Verfahrensgang
LG Aachen (Aktenzeichen 11 O 241/17) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 14.04.2021 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Aachen, 11 O 241/17, wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts Aachen ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger hat die Beklagte auf Zahlung von 481.768,50 EUR in Anspruch genommen, und zwar 52.582,04 EUR aus Insolvenzanfechtung und 429.186,46 EUR als Schadensersatz aus abgetretenem Recht des Geschäftsführers der Schuldnerin wegen angeblicher Schlechterfüllung eines Beratervertrages zwischen der Schuldnerin und der Beklagten mit Schutzwirkung zugunsten des Geschäftsführers.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der vor dem Landgericht gestellten Anträge wird auf die Feststellungen in dem am 14.04.2021 verkündeten Urteil des Landgerichts Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 S. 4 ZPO).
Durch jenes Urteil, wegen dessen Begründung auf die Entscheidungsgründe verwiesen wird, hat das Landgericht der Klage in Höhe eines Teilbetrages von 178.874,76 EUR nebst Zinsen stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, die fristgerecht eingelegt sowie in rechter Form und Frist begründet worden ist.
Die Beklagte greift das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens an. Sie trägt vor, dass der Beklagten kein Auftrag zur Prüfung einer möglichen Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Schuldnerin erteilt worden sei. Der Beklagten sei auch kein Auftrag zur Erstellung eines IDWS-6-Gutachtens erteilt worden. Ein solches Gutachten sei weder erstellt noch in Rechnung gestellt worden. Die Beklagte habe lediglich den Auftrag erhalten, ein Bankkonzept zu erstellen, um Fördergelder für anstehende Investitionen zu beantragen, und die Schuldnerin begleitend zu beraten. Im Rahmen der Vorprüfung habe die Beklagte nur ein sog. IDWS-1-Gutachten erstellt und abgerechnet. Hierbei habe die Beklagte die von der Schuldnerin vorgelegten Unterlagen nur auf Plausibilität überprüft. Eine Sanierungsberatung habe dagegen nicht stattgefunden. Es sei auch keine steuerliche oder rechtliche Beratung vereinbart worden. Daher habe auch keine Verpflichtung der Beklagten bestanden, auf eine mögliche Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenzantragspflicht hinzuweisen.
Zum Zeitpunkt der Tätigkeit der Beklagten für die Schuldnerin sei diese nicht zahlungsunfähig gewesen. Die OP-Listen hätten keine überfälligen Zahlungen aufgewiesen. Es habe auch keine überfälligen Verbindlichkeiten gegeben. Die Beklagte sei auch nicht beauftragt worden, die Finanzbuchhaltung oder Bestände zu überprüfen. Die Bilanz zum 31.12.2012, die der Beklagten im August 2013 ausgehändigt worden sei, habe keine Überschuldung ausgewiesen. Dies stehe in krassem Widerspruch zu den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen, der in seinem Gutachten Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zum 31.12.2012 angenommen hat. Dies könne nur darauf beruhen, dass dem Gutachter nicht alle notwendigen Unterlagen vorgelegen hätten. Zudem sei nicht nachgewiesen, dass die Schuldnerin auch im Jahr 2013 zum Zeitpunkt der angefochtenen Zahlungen an die Beklagte zahlungsunfähig gewesen sei.
Die Schuldnerin habe während der Tätigkeit der Beklagten nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt. Eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin sei auch für die Beklagte vor Dezember 2013 nicht ersichtlich gewesen. Aufgrund der ihr bekannten Liquidität der Schuldnerin sei die Beklagte davon ausgegangen, dass sämtliche fälligen Verbindlichkeiten hätten bezahlt werden können. Zudem liege ein Bargeschäft vor. Die gegenseitigen Leistungen seien in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt.
Den Geschäftsführer der Schuldnerin treffe ein 100 %-iges Mitverschulden. Er habe der Beklagten die Unterlagen ausgehändigt, aufgrund derer sie ihren Auftrag erfüllt habe. Der Geschäftsführer sei für die Prüfung der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Schuldnerin und Einleitung entsprechender Rechtshandlungen verantwortlich gewesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Aachen vom 14.04.2021, 11 O 241/17, abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Er trägt vor, dass sich die Beklagte im Fall einer einmal eingetretenen Zahlungsunfähigkeit nur dann mit Erfolg auf den Wegfall derselben berufen könne, wenn sie darlege, dass die Schuldnerin die Zahlungen im Allgemeinen wieder aufgenommen habe. Einen solchen Vortrag habe die Beklagte aber nicht e...