Leitsatz (amtlich)

Weist das angerufene Gericht sogleich auf Bedenken gegen seine örtliche Zuständigkeit hin, dann sind die Reisekosten des von der Beklagten in Gerichtsnähe beauftragten Rechtsanwaltes nicht erstattungsfähig, die dafür anfallen, dass der Rechtsanwalt später einen Termin bei dem Gericht wahrnimmt, an das die Sache verwiesen wurde.

 

Normenkette

ZPO §§ 91, 104

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 08.02.2008; Aktenzeichen 15 O 525/07)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers beim LG Köln vom 8.2.2008 - 15 O 525/07 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Auf Grund des Urteils der 15. Zivilkammer des LG Köln vom 19.12.2007 sind von der Klägerin 3.133,97 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 16.1.2008 an die Beklagte zu erstatten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin zu 75 % und die Beklagte zu 25 %.

Gerichtsgebühren werden nicht erhoben.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 832,88 EUR.

 

Gründe

I. Mit Schriftsatz vom 7.3.2007 erhob die Klägerin beim LG N. Klage. Als Anschrift der Beklagten war eine Adresse in T. angegeben. Mit Schriftsatz vom 2.4.2007 bestellten sich in T. residierende Rechtsanwälte für die Beklagte. Diese teilten zugleich mit, die Beklagte sei bereits zu Jahresbeginn 2007 nach L. verzogen. Im weiteren Verlauf stellte sich heraus, dass der Wohnungswechsel bereits im November 2006 stattgefunden hatte. Nach längerem Schriftwechsel und diversen Nachforschungen entsprach die Klägerin dem Hinweis des LG O. und beantragte wegen dessen örtlicher Unzuständigkeit die Verweisung an das LG L.. Den dortigen Termin zur mündlichen Verhandlung nahm für die Beklagte ein in L. ansässiger Rechtsanwalt als Terminsvertreter wahr. Das LG wies die Klage ab, das Urteil ist rechtskräftig. Noch vom LG O. war der Beklagten ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt worden.

Zur Festsetzung angemeldet hat die Beklagte für ihren Hauptbevollmächtigten:

1,3-Verfahrensgebühr 1.359,80 EUR

Pauschale 20 EUR

1.379,80 EUR

zzgl. 19 % Umsatzsteuer 262,16 EUR

1.641,96 EUR

abzgl. Gebühr für PKH 628,68 EUR

1.013,28 EUR

sowie für den Terminsvertreter:

0,65-Verfahrensgebühr 679,90 EUR

1,2-Terminsgebühr .255,20 EUR

Pauschale 20 EUR

1.955,10 EUR

zzgl. 19 % Umsatzsteuer 371,47 EUR

2.326,57 EUR

Dies ergibt eine Summe von 3.339,85 EUR.

Festgesetzt hat der Rechtspfleger lediglich folgende Beträge:

1,3-Verfahrensgebühr 1.359,80 EUR

1,2-Terminsgebühr 1.255,20 EUR

Pauschale 20 EUR

2.635 EUR

zzgl. 19 % Umsatzsteuer 500,65 EUR

3.135,65 EUR

abzgl. Gebühr für PKH 628,68 EUR

2.506,97 EUR

Zur Begründung hat er unter Hinweis auf zwei näher bezeichnete Entscheidungen des BGH ausgeführt, die Beklagte sei gehalten gewesen, sofort einen L. er Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen zu mandatieren, um Mehrkosten zu vermeiden.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrem Rechtsmittel und verweist darauf, dass die Klage beim LG O. erhoben worden und sie infolgedessen berechtigt gewesen sei, einen im dortigen Bereich residierenden Rechtsanwalt mit ihrer Interessenvertretung zu beauftragen, ohne Kostennachteile befürchten zu müssen. Die vom Rechtspfleger angegebene Rechtsprechung des BGH sei vorliegend nicht einschlägig. Falls ihr Prozessbevollmächtigter aus T. den Termin in L. wahrgenommen hätte - Fahrtstrecke 800 km, wäre es zu höheren Kosten gekommen, als solche durch die Mandatierung des Terminsvertreters entstanden sind. Bezüglich der Terminsgebühr i.H.v. 1.255,20 EUR habe der Rechtspfleger die Festsetzung der Mehrwertsteuer rechtsfehlerhaft unterlassen.

Der Rechtspfleger hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gem. § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch ansonsten verfahrensrechtlich unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache selbst überwiegend Erfolg.

Die Beklagte kann von der Klägerin über den festgesetzten Betrag hinaus weitere 627 EUR erstattet verlangen. Rechtsfehlerhaft und unter Missachtung der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung haben alle Rechtspfleger, die die Sache nacheinander bearbeitet haben, die Festsetzung der Kosten für den Hauptbevollmächtigten und den Terminsvertreter falsch berechnet bzw. abgelehnt.

Soweit sich der Rechtspfleger, der den Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen hat, hierzu auf zwei Entscheidungen des BGH (Beschl. v. 23.6.2004 - VII ZB 61/04 - = NJW 2004, 2749 = AGS 2004, 349; v. 22.2.2007 - VII ZB 93/06 - = NJW-RR 2007, 1071 = AGS 2008, 260) gestützt hat, so sind diese in keiner Weise einschlägig und haben ganz andere Sachverhalte und Rechtsfragen zum Inhalt. Die erstgenannte Entscheidung verhält sich zu der Frage, ob einer Partei, der PKH gewährt worden ist, zusätzlich ein Verkehrsanwalt oder ein Unterbevollmächtigter beigeordnet werden kann. Einen solchen Antrag hat die Beklagte nie gestellt. Der zweiten Entscheidung und auch derjenigen, auf die sich der Rechtspfleg...

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