Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind alle gleichartigen oder als gleichartig behandelten Anrechte; Verfahrenswert
Leitsatz (amtlich)
1. Aufgrund der Beschwerde wegen eines versehentlich vom AG nicht ausgeglichenen Versorgungsanrechts sind auch die Anrechte gleicher Art i.S.v. § 18 I VersAusglG bzw. vom AG als solche behandelte - erneut - zu überprüfen; hierbei hat das Beschwerdegericht von Amts wegen und eigenständig die Frage, ob es sich tatsächlich um Anrechte gleicher Art handelt, zu bewerten.
2. Verfügt der Ausgleichspflichtige bei demselben betrieblichen Versorgungsträger über mehrere Anrechte, von denen eines geringfügig ist, das aber ebenso wie das nicht geringfügige Anrecht im Wege der externen Teilung zu demselben Zielversorgungsträger auszugleichen ist, so dass kein nennenswerter Aufwand durch die Teilung entsteht, erscheint es unbillig, vom Grundsatz der Halbteilung der Anrechte nur wegen der vorgenommenen Aufspaltung der betrieblichen Altersversorgung auf verschiedene Durchführungsarten abzusehen (im Anschluss an OLG Karlsruhe FamRZ 2012, 308).
3. Anrechte, die nicht (mehr) Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, werden für die Wertberechnung nach § 50 FamGKG nicht herangezogen, auch wenn sie im Rahmen der Ermessensentscheidung von § 18 Abs. 1 und 2 VersAusglG im Hinblick auf ihre Höhe und insbesondere ihre Differenz in die Abwägung einbezogen wurden.
Normenkette
VersAusglG § 18 Abs. 1-2; FamGKG §§ 40, 50 Abs. 1 S. 1 Hs. 1
Verfahrensgang
AG Siegburg (Beschluss vom 31.01.2011; Aktenzeichen 329 F 16/10) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 3. wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Siegburg vom 31.1.2011 - 329 F 16/10 - im Ausspruch zum Versorgungsausgleich unter 2. abgeändert und insgesamt folgendermaßen neu gefasst:
1. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstel-lerin bei dem Q. e.V. (Beteiligter zu 4.) zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht i.H.v. 3.610,53 EUR nach Maßgabe der arbeitgeberfinanzierten Leistungszusage gem. AWB vom 1.8.2003, Tarif PA Commercial, bezogen auf den 30.4.2010, übertragen.
2. Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antrags-gegners bei der I.-Pensionskasse AG (Beteiligter zu 3.) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht i.H.v. 4.916,79 EUR bei der Ver-sorgungsausgleichskasse, bezogen auf den 30.04.2010, begründet.
Die I.-Pensionskasse AG wird verpflichtet, diesen Betrag an die Versorgungsausgleichskasse zu bezahlen.
3. Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antrags-gegners bei der I.-Pensionskasse AG (Beteiligter zu 3.) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht i.H.v. 953,62 EUR bei der Ver-sorgungsausgleichskasse, bezogen auf den 30.04.2010, begründet.
Die I.-Pensionskasse AG wird verpflichtet, diesen Betrag an die Versorgungsausgleichskasse zu bezahlen.
4. Der Ausgleich des Anrechts der Antragstellerin bei der E-Bund (Beteilig-te zu 5.) findet nicht statt.
5. Der Ausgleich des Anrechts des Antragsgegners bei der E-Bund (Betei-ligte zu 6.) findet nicht statt.
II. Von der Erhebung der Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren ist abzusehen. Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.
III. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird nach §§ 40, 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG auf 2.700 EUR festgesetzt.
Gründe
1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 3. vom 28.2.2011 gegen den am 18.2.2011 zu-gestellten Beschluss ist gem. §§ 58 ff., 63 Abs. 1, 111 Nr. 7 FamFG zulässig. Mit dem am 15.3.2011 eingegangenem Faxschreiben hat sie auch ausdrücklich bestätigt, dass ihre Beanstandung als Beschwerde zu werten ist. Sie hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das AG das weitere Anrecht des Antragsgegners bei ihr aus der Ende Dezember 2010 übermittelten Auskunft mit einem Ehezeitanteil von 9.833,58 EUR und einem vorgeschlagenen Ausgleichswert von 4.916,79 EUR (Bl. 65 - 78/VA-Heft) unberücksichtigt gelassen und den Versorgungsträger nicht richtig bezeichnet hat. Wegen der übrigen Anrechte kann auf die zutreffenden Angaben im angefochtenen Beschluss Bezug genommen werden.
Damit sind zunächst diese beiden Anrechte bei der Beteiligten zu 3. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Soweit aber das AG das niedrigere Anrecht bei ihr mit einem Ausgleichswert von 953,62 EUR mit dem Anrecht bei der Beteiligten zu 4. nach § 18 Abs. 1 VersAusglG wegen Geringfügigkeit nicht ausgeglichen hat, weil es sich um beiderseitige Anrechte gleicher Art im Sinne dieser Vorschrift handele, hat die gem. § 26 FamFG von Amts wegen zu erfolgende Überprüfung der Behandlung des angefochtenen Anrechts Anlass zur Abänderung der Entscheidung gegeben.
2. Das übersehene Anrecht bei der Beschwerdeführerin (Bet. zu 3.) mit einem Ehezeit-anteil von 9.833,58 EUR ist gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG extern zu teilen, weil der Versorgungsträger dies verlangt hat und der Ausgleichswert (4.916,79 EUR) die Grenze von 6.132 EUR nicht überschreitet.
Entgegen der Ansicht des Antragsgegners und der...