Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Geltendmachung von Auskunftsansprüchen hinsichtlich der Höhe der von Fluggästen für vertraglich vereinbarte Flugbeförderungsleistungen gezahlten Steuern und Gebühren im Sinne von Art. 23 Abs. 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 1008/2008 sowie deren Rückerstattung handelt es sich um Ansprüche aus einem Vertrag gemäß Art. 5 Abs. 1, 7 Nr. 1 lit. a) EuGVVO.
2. Der für die internationale Zuständigkeit maßgebliche Erfüllungsort gemäß Art. 7 Nr. 1 lit. a), b) EuGVVO begründet für sämtliche Klagen aus einem Luftbeförderungsvertrag einen einheitlichen Gerichtsstand. Bei einem Vertrag über eine Luftbeförderung ist Erfüllungsort - nach Wahl des Fluggastes - jedenfalls der Ort des vertragsgemäßen Abflugs oder der Ort der vertragsgemäßen Ankunft des Flugzeugs.
3. Bei der Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (Klausel-RL) handelt es sich um eine allgemeine Regelung zum Schutz der Verbraucher, die in allen Wirtschaftszweigen einschließlich desjenigen des Luftverkehrs anwendbar ist (Anschluss EuGH, Urteil 18.11.2020 - C-519/19, Rn. 52).
4. Eine Rechtswahlklausel in einem Beförderungsvertrag zwischen einem Verbraucher und einer Fluggesellschaft darf nicht gegen die Mindestvorgaben nach Art. 3 Abs. 1 und Art. 5 Klausel-RL verstoßen und muss in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls den Anforderungen an Treu und Glauben, Ausgewogenheit und Transparenz bei Beurteilung durch ein nationales Gericht genügen.
5. Eine Klausel ist intransparent, wenn die verwendeten Begrifflichkeiten (hier: "einschlägige Gesetze" und "Übereinkommen") für einen durchschnittlichen Verbraucher ohne juristische Vorkenntnisse nicht aufzeigen, was genau darunter zu verstehen ist, weil bereits jeglicher Anhaltspunkt fehlt, welcher Rechtsordnung die genannten "einschlägigen Gesetze" zu entnehmen sind sowie welche nationalen, europäischen oder internationalen Rechtsvorschriften im Einzelnen gemeint sein könnten.
6. Dem durchschnittlichen Leser muss zur Vermeidung einer Irreführung hinreichend deutlich werden, welches bindende Recht im Einzelnen die Rechtswahlabrede beeinflussen könnte. Der Klauselsteller muss daher über solche bindenden Rechtsvorschriften unterrichten, welche die Wirkung einer Rechtswahlabrede bestimmen (Anschluss EuGH, 28. Juli 2016, C-191/15, Rn. 69). Diese Voraussetzungen erfüllt eine Rechtswahlklausel in einem Luftbeförderungsvertrag nicht, in der die EU-Fluggastrechte-VO als vorrangiges Recht gegenüber dem ausbedungenen nationalen Recht nicht benannt wird.
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 25 O 212/19) |
Tenor
Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Beklagten gegen das am 17.07.2020 verkündete Teilurteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 25 O 212/19 - gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
Gründe
I. Der Senat ist einstimmig der Ansicht, dass die zulässige Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und eine mündliche Verhandlung ebenfalls nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 3 und 4 ZPO), soll über das Rechtsmittel durch Beschluss entschieden werden.
Das Landgericht hat durch das angegriffene Teilurteil den von der Klägerin im Wege der Stufenklage geltend gemachten Auskunftsanspruch aus abgetretenem Recht gemäß § 242 BGB auf Offenlegung der nach Art. 23 Abs. 1 Satz 3 VO (EG) 1008/2008 auszuweisenden Steuern und Gebühren für die streitgegenständlichen, von den Zedenten nicht angetretenen Flügen zu Recht bejaht.
Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst Bezug auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil, welche mit der Berufung auch im Einzelnen nicht angegriffen werden. Danach ist das Landgericht - unabhängig von der zwischen den Parteien streitigen Einbeziehung der Allgemeinen Beförderungsbedingungen (ABB) der Beklagten - genauso rechtsfehlerfrei von der Anwendbarkeit des deutschen Sachrechts ausgegangen wie von der Unwirksamkeit des Abtretungsverbots in Ziff. 15.4 ABB und der Ausschlussfrist von einem Monat für die Geltendmachung von Rückerstattungsansprüchen wegen staatlicher Steuern in Ziff. 4.2.1 ABB, jeweils wegen unangemessener Benachteiligung der Zedenten entgegen Treu und Glauben (§ 307 Abs. 1 BGB).
Die von der Beklagten in der Berufungsinstanz vorgebrachten weiteren rechtlichen Gesichtspunkte gegen die Entscheidung rechtfertigen keine andere rechtliche Beurteilung; das Rechtsmittel ist unbegründet.
Im Einzelnen gilt folgendes:
1. Soweit die Beklagte mit der Berufung - vermeintlich "erneut" - die örtliche Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts r...