Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Anspruch gegen Rechtsanwalt auf Herausgabe der Handakten
Leitsatz (amtlich)
Das Herausgabeverlangen ist hinreichend bestimmt, wenn im Antrag konkret bezeichnet wird, auf welche rechtliche Angelegenheit sich die herausverlangten Handakten beziehen.
Der Zulässigkeit der ausschließlich gegen einen Rechtsanwalt gerichteten Klage steht nicht entgegen, dass er seinerzeit bei Übernahme und Erledigung des Mandats mit anderen Rechtsanwälten in einer Sozietät zusammengeschlossen war.
Ein Rechtsanwalt schuldet die Herausgabe der Handakten.
Auch wenn ein Rechtsanwalt nicht allein, sondern die Rechtsanwaltssozietät, der er seinerzeit angehört hat, mandatiert worden ist, kann dieser allein auf Herausgabe in Anspruch genommen werden. Daran ändert auch der Umstand nicht, dass der in Anspruch genommene Anwalt zwischenzeitlich aus der Anwaltssozietät ausgeschieden ist.
Die mit dem Mandanten geführte Korrespondenz muss nicht herausgegeben werden, auch nicht Schriftsätze, die dieser bereits als Abschriften erhalten hat. Solche Schriftsätze gehören bereits nicht zu den Handakten. Zu den mit den Handakten herauszugebenden Schriftstücken gehören aber ansonsten alle Unterlagen, die dem Anwalt von seinem Auftraggeber ausgehändigt worden sind und der Schriftverkehr, den der Anwalt für seinen Auftraggeber geführt hat, einschließlich des gesamten drittgerichteten Schriftverkehrs, den der Rechtsanwalt für den Auftraggeber erhalten und geführt hat, sowie Notizen über Besprechungen, die der Anwalt im Rahmen der Besorgung des Geschäfts mit Dritten geführt hat.
Normenkette
ZPO §§ 62, 253; BGB §§ 666-667, 575; BRAO § 50; HGB § 128
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 24.06.2015; Aktenzeichen 23 O 463/14) |
Tenor
Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 23. Zivilkammer des LG Köln vom 24.06.2015 - 23 O 463/14 - durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Die Anschlussberufung des Klägers würde dann gem. § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung verlieren.
Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
I. Die zulässige Berufung des Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Denn es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO). Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO). Ebenso wenig ist eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO) oder aus anderen Gründen eine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO).
Zu Recht hat das LG der Klage im Wesentlichen stattgegeben.
Zunächst wird auf die zutreffenden Gründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen. Die Berufungsbegründung sowie die -erwiderung geben lediglich Anlass zu folgenden weiteren Ausführungen:
1. Mit dem LG bestehen gegen die Zulässigkeit der Klage mit dem auf Herausgabe der Handakten gerichteten Klageantrag zu 1 keine Bedenken.
Das Herausgabeverlangen des Klägers ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Kläger hat in seinem Antrag konkret bezeichnet, auf welche rechtliche Angelegenheit sich die herausverlangten Handakten des Beklagten beziehen. Es ist davon auszugehen, dass der Beklagte seiner Berufspflicht zur Führung von Handakten (§ 50 Abs. 1 BRAO) nachgekommen ist, zumal der Beklagte selbst mit vorgerichtlichem Schreiben vom 14.08.2013 die Aushändigung der gewünschten Unterlagen angekündigt hatte. Mithin besteht für ihn keine Ungewissheit darüber, auf welche Schriftstücke sich das Verlangen des Klägers bezieht. Es ist auch zu erwarten, dass bei einer etwaigen erforderlich werdenden Zwangsvollstreckung aus dem Herausgabetitel die erforderliche Zuordnung unschwer möglich sein wird (vergleiche BGH, Urteil vom 30.11.1989, II ZR 112/88; OLG Köln, Urteil vom 16.12.1996, 12 U 141/96; zitiert nach juris).
Der Zulässigkeit der ausschließlich gegen den Beklagten gerichteten Klage steht nicht entgegen, dass er seinerzeit bei Übernahme und Erledigung des Mandats mit anderen Rechtsanwälten in einer Sozietät zusammengeschlossen war. Denn die Aktenherausgabe oder -einsicht betrifft kein Rechtsverhältnis, das gegenüber allen Mitgliedern der Sozietät als notwendige Streitgenossen (§ 62 ZPO) nur einheitlich festgestellt werden könnte, sondern Pflichten des Rechtsanwalts in seiner persönlichen Verantwortung als mit der Geschäftsbesorgung Beauftragter (vergleiche BGH, a.a.O.). Die von dem Beklagten erneut im Rahmen seiner Berufungsbegründung aufgeworfene Frage nach seiner Passivlegitimation betrifft die Sachbefugnis und ist mithin der zu überprüfenden Begründetheit der Klage zuzuordnen (vergleiche Zöller-Vollkommer, ZPO, 30. Auflage, Vor § 50 Rn. 18).
Der auf H...