Leitsatz (amtlich)
1. Die Ablehnung einer vom Antragsteller im selbstständigen Beweisverfahren gem. § 485 Abs. 2 ZPO begehrten Anordnung, wonach das Gericht gestützt auf § 142 ZPO dem Antragsgegner oder Dritten die Vorlage von Urkunden (hier: ärztliche Behandlungsdokumentationen) aufgeben soll, ist nicht mit der sofortigen Beschwerde angreifbar (Anschluss an BGH, VI ZB 23/16, 29.11.2016).
2. Gibt das Gericht stattdessen dem Antragsteller auf, die für die Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens erforderlichen ärztlichen Behandlungsdokumentationen selber zu beschaffen und verweigert es andernfalls die Durchführung des Verfahrens, ist grundsätzlich auch dieser Beschluss nicht mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar, da Beweisbeschlüsse einer selbstständigen Überprüfbarkeit durch das Beschwerdegericht entzogen sind.
3. Eine Beschwerdefähigkeit wird demgegenüber ausnahmsweise dann bejaht, wenn die getroffene Anordnung das Verfahren faktisch zum Stillstand bringt oder Grundrechte des Antragstellers verletzt, soweit dies im Hauptsacheverfahren nicht mehr behoben werden kann.
4. Soweit es dem Antragsteller nicht möglich ist, notwenige Behandlungsunterlagen selber in Kopie zu erhalten, z.B. weil Ärzte oder Kliniken deren Herausgabe verweigern, ist jedoch wiederum das Gericht verpflichtet, diese gem. § 142 ZPO auszufordern, da es dem Antragsteller nicht zumutbar ist, zunächst einen ggf. mehrjährigen Rechtsstreit über die Herausgabe dieser Unterlagen zu führen, was auch dem Sinn und Zweck des selbstständigen Beweisverfahrens widerspräche, eine rasche Klärung herbeizuführen.
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 25 OH 2/17) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 4.7.2018 gegen den Beschluss der 25. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 11.5.2018 - 25 O 2/17 - wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Dem Antragsteller wurde im Haus der Antragsgegnerin im Januar 2017 eine Hüft-Teil-Endoprothese eingebracht. Es kam zu einer Infektion im operierten Bereich, der zu einem verlängerten Heilverlauf und zur Notwendigkeit eines Prothesenwechsels führte. Laboranalytisch wurde der Keim staphyloccoccus epidermis festgestellt, allerdings hält der Antragsteller auch eine Infektion mit staphyloccoccus aureus für möglich, weil dies der Einschätzung von Ärzten nach dem klinischen Eindruck entsprach. Der Antragsteller macht allgemein Hygienemängel im Krankenhaus für die Infektion verantwortlich, am ehesten im Rahmen der Operation selbst. Eine nähere Konkretisierung sei ihm weder möglich noch zumutbar.
Das Landgericht hat antragsgemäß die Beweisanordnungen (im Kern dahin, ob es infolge der Hüftoperation zu einer Infektionserkrankung kam, wie sich der weitere Beschwerdeverlauf darstellte, worauf die Infektion zurückzuführen sei, und insbesondere, ob es zu einer Unterschreitung von Hygienestandards gekommen sei) erlassen, allerdings mit folgendem Zusatz:
"Der Sachverständige wird nur beauftragt, wenn die antragstellende Partei die Behandlungsunterlagen der den Patienten vor- und nachbehandelnden Arzte (vgl. Auflistung in der Schweigepflichtsentbindungserklärung) sowie die Behandlungsunterlagen der Antragsgegnerin zu den Akten reicht, damit der Sachverständige eine Grundlage für seine gutachterlichen Feststellungen hat ..."
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde.
II. Die sofortige Beschwerde ist nicht zulässig, im Übrigen ist sie aber auch unbegründet.
1. a) Die Unzulässigkeit der Beschwerde folgt dabei allerdings nicht - worauf der Antragsteller gegen die Auffassung der Kammer zu Recht hinweist - unmittelbar aus der Entscheidung des BGH vom 29.11.2016, VI ZB 23/16. Der BGH hat erkannt, dass die Ablehnung einer im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens begehrten Anordnung der Urkundenvorlage nach § 142 ZPO nicht mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar sei. Er hat dies damit begründet, dass ein Fall des § 567 I Nr. 2 ZPO schon formal nicht vorliege, weil § 567 I Nr. 2 ZPO ein "das Verfahren betreffendes Gesuch", mithin einen Antrag erfordere, § 142 ZPO indes keines förmlichen Antrags bedürfe, sondern eine im Ermessen des Gerichts stehende, grundsätzlich amtswegige Entscheidung sei (dazu grundlegend BGHZ 173, 23). Dies sei auch sachgerecht, weil die Möglichkeiten im selbständigen Beweisverfahren grundsätzlich nichtweiterreichten als im Hauptsacheverfahren, wo eine Ablehnung der Urkundenvorlegung ebenfalls nicht anfechtbar, sondern nur im Rahmen des Rechtsmittels gegen die Entscheidung in der Hauptsache möglich sei. Folglich sei auch im selbständigen Beweisverfahren der Antragsteller darauf zu verweisen, seine Gründe für die begehrte Vorlage im Hauptsacheverfahren geltend zu machen. Ferner erfordere die Prüfung von § 142 ZPO eine Schlüssigkeits- oder Erheblichkeitsprüfung, die dem Gericht im selbständigen Beweisverfahren grundsätzlich verwehrt sei. Festzuhalten ist danach, dass eine Beschwerde un...