Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 15 O 713/18)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 11.12.2019, Az.: 15 O 713/18, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.450,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit dem 11.11.2015 bis zum 05.04.2017 und seit dem 30.11.2018 zu zahlen.

2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

VI. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 95.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten für Insolvenzverschleppungsschäden und macht Zahlungsansprüche gegen sie aus Insolvenzanfechtung geltend.

Mit Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgericht - ... vom 11.11.2015 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma ...[D] GmbH auf den am 24.09.2015 eingegangenen Antrag einer Gläubigerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.

Die Beklagte ist Steuerberaterin. Sie war jedenfalls in den Jahren 2012 bis 2015 mit der Finanzbuchführung für die Schuldnerin beauftragt und erstellte den Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2011. Anfang 2015 wurde sie auch mit dem Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2012 beauftragt. Sie erstellte diesen am 02.03.2015 unter Zugrundelegung von Fortführungswerten (Anlage K2, Blatt 51 ff. d. A.). Der Jahresabschluss wies zum Stichtag 31.12.2012 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 21.073,56 EUR aus, während sich aus dem Jahresabschluss für 2011 noch ein Überschuss ergeben hatte.

Die Schuldnerin überwies auf Honoraransprüche der Beklagten in der Zeit von 2013 bis 2015 in Teilzahlungen insgesamt 2.900,00 EUR.

Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte hätte den Jahresabschluss für 2012 zu Zerschlagungswerten erstellen müssen, da er einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag ausweise. Stille Reserven seien nicht vorhanden gewesen, so dass schon zum Stichtag Überschuldung im insolvenzrechtlichen Sinn vorgelegen habe. Die Beklagte hätte schon wegen des Fehlbetrags die Schuldnerin um Vorlage einer positiven Fortführungsprognose ersuchen müssen, um den Jahresabschluss zu Fortführungswerten erstellen zu können.

Selbst wenn der Jahresabschluss mangelfrei gewesen wäre, hätte die Beklagte die Schuldnerin zumindest auf ernsthafte Anhaltspunkte für einen Insolvenzgrund hinweisen müssen und darauf, dass die verspätete Erstellung des Jahresabschlusses strafrechtlich relevant sei, ebenso auf die Antragspflicht nach § 15a InsO und die zivil- und strafrechtlichen Gefahren einer Insolvenzverschleppung. Die Geschäftsführerin hätte dann einen Insolvenzantrag gestellt und wäre keine weiteren Verbindlichkeiten eingegangen.

Im Zeitpunkt der Überweisungen an die Beklagte sei die Schuldnerin zahlungsunfähig, zumindest aber drohend zahlungsunfähig gewesen. Sie habe jederzeit mit der Kündigung ihrer Kredite rechnen müssen. Sie sei mit Beiträgen gegenüber der ...[A] für die Zeit vom 01.06.2013 bis 31.10.2013 in Verzug geraten, wobei ihr mit Schreiben vom 25.10.2013 Stundung und Ratenzahlung bewilligt worden seien. Die Schuldnerin habe indessen die Ratenzahlungsvereinbarung nicht eingehalten. Des Weiteren habe die ...[B] Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet, deren Fälligkeiten bis März 2014 zurückreichten. Rückstände hätten auch auf Forderungen der ...[C] für die Zeit vom 01.04.2014 bis 31.07.2015 bestanden.

Die Vermieter der Schuldnerin hätten die Miete für Mai 2013 erst unter dem 24.06.2013 erhalten, die Miete für Juni 2013 erst am 04.07.2013. Offene Mietforderungen seit Februar 2014 seien zur Tabelle (Anlage K9, Blatt 188 ff. d. A.) angemeldet worden.

Weitere Anmeldungen fälliger Forderungen seien wie aus der Auswertung S. 15 ff. der Klageschrift (Blatt 18 ff. d. A.) ersichtlich erfolgt. Am 02.03.2015 hätten sich die fälligen, bis zur Verfahrenseröffnung unbeglichenen Verbindlichkeiten auf mindestens 66.149,79 EUR belaufen. Danach seien noch vom Kläger festgestellte Forderungen in Höhe von insgesamt 110.768,48 EUR zur Insolvenztabelle angemeldet worden (s. dazu im Einzelnen Aufstellung im Schriftsatz vom 30.04.2019, S. 19 f., Blatt 183 f. d. A.).

Die Geschäftsführerin der Schuldnerin habe mit Vorsatz gemäß § 15a InsO, der deckungsgleich mit dem Vorsatz gemäß § 133 Abs. 1 InsO a. F. sei, gehandelt, da sie trotz Anzeichen einer Krise keine Informationen über die wirtschaftliche Lage der Schuldnerin eingeholt und die Pflicht zur ständigen Prüfung der Insolvenzreife ve...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge