Leitsatz (amtlich)

Wünscht der Betroffene einen Wechsel des Betreuers, so muss er hierfür keinen wichtigen Grund benennen. Es genügt, dass der Wunsch nach einem Betreuerwechsel dem eigenen Willen des Betreuten entspringt und nicht auf fremde Einflüsse zurückzuführen ist, dass der neue Betreuer zur Übernahme des Amtes bereit und gleichgeeignet wie der bisherige Betreuer ist und dass durch den Betreuerwechsel das Wohl des Betroffenen nicht erheblich gefährdet wird.

 

Normenkette

BGB § 1908b Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 13.05.2002; Aktenzeichen 1 T 43/02)

AG Köln (Beschluss vom 07.11.2001; Aktenzeichen 54 XVII D 490/98)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) werden die Beschlüsse des LG Köln vom 13.5.2002 – 1 T 43/02 – und des AG Köln vom 7.11.2001 – 54 XVII D 490/98 – aufgehoben und wird das AG angewiesen, den Beteiligten zu 2) zu entlassen und als neue Betreuerin für die Betroffene gem. ihrem Wunsch Frau Rechtsanwältin J.W. zu bestellen.

Rechtsbeschwerdewert: 4.000 Euro

 

Gründe

Für die Betroffene ist seit 1999 wegen eines vorwiegend amnestisch geprägten hirnorganischen Psychosyndroms Betreuung angeordnet mit dem Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung, Sorge für die Gesundheit, Vermögenssorge (einschließlich Postkontrolle), Vertretung bei Behörden, Sicherstellung der häuslichen Pflege und Versorgung und Zutrittsrecht zur Wohnung. Hinsichtlich des Aufgabenkreises Vermögenssorge ist ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet. Zum Betreuer wurde der Beteiligte zu 2) bestellt. Die Betroffene, die krankheitsuneinsichtig ist, hat sich in der Folgezeit mehrmals, aber jeweils ergebnislos, in entsprechenden Eingaben an das Gericht sowohl gegen die Betreuungsanordnung als auch gegen die Auswahl des Betreuers gewandt.

Das AG hat den im August 2001 neuerlich gestellten Antrag der Betroffenen, den Beteiligten zu 2) zu entlassen und Frau Rechtsanwältin W. als Betreuerin einzusetzen, wiederum abgelehnt. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das LG nach persönlicher Anhörung der Betroffenen durch den angefochtenen Beschluss zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Ermessensfehlerfrei sei das AG davon ausgegangen, dass die von der Betroffenen gewünschte Auswechslung des Betreuers ihrem Wohl nach wie vor zuwiderlaufe. Im Hinblick auf den Grundsatz der Betreuerkontinuität fehle es hier an vernünftigen Gründen für den gewünschten Betreuerwechsel. Der Betreuer habe seit Übernahme der sehr umfangreichen Betreuung mit einem immensen Arbeitsaufwand zahlreiche Angelegenheiten der Betroffenen geregelt, was sich mangels ausreichender Mitwirkung der Betroffenen sehr schwierig gestaltet habe. Die von ihm erbrachte Einarbeitungs- und Organisationsarbeit, die u.a. in 16 Ordnern und 5 Anlagenordnern dokumentiert ist, müsste bei dem Betreuerwechsel in großen Teilen erneut erbracht werden, was kostenmäßig die Betreute nicht unerheblich belasten würde. Hinzukomme, dass die gewünschte, zweifelsfrei gut qualifizierte neue Betreuerin für Betreuungstätigkeit in anderen Betreuungsfällen nicht zur Verfügung stünde, was bei dem Mangel an gut qualifizierten Betreuern für schwierige Fälle nicht außer Acht zu lassen sei. Schließlich sei auch nicht erkennbar, dass sich das psychische Befinden der Betreuten und deren Akzeptanz der Betreuung durch den Betreuerwechsel verbessere. Der in ihrer Anhörung geäußerte Grund, ihr sei eine Frau lieber, sei nicht nur erstmals angegeben worden, sondern auch aus ihrem Vorverhalten nicht nachvollziehbar, weil sie im Betreuungsverfahren einige Male ihren Neffen als Betreuer ins Gespräch gebracht und sich bislang keineswegs gegen einen männlichen Betreuer und sich auch an männliche Rechtsanwälte gewandt habe. Es liege danach kein wichtiger Grund vor, der eine Entlassung des Betreuers aus seinem Amt rechtfertige.

Die zulässige Rechtsbeschwerde der Betroffenen hat Erfolg. Die angefochtene Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand (§ 27 FGG).

Rechtlich zu beanstanden ist, dass das LG dem Vorschlag der Betreuten deshalb nicht gefolgt ist, weil es – rechtsirrig – meinte, für eine Ablösung des Beteiligten zu 2) und Bestellung der gewünschten neuen Betreuerin vernünftige und nachvollziehbare Gründe bzw. einen wichtigen Grund haben zu müssen. Im Entscheidungsfall brauchen für die Entlassung des bisherigen Betreuers nicht die Voraussetzungen des § 1908b Abs. 1 BGB vorliegen. Es genügt vielmehr, wenn für den verlangten Betreuerwechsel die Voraussetzungen des alternativ in Betracht kommenden § 1908b Abs. 3 BGB erfüllt sind. Nach dieser Vorschrift kann das VormG den Betreuer entlassen, wenn der Betreute eine gleich geeignete Person, die zur Übernahme bereit ist, als neuen Betreuer vorschlägt. So soll auch und vor allem dessen eigener Wille den Ausschlag geben für die Auswahl des Betreuers, allerdings muss auch hierbei das Wohl des Betreuten ganz im Vordergrund stehen. Der Rechtsgedanke des § 1897 Abs. 4 S. 1 BGB gilt entsprechend. Dementsprechend kann dem Wunsch des Betreuten nach einem Betr...

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