Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 28 O 84/21) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Köln vom 16.3.2021 (28 O 84/21) abgeändert und im Wege der einstweiligen Verfügung Folgendes angeordnet:
Der Antragsgegnerin wird unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000 Euro, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre zu vollziehen an dem Geschäftsführer) untersagt,
im geschäftlichen Verkehr E-Mail-Werbung ohne vorheriges Einverständnis zu versenden, wenn dies geschieht wie in der als Anlage 1 angefügten E-Mail vom 12.2.2021 um 08:25 Uhr an die E-Mail-Adresse Internetadresse 1.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Gründe
I. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückweisenden Beschluss des Landgerichts Köln ist zulässig und begründet, da sowohl ein Verfügungsanspruch als auch ein Verfügungsgrund gegeben sind.
1. Dem Antragsteller steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die ihm übersandte Werbe-E-Mail vom 21.2.2021 aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 analog BGB wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu. Er hat glaubhaft gemacht, der Antragsgegnerin zur Übersendung der streitgegenständlichen E-Mail keine Einwilligung erteilt zu haben. Die Antragsgegnerin ist dem im Rahmen der Abmahnung durch Schreiben vom 16.2.2021 nicht entgegengetreten; im Hinblick auf diese außergerichtliche Anhörung der Antragsgegnerin, die inhaltlich mit dem nunmehr gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung übereinstimmt, war im Verfahren bisher auch keine weitere Beteiligung der Antragsgegnerin aus dem Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.9.2018 - 1 BvR 1783/17, AfP 2018, 508) geboten.
2. Abweichend von der Auffassung des Landgerichts bejaht der Senat auch das Vorliegen eines Verfügungsgrundes im Sinne von §§ 935, 940 ZPO. Denn auch wenn der Antragsteller nicht Mitbewerber der Antragsgegnerin gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG ist und ihm daher mangels eines Anspruchs aus §§ 3, 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 1 UWG nicht unmittelbar zugutekommt, ist der Erlass einer einstweiligen Verfügung hier geboten, weil andernfalls ein effektiver Rechtsschutz nicht gewährleistet wäre.
Das Gesetz nennt in § 940 ZPO als Beispiel für das Vorliegen eines Verfügungsgrundes die Abwendung wesentlicher Nachteile und die Verhinderung drohender Gewalt, womit jedoch keine abschließende Regelung intendiert ist. Insofern kann hier die drohende, gegen den Antragsteller gerichtete unerlaubte Handlung in Form der Verletzung seines Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in die Abwägung der gegenseitigen Interessen einbezogen werden, um so der Wahrung des Rechtsfriedens durch präventiven Rechtsschutz zu dienen (vgl. Vollkommer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Auflage, 2020, § 940 ZPO, Rn. 4). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Antragsteller bisher nur eine einzige Werbe-E-Mail von der Antragsgegnerin sowie ein weiteres Werbe-Fax am 4.3.2021 erhalten hat und die von ihm erlittene Beeinträchtigung damit bisher verhältnismäßig geringfügig ausgefallen sein mag. Denn die von dieser Übersendung indizierte Gefahr künftiger Belästigungen, die auch nicht durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt wurde, ist nicht als derart gering einzustufen, dass das Vorgehen des Antragstellers im Wege des Eilrechtsschutzes unverhältnismäßig wäre (vgl. KG, Urt. v. 20.6.2002 - 10 U 54/02, CR 2003, 291; OLG Köln, Beschl. v. 23.12.2004 - 6 W 127/04, juris).
Der Senat verkennt bei dieser Bewertung ausdrücklich nicht, dass es angesichts der heutigen technischen Möglichkeiten keinen großen Aufwand darstellt, eine unverlangt übersandte E-Mail wieder zu löschen; gleiches dürfte auch hinsichtlich der Entsorgung eines unverlangt übersandten Werbe-Fax gelten. Diese rein auf die Frage des Beseitigungsaufwands fokussierende Betrachtung lässt jedoch außen vor, dass eine darüber hinausgehende Beeinträchtigung für den eingerichteten und ausgeübten Geschäftsbetrieb des Antragstellers darin besteht, für die tägliche Sichtung der E-Mail- und Faxeingänge Sorge zu tragen, sein Personal zu entsprechender Tätigkeit anzuhalten und anzuleiten, das Risiko von Fehlern bei der Löschung/Entsorgung solcher Werbenachrichtung zu tragen und dass - im Falle der Übersendung unerwünschter Werbung per Fax - auch letztlich ein Aufwand an Sachmitteln zu Buche schlägt. Auf der anderen Seite ist dagegen keinerlei schutzwürdiges Interesse der Antragsgegnerin ersichtlich, von einer einstweiligen Regelung des Rechtsverhältnisses verschont zu werden und die Zeit bis zur Erlangung ei...