Entscheidungsstichwort (Thema)

Tierarzthaftung; Einsichtnahme in Behandlungsunterlagen des Tierarztes

 

Leitsatz (amtlich)

Der Auftraggeber kann von dem mit einer tiermedizinischen Ankaufsuntersuchung beauftragten Tierarzt die Einsichtnahme in die anlässlich der Untersuchung gefertigten Röntgenaufnahmen des Tieres sowohl unmittelbar aus dem Vertrag als auch aus § 809 BGB verlangen.

Zur Abgrenzung zu insoweit bestehenden humanmedizinischen Grundsätzen.

Zu Inhalt und Reichweite des Anspruchs.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 280, 631, 809-810

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 30.06.2009; Aktenzeichen 22 O 586/08)

 

Tenor

Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die zulässige Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des LG Köln vom 30.6.2009 gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach dem Vorbringen in der Berufungsbegründung keine Aussicht auf Erfolg besteht. Die angefochtene Entscheidung des LG Köln ist im Ergebnis und in der Begründung richtig.

 

Gründe

Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung, und eine Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich.

Die Ausführungen in der Berufungsbegründung führen nicht zu einer anderen Beurteilung. Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO).

Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Einsichtnahme in sämtliche Röntgenaufnahmen aus der Ankaufsuntersuchung vom 8.8.2003 des Pferdes X., geboren am 5.2.1999, Lebensnummer YYYYYYYYYY, Hannoveraner Wallach, braun, Vater von Z., Mutter von B., zu. Dieser ist vorliegend in der Form zu erfüllen, dass dem Kläger gegen Erstattung der Entwicklungs- und Fotokopiekosten die Röntgenbilder in Kopie zur Verfügung zu stellen sind. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 809 BGB, aber auch aus dem Vertrag zur Ankaufsuntersuchung selbst nach § 631 BGB i.V.m. § 242 BGB.

Gemäß § 809 BGB kann derjenige, der gegen den Besitzer einer Sache einen Anspruch in Ansehung der Sache hat oder sich Gewissheit verschaffen will, ob ihm ein solcher Anspruch zusteht, wenn die Besichtigung aus diesem Grund für ihn von Interesse ist, verlangen, dass der Besitzer ihm die Sache zur Besichtigung vorlegt oder die Besichtigung gestattet. Ähnliches gilt gem. § 810 BGB für die Einsicht in Urkunden. Diese sind definiert als jede durch bleibende Zeichen ausgedrückte, mit den Sinnen wahrnehmbare Verkörperung eines Gedanken, soweit sie geschäftliche Bedeutung hat (Palandt/Sprau, 68. Aufl. 2009, § 810 Rz. 1). Bei den hier streitgegenständlichen Röntgenbildern handelt es sich nicht um Urkunden i.S.d. § 810 BGB, denn sie stellen lediglich eine technische Aufzeichnung ohne rechtsgeschäftlichen Erklärungsgehalt dar. Da sie aber jedenfalls Sachen i.S.d. § 90 BGB sind, fallen sie in den Anwendungsbereich des § 809 BGB (vgl. Palandt/Sprau, § 810 Rz. 1; Staudinger/Marburger, Neubearb. 2009, § 810 Rz. 8). Der Kläger macht auch einen Anspruch in Ansehung der Sache geltend. Dieser Anspruch muss nicht die Sache selbst zum Gegenstand haben, sondern nur in irgendeiner Weise von Bestand oder Beschaffenheit der Sache abhängen (Palandt/Sprau, § 809 Rz. 4). Vorliegend macht der Kläger geltend, einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu prüfen. Dieser hänge davon ab, ob der Beklagte die streitgegenständlichen Röntgenbilder ordnungsgemäß erstellt und zutreffend ausgewertet hat. Bezüglich der Frage, ob dem Beklagten im Rahmen der von ihm durchgeführten Ankaufsuntersuchung bei der Beurteilung des Gesundheitszustandes des Pferdes "Z.", welcher er auch die erstellten Röntgenbilder zugrunde gelegt hatte, tatsächlich ein Schadensersatzansprüche auslösender Fehler unterlaufen sei, sei eine eingehende Inaugenscheinnahme dieser Bilder erforderlich. Insofern hat der Kläger auch ein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme in die Röntgenbilder i.S.d. § 809 BGB. Teilweise wird der Anspruch auf Einsichtnahme in Röntgenbilder aus § 810 BGB in analoger Anwendung gewährt, wenn diese Teil von weiteren Behandlungsunterlagen im Rahmen eines laufenden Behandlungsvertrages sind und in diese gesamten Unterlagen Einsicht verlangt wird. Gerade im vorliegenden Fall ist die Anwendung des § 809 jedoch sachgerecht, da es sich hier bei den streitgegenständlichen Röntgenbildern um solche handelt, die im Rahmen einer Ankaufsuntersuchung, welche einen Werkvertrag i.S.d. § 631 BGB darstellen dürfte, erstellt worden sind und anhand derer der Beklagte ein Gutachten bezüglich des Gesundheitszustandes des Pferdes fertigte. Die Bilder waren also nicht Teil einer längerfristigen Behandlungsdokumentation, sondern bildeten punktuell die Basis eines Gutachtens. Zudem verlangt der Kläger Einsicht nur in die Röntgenbilder selbst, nicht in sonstige Unterlagen.

Daneben folgt das Recht auf Einsichtnahme aufgrund des dargelegten berechtigten Interesses des Klägers auch au...

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