2009; Aktenzeichen 2 O 09/09) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Mainz - Einzelrichterin - vom 16.7.2009 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin betreibt in Mainz eine gewerbliche Autovermietung. Der Zeuge B. mietete am 7.1.2008 bei der Station der Klägerin in M. einen Pkw Peugeot 207, amtliches Kennzeichen HH-CP 7228, an. Dabei wurden die allgemeinen Vermietbedigungen, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (GA 41), Vertragsinhalt. Der Zeuge B. überließ das Fahrzeug dem Beklagten, der auch als berechtigter Fahrer in den Mietvertrag eingetragen war. Am 9.2.2008, gegen 15.00 Uhr, befuhr der Beklagte die Kaiserstraße in M. in Richtung Gärtnergasse. An der mit einer Ampelanlage versehenen Straßenkreuzung Kaiserstraße/Parcussstraße/Gärtnergasse fuhr der Beklagte trotz einer Rotlicht für seine Spur zeigenden Verkehrsampel in die Kreuzung ein und stieß dort mit dem Pkw BMW Mini, mit dem amtlichen Kennzeichen ... der Zeugin P. zusammen, welche bei einer Grünlicht zeigenden Ampel von der Parcussstraße aus in die Kreuzung Richtung Rhein auf die rechte Fahrspur einfuhr. Der Beklagte stieß mit der Front des Miet-Pkw's in die linke Seite des von Frau P. gesteuerten Fahrzeugs. Die Klägerin gab zum Umfang der Schadensfeststellung ein Schadensgutachten in Auftrag. Der Sachverständige ermittelte Reparaturkosten von netto 11.248,65 EUR, so dass von einem Totalschaden auszugehen ist.
Der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs beläuft sich auf 12.600 EUR und der Restwert auf 2.400 EUR netto, so dass sich ein Schadensbetrag von 10.200 EUR ergibt. Für die Erstellung das Sachverständigengutachtens sind der Klägerin Kosten i.H.v. 164,35 EUR entstanden. Darüber hinaus macht die Klägerin eine Schadenspauschale von 29,50 EUR geltend. Mit Schreiben vom 18.6.2008 forderte die Klägerin den Beklagten zur Begleichung ihrer Gesamtforderung i.H.v. 10.393,85 EUR auf. Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.6.2008 lehnte der Beklagte den Ausgleich der Forderung ab.
Die Klägerin hat vorgetragen, der Beklagte sei, ohne an der roten Ampel anzuhalten, in die Kreuzung eingefahren. Dies ergäbe sich anhand der erheblichen Beschädigungen an beiden unfallbeteiligten Fahrzeugen. Bei einem Losfahren aus dem Stand, mit Zurücklegen nur weniger Meter bis zum Auftreffen auf das im Querverkehr fahrende Fahrzeug der Zeugin P., habe das Mietfahrzeug nicht die notwendige Energie aufnehmen können, um den erheblichen Schaden herbeizuführen. Selbst wenn der Beklagte in der fehlerhaften Annahme, die Ampel sei auf grün umgesprungen, in den Kreuzungsbereich hinein gefahren sei, habe er grob fahrlässig gehandelt.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 10.393,85 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.6.2008 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat vorgetragen, er habe zunächst ordnungsgemäß an der Rotlicht zeigenden Verkehrsampel angehalten. Die Sicht sei durch die tiefstehende, starke Sonneneinstrahlung beeinträchtigt gewesen. Hinter ihm hätten dann Fahrzeuge gehupt, so dass er zu der Annahme gelangt sei, die Lichtzeichenanlage zeige bereits grün und er habe die Grünlichtphase nicht wahrgenommen. Darüber hinaus habe der Pk...