Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerdebefugnis gegen Beschluss, in dem für die Erteilung eines Erbscheins notwendigen Tatsachen als festgestellt erachtet werden, nicht ausschließlich aus Verfahrensfehlern herzuleiten

 

Verfahrensgang

AG Siegburg (Beschluss vom 11.02.2010; Aktenzeichen 46 VI 63/2009)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 1.3.2010 gegen den Beschluss des AG - Nachlassgerichts - Siegburg vom 11.2.2010, 46 VI 63/10, wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligte zu 2) hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

 

Gründe

1. Mit notarieller Urkunde vom 9.2.2009 beantragte die Beteiligte zu 3) die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte. Sie stützte sich hierbei auf ein privatschriftliches Testament der Erblasserin vom 20.9.2006. Der Beteiligte zu 1) widersprach diesem Antrag; er hielt für die Erbfolge ein gemeinschaftliches Testament der Erblasserin und ihres vorverstorbenen Ehemannes vom 10.7.2001 für maßgeblich. In diesem hatten die Eheleute sich gegenseitig zum alleinigen Erben des erstversterbenden Ehegatten eingesetzt sowie "bei gleichzeitigem Tod" den Beteiligten zu 1) zum alleinigen Erben berufen.

Durch Beschluss vom 12.11.2009 wies das Nachlassgericht nach Durchführung einer Beweisaufnahme den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 3) zurück. Hierauf hat der Beteiligte zu 1) mit notarieller Urkunde vom 22.12.2009 (Urkundenrolle-Nr. 2132/09 H des Notars I. in O.; Bl. 120 ff. d. GA.) die Erteilung eines ihn als Alleinerben ausweisenden Erbscheins beantragt. Mit Schreiben vom 14.1.2010 sowie vom 25.1.2010 hat die Beteiligte zu 2) dem Erbscheinsantrag widersprochen und geltend gemacht, der Erbschein solle entsprechend dem Wunsch der Erblasserin im ihrem Testament vom 20.9.2006 der Beteiligten zu 3) erteilt werden. Mit Beschluss vom 11.2.2010 (Bl. 149 ff. d. GA.), der am 12.3.2010 durch Übergabe an die Geschäftsstelle erlassen worden ist, hat das AG die zur Erteilung des Erbscheins gemäß dem Antrag des Beteiligten zu 1) vom 22.12.2009 erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet, die sofortige Wirksamkeit dieses Beschlusses ausgesetzt und die Erteilung des Erbscheins bis zur Rechtskraft dieses Beschlusses zurückgestellt. Gegen diese ihr am 18.2.2010 zugestellte Entscheidung wendet sich die Beteiligte zu 2) mit ihrer am 3.3.2010 bei Gericht eingegangenen Beschwerde vom 1.3.2010. Sie macht geltend, das Testament ihrer Schwester sei gültig und es müsse der letzte Wunsch der Erblasserin erfüllt werden.

2. Die von der Beteiligten zu 2) im eigenen Namen eingelegte Beschwerde ist, worauf bereits die Beteiligten zu 1) und zu 4) in ihren Stellungnahmen vom 22.3.2010 hingewiesen haben, unzulässig, weil es an der gem. § 59 Abs. 1 FamFG erforderlichen Beschwerdebefugnis fehlt. Eine Beschwerdeberechtigung besteht nach dieser Bestimmung nur, wenn der Beschwerdeführer "durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist". Erforderlich ist ein unmittelbarer Eingriff in ein im Zeitpunkt der Entscheidung bestehendes subjektives Recht des Beschwerdeführers. Dass er ein berechtigtes Interesse an der Änderung oder Beseitigung der Entscheidung des Gerichts erster Instanz haben mag, genügt nicht (st. Rechtsprechung: BGH FamRZ 1996, 856; BGH FamRZ 2009, 220 = NJW-RR 2009, 436; BayObLG FamRZ 1997, 1299; BayObLG, FamRZ 2004, 1818; KG, OLGR 2003, 178; Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 16. Aufl. 2009, § 59 Rz. 6 ff., sowie Rz. 77 ff. speziell zur Frage der Anfechtung der Erteilung eines Erbscheins), denn das FamFG kennt wie auch schon das FGG gerade keine Popularbeschwerde (OLG Köln Rpfleger 2002, 209 [210] zum FGG).

Gegen einen Beschluss, der die für die Erteilung eines Erbscheins notwendigen Tatsachen als festgestellt erachtet, ist derjenige beschwerdeberechtigt, der durch die Erteilung des Erbscheins in seinen Rechten unmittelbar beeinträchtigt würde. Die Rechtsbeeinträchtigung des Beschwerdeführers muss tatsächlich bestehen, wobei für deren Prüfung die Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung zu unterstellen ist (vgl. KG, OLGR 2004, 178 [179]). Der Beschwerdeführer muss also geltend machen, dass seine erbrechtliche Stellung in dem Erbschein nicht oder nicht richtig ausgewiesen wird (Keidel/Zimmermann, a.a.O., § 352 Rz. 150).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Durch die Entscheidung des Nachlassgerichts, die zur Erteilung des Erbscheins gemäß dem Antrag des Beteiligten zu 1) vom 22.11.2009 erforderlichen Tatsachen werden für festgestellt erachtet, wird die Beschwerdeführerin nicht unmittelbar in ihren eigenen Rechten betroffen. Die Beschwerdeführerin beruft sich nicht darauf, ihr Erbrecht werde in dem nunmehr zu erteilenden Erbschein unrichtig ausgewiesen. Sie macht keine Einwendungen gegen die grundsätzliche Wirksamkeit der letztwilligen Verfügungen der Eheleute vom 10.7.2001 sowie der Erblasserin vom 20.9.2006 geltend; ebenso wenig beansprucht sie, ihrerseits gesetzliche Erbin geworden zu sein. Nur bei Wegfall der testamentarischen Anordnungen der Erblasserin käme...

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