Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenfestsetzungsverfahren: Erstattungsfähigkeit der Kosten einer Terminsvertretung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Kosten einer Terminsvertretung sind nicht erstattungsfähig, wenn es an einer entsprechenden Vergütungspflicht der Partei fehlt. Erteilt der Prozessbevollmächtigte einem Terminsvertreter im eigenen Namen den Auftrag zur Terminswahrnehmung, so ist dieser im Regelfall Erfüllungsgehilfe des Prozessbevollmächtigten und verdient die Terminsgebühr für diesen. Über die (ihrem Prozessbevollmächtigten geschuldete) Terminsgebühr hinaus entstehen der Partei durch diese Vorgehensweise keine weiteren Kosten. Ohne Einverständnis der Partei mit der Vertretung scheidet auch der Ansatz ersparter Reisekosten bis zur Höhe der Gebühr Nr. 3401 VV RVG aus.(Rn. 5) (Rn. 6)

 

Normenkette

RVG-VV Nr. 3401; ZPO § 91

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Entscheidung vom 06.08.2019; Aktenzeichen 2 O 74/17)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Kläger vom 15.08.2019 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 06.08.2019 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden den Klägern zu je 1/2 auferlegt.

 

Gründe

Die gem. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 ff. ZPO i.V.m. § 11 RPflG zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten ist unbegründet.

Über die von den Klägern 2017 erhobene Klage auf Feststellung, dass sie der Beklagten aufgrund des Widerrufs ihrer auf Abschluss von zwei Darlehen über insgesamt 165.000,00 EUR gerichteten Willenserklärungen nicht mehr als 89.119,79 EUR schulden, hat das Landgericht Bonn am 27.01.2017 mündlich verhandelt. Die Prozessbevollmächtigten der Kläger haben sich dabei von Herrn Rechtsanwalt K....... vertreten lassen, den sie zuvor in eigenem Namen mit der Vertretung im Termin für ein "Pauschalhonorar" von 250,00 EUR zzgl. Umsatzsteuer beauftragt hatten. Die Kläger persönlich waren in dem Termin nicht anwesend. Absprachegemäß hat dieser ihnen unter dem 10.11.2017 für die Terminswahrnehmung 297,50 EUR brutto berechnet (Bl. 179 der Akte).

Aufgrund des von dem 12.Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln im nachfolgenden Berufungsverfahren mit Beschluss vom 12.06.2019 (12 U 20/18) festgestellten Prozessvergleichs der Parteien können die Kläger von der Beklagten (u.a.) 70% der ihnen erstinstanzlich entstandenen gerichtlichen wie außergerichtlichen Kosten beanspruchen. Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 03.01.2018 hatten die Kläger bereits erstinstanzliche außergerichtliche Kosten von insgesamt 5.329,30 EUR brutto angemeldet und darin "Auslagen Terminsvertreter" von 297,50 EUR brutto in Ansatz gebracht. In der Kostenausgleichung hat die Rechtspflegerin der 2. Zivilkammer des Landgerichts die Kosten der Terminsvertretung nicht berücksichtigt, die erstattungsfähigen Kosten der Kläger mit 5.031,80 EUR brutto beziffert und die ihnen von der Beklagten zu erstattenden Kosten I. Instanz im angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss mit 4.328,29 EUR brutto festgesetzt. Gegen den ihnen am 15.08.2019 zugestellten Beschluss haben die Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom und eingegangen am selben Tage sofortige Beschwerde eingelegt. Dieser hat die Rechtspflegerin mit Beschluss von 17.10.2019 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die Kostenfestsetzung begegnet keinen Bedenken.

Zu Recht hat die Rechtspflegerin die mit der Beauftragung von Rechtsanwalt K..... verbundenen Kosten der Terminsvertretung als nicht erstattungsfähig angesehen. Zu den von der unterliegenden Partei gemäß § 91 ZPO zu tragenden Kosten des Rechtsstreits zählen insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren. Hinsichtlich der hier allein streitigen Kosten des Terminsvertreters fehlt es bereits an einer entsprechenden Vergütungspflicht der Kläger.

Erteilt der Prozessbevollmächtigte einem Terminsvertreter - wie hier - im eigenen Namen den Auftrag zur Terminswahrnehmung, so ist dieser im Regelfall Erfüllungsgehilfe des Prozessbevollmächtigten und verdient die Terminsgebühr für diesen. Ein Vertragsverhältnis zwischen der Partei und dem Terminsvertreter wird dadurch nicht begründet (BGH, Beschl. v. 13.7.2011 - IV ZB 8/11, JurBüro 2012, 29; Urt. v. 29.6.2000 - I ZR 122/98, MDR 2001, 173). Über die (ihrem Prozessbevollmächtigten geschuldete) Terminsgebühr hinaus entstehen der Partei durch diese Vorgehensweise keine weiteren Kosten. Ohne Einverständnis der Partei mit der Vertretung scheidet auch der Ansatz ersparter Reisekosten bis zur Höhe der Gebühr Nr. 3401 VV RVG aus (BGH, Urt. v. 29.6.2000 - I ZR 122/98, MDR 2001, 173 zu §§ 33 Abs. 3, 53 BRAGO).

Denn fiktive Reisekosten können nur anstelle von tatsächlich angefallenen Kosten in Ansatz gebracht werden; derartige Kosten sind den Klägern jedoch nicht entstanden (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 15.10.2019 - 25 W 242/19, juris.de; OLG Stuttgart, Beschl. v. 21.7.2017 - 8 W 312/15, MDR 2017, 1212; LAG Berlin-Brandenburg...

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