Leitsatz (amtlich)

Es entspricht billigem Ermessen gemäß § 81 Abs. 1 FamFG abweichend von dem Grundsatz, in Sorge- und Umgangsrechtsverfahren die Gerichtskosten zwischen den beteiligten Eltern hälftig aufzuteilen, ausnahmsweise einem Elternteil, hier der Kindesmutter, die Gerichtskosten aufzuerlegen, die durch die Einholung eines schriftlichen familienpsychologischen Sachverständigengutachtens in einem Umgangsverfahren entstanden sind, wenn diesen Elternteil aufgrund Bindungsintoleranz, mangelnder Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft und kindeswohlschädlicher Einflussnahme auf den Kindeswillen die Verantwortung für die Umgangsverweigerung der Kinder trifft und dies die Einholung des familienpsychologischen Gutachtens zur Frage des Umgangs der Kinder mit dem anderen Elternteil erforderlich gemacht hat.

 

Normenkette

BGB § 1684; FamFG § 81 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Aachen (Beschluss vom 10.03.2015; Aktenzeichen 228 F 400/11)

 

Tenor

1. Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, auf die Beschwerde des Antragstellers (10 UF 81/5) und unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen den Beschluss des AG - Familiengericht - Aachen vom 10.3.2015 - 228 F 400/11 - im schriftlichen Verfahren nach § 68 Abs. 3 FamFG im Ausspruch zu den Kosten abzuändern und die Gerichtskosten, die durch das schriftliche Gutachten der Sachverständigen Dipl. Psych. I verursacht worden sind, der Antragsgegnerin aufzuerlegen, sowie den Beschluss des AG - Familiengericht - Aachen vom 10.3.2015 um den Hinweis nach § 89 Abs. 2 FamFG wie folgt zu ergänzen:

"Bei schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die sich aus dem Beschluss des AG - Familiengericht - Aachen vom 10.3.2015 - 228 F 400/11 - ergebenden Verpflichtungen kann das Gericht gegen den Verpflichteten Ordnungsgeld bis zur Höhe von 25.000,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anordnen. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgeldes keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anordnen. Die Festsetzung des Ordnungsmittels unterbleibt, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat."

2. Der Antragsteller wird darauf hingewiesen, dass seine Beschwerde vom 16.6.2015 (10 WF 21/16) gegen den Beschluss des AG - Familiengerichts - Aachen 18.5.2015 - 228 F 400/11 - (Bl. 526 GA) unstatthaft ist.

3. Die Beteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Hinweisen des Senats innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

4. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, eine aktuelle Erklärung zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen innerhalb von drei Wochen ab Zustellung zur Gerichtsakte zu reichen.

 

Gründe

1. Die nach §§ 58 ff. FamFG statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Aachen vom 10.3.2015 (10 UF 81/15) hat in der Sache teilweise Erfolg.

a) Die durch das schriftliche Gutachten der Sachverständigen I vom 17.12.2014 verursachten Kosten, welche 12.586,00 Euro betragen, sind nach § 81 Abs. 1 FamFG der Antragsgegnerin aufzuerlegen. Insoweit ist die amtgerichtliche Entscheidung im Ausspruch zu den Kosten abzuändern.

Nach § 81 Abs. 1 FamFG steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, welche Kostenentscheidung im jeweiligen Einzelfall sachgerecht ist. Dabei räumt die Vorschrift dem Gericht, falls es eine Kostenentscheidung trifft, einen weiten Gestaltungsspielraum dahingehend ein, welchem Beteiligten welche Kosten des Verfahrens auferlegt werden. Das Gericht kann beispielsweise die Kosten ganz oder teilweise zwischen den Beteiligten aufteilen, die Kosten gegeneinander aufheben oder die Kostenregelung getrennt in Bezug auf die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten vornehmen. Die Vorschrift erlaubt es auch, nur bestimmte Kosten einem der Beteiligten aufzuerlegen oder von der Erhebung der Kosten ganz oder teilweise abzusehen. Dieses weite Ermessen des Gerichts bei der Entscheidung über die Verfahrenskosten erfährt nur eine Beschränkung durch § 81 Abs. 2 FamFG, wonach in den dort genannten Fällen die Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise auferlegt werden sollen. (BGH, Beschluss vom 19.2.2014 - XII ZB 15/13 -, juris Rn 11f).

Ausgehend hiervon entspricht es im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung sämtlicher maßgeblichen Umstände billigem Ermessen, abweichend von der Kostenentscheidung des AG die durch das Gutachten der Sachverständigen Dipl. Psych. I verursachten Kosten der Antragsgegnerin aufzuerlegen. Zwar entspricht es in Sorge- und Umgangssachen, die regelmäßig im Interesse des Kindes geführt werden, grundsätzlich der Billigkeit, die Gerichtskosten zwischen den Eltern aufzuteilen und vom Ausspruch einer Erstattung außergerichtlicher Auslagen abzusehen (OLG Naumburg, FamRZ 2014, 687; Prütting/Helms/Feskorn/FamFG, 2. Aufl., § 81 Rz. 14a). Der vorliegende Fall gibt jedoch Veranlassung, hiervon abzuweichen, ...

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