Leitsatz (amtlich)
Ein in einem Eilverfahren ergangenes Werbeverbot, das ein wettbewerbswidriges Einladungsschreiben zum Gegenstand hat, kann auch über die Kernbereichslehre nicht die Grundlage des Bestrafungsverfahrens wegen eines inhaltsähnlichen Internetaufritts abgeben, wenn insoweit ein Verbot im vorangegangenen Eilverfahren wegen Dringlichkeitsverlustes nicht mehr hätte erstritten werden können.
Normenkette
ZPO § 890
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 09.04.2003; Aktenzeichen 84 O 67/02 SH I) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss der 4. Kammer für Handelssachen des LG Köln – 84 O 67/02 SH I – vom 9.4.2003, durch den ihr Antrag auf Festsetzung von Ordnungsmitteln zurückgewiesen worden ist, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Gläubigerin zu tragen.
Gründe
I. Die Gläubigerin hat gegen die Schuldner eine einstweilige Verfügung erwirkt, durch die diesen unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt worden ist, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Bezug auf die Produkte und/oder den Geschäftsbetrieb der Schuldnerin zu 1) folgende Aussage aufzustellen und/oder zu verbreiten:
„Wir sind wieder da!
Zwei Neuerungen präsentieren wir auf unserer Hausausstellung:
1. Unser neues Alu-Zeltgerüst mit wesentlichen Verbesserungen … aus Alu – nicht mehr aus Stahl – dadurch geringeres Gewicht.”,
insb., wenn dies unter gleichzeitiger Verwendung der nachfolgend abgebildeten Anfahrtsskizze erfolgt wie nachstehend eingeblendet:
(Es folgte eine Ablichtung einer Einladung zu einer Hausausstellung der Schuldnerin zu 1), die im März 2002 stattgefunden hat, sowie eines vorformulierten „Rückfax”, das eine Anfahrtsskizze enthielt.)
Die Gläubigerin hatte beanstandet, dass durch die Einladung der unrichtige Eindruck entstehe, die Schuldnerin zu 1), die tatsächlich erst im Jahre 2001 gegründet worden war, sei schon früher auf dem Markt gewesen und verfüge daher über langjährige Erfahrungen im Bereich der Herstellung und des Verkaufs von Zelten. Zudem werde der ebenfalls unrichtige Eindruck erweckt, es bestünden gesellschaftsrechtliche oder sonst vertragliche Beziehungen zwischen der Schuldnerin zu 1) und der Gläubigerin bzw. deren Rechtsvorgängern. Vor Erlass der einstweiligen Verfügung hatte die Gläubigerin ausdrücklich klargestellt, dass sich ihr Begehren auf ein kumulatives Verbot der verschiedenen Werbeaussagen beziehe und auch das Verbot der Anfahrtsskizze nur bei gleichzeitiger Verwendung der Werbeaussagen begehrt werde, und den Antrag so umformuliert, dass er dem oben wiedergegebenen Wortlaut entsprach.
Im vorliegenden Bestrafungsverfahren nach § 890 ZPO beanstandet die Gläubigerin einen Internetauftritt. Dort ist unter einem Bildelement die Firma der Schuldnerin zu 1) in Fettdruck wiedergegeben. Darunter heißt es „… zurück in der Welt der Zelte”. Die Gläubigerin sieht darin einen Verstoß gegen den Kern des Unterlassungsgebotes und begehrt die Festsetzung eines empfindlichen Ordnungsgeldes und von Ersatzordnungshaft. Die Schuldner hatten bereits im Jahre 2001 diesen Slogan in einem Internetauftritt verwendet. Damals hatte die Gläubigerin in einem Verfügungsverfahren zwar die in jenem Internetauftritt enthaltene Verwendung des Namens „S.” in Alleinstellung, nicht aber die Aussage „… zurück in der Welt der Zelte” angegriffen. Mit Blick hierauf haben die Schuldner u.a. eingewandt, sie treffe an einem etwaigen Verstoß kein Verschulden. Das LG hat den Bestrafungsantrag mit der Begründung zurückgewiesen, der Internetauftritt habe einen anderen Charakter als das früher beanstandete Einladungsschreiben und unterfalle deswegen dem Kern des Verbotes nicht. Mit ihrer sofortigen Beschwerde verfolgt die Gläubigerin ihren Bestrafungsantrag weiter.
II. Die gem. §§ 793, 890 Abs. 1, 891 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Mit Recht hat das LG entschieden, dass der beanstandete Internetauftritt nicht in den Kernbereich des ausgesprochenen Verbotes fällt und deswegen ein Verstoß gegen die einstweilige Verfügung nicht vorliegt. Der Antrag könnte aber auch dann keinen Erfolg haben, wenn die Werbeaussage dem Verbotsbereich unterfiele.
Das im Eilverfahren erlassene Verbot erfasst nämlich solche „Verstöße”, deretwegen schon im Zeitpunkt der Antragstellung wegen fehlender Dringlichkeit nicht (mehr) mit Erfolg der Erlass einer einstweiligen Verfügung hätte beantragt werden können, auch dann nicht, wenn sie an sich in den Kernbereich des Verbotes fallen würden. Diese Voraussetzungen sind auch im vorliegenden Zwangsvollstreckungsverfahren gegeben.
Die Gläubigerin hat mit einem am 13.8.2002 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz den Erlass der dem vorliegenden Bestrafungsverfahren zugrundeliegenden einstweiligen Verfügung beantragt. Zu jenem Zeitpunkt hätte sie den Slogan „… zurück in der Welt der Zelte” nicht mehr mit Erfolg zum Gegenstand eines Unterlassungsantrags in einem Verfügungsverfahren machen können. Denn damals war mit Blick au...