Leitsatz (amtlich)
1. “Jederzeit fähig„ mit Fremdgeld bestimmungsgemäß umzugehen ist der Rechtsanwalt u. U. auch dann, wenn ihm ein nicht ausgeschöpfter Dispositionskredit eingeräumt ist.
2. Zu den im Hinblick auf die Bereitschaft des Rechtsanwalts, mit Fremdgeldern bestimmungsgemäß umzugehen, im Falle einer Mandatskündigung erforderlichen Feststellungen.
Normenkette
StGB § 266
Verfahrensgang
AG Bonn (Entscheidung vom 13.07.2017) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit seinen Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu erneuter Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts Bonn zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Bonn hat den Angeklagten am 13. Juli 2017 wegen Untreue in vier Fällen zu der Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 90,-- € verurteilt. Auf seine hiergegen gerichtete Berufung hat das Landgericht die amtsgerichtliche Entscheidung abgeändert und den Angeklagten wegen Untreue zu der Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 90,-- € verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen.
Gegen seine Verurteilung richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der dieser - unter näherer Darlegung - die Verletzung sachlichen Rechts rügt.
II.
Das Zulässigkeitsbedenken nicht unterliegende Rechtsmittel hat Erfolg; es führt gemäß §§ 353, 354 Abs. 2 StPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts Bonn.
Die Verurteilung wegen Untreue - in der Form des Treubruchtatbestands - wird von den bislang getroffenen Feststellungen nicht getragen.
1.
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
Der Angeklagte war als Rechtsanwalt Anfang des Jahres 2012 durch Vermittlung eines gemeinsamen Bekannten mit der Geltendmachung einer Darlehensforderung i.H.v. 56.000,-- € beauftragt, die der Geschädigten - einer seinerzeit mittellosen Studentin - zustand. Am 30. März 2012 forderte er den Darlehensschuldner unter Beifügung einer Kostennote über 1.761,08 € erfolglos zur Rückzahlung auf. Die Geschädigte wandte sich daraufhin an einen anderen Rechtsanwalt, der den Erlass eines Mahnbescheids beantragte, gegen den der Schuldner indessen Widerspruch einlegte. Nachdem das zuständige Amtsgericht mitgeteilt hatte, die Durchführung des streitigen Verfahrens hänge von der Zahlung einer weiteren Gerichtsgebühr i.H.v. 1.390,-- € ab, wandte sich der gemeinsame Bekannte an den Angeklagten mit der Bitte, das Mandat fortzuführen. Die Geschädigte überwies am 28. Dezember 2012 und am 3. Januar 2013 die angeforderten Gerichtskosten in zwei Teilbeträgen auf das bei der A geführte Geschäftskonto des Angeklagten, über das dieser auch Zahlungen privater Natur abwickelte und das sich im fraglichen Zeitraum mit etwas über 21.000,-- € im Soll befand. Auf diesem Konto war dem Angeklagten ein Dispositionskredit i.H.v. 47.500,-- € eingeräumt. Über ein Anderkonto verfügte er seinerzeit nicht.
Der Angeklagte schrieb die Geschädigte am 11. Januar 2013 an und teilte ihr unter anderem folgendes mit:
“(…) Des Weiteren möchte ich nochmals verbindlich klarstellen, dass die Wahrnehmung Ihrer Interessen nur nach vorherigem Ausgleich meiner Gebührenforderung in Betracht kommt, diese entnehmen sie bitte der anliegenden Kostennote (über 1.757,28 €). Vor diesem Hintergrund bitte ich um Ausgleich der in der Anlage beigeschlossenen Kostennote. Die Vereinbarung eines Erfolgshonorars (scil.: über welches bei Mandatserteilung Anfang 2012 diskutiert worden war) muss ich dagegen vorsorglich nochmals ausdrücklich bereits aus dem Grund ablehnen, dass mir keinerlei Informationen über die Solvenz des Schuldners und insbesondere über in der Bundesrepublik bestehendes Vermögen vorliegen. Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich mich auf Vollstreckungsversuche im (zumal außereuropäischen) Ausland nicht einlassen kann. Vor diesem Hintergrund bitte ich um Ausgleich der in der Anlage beigeschlossenen Kostennote. Diese betrifft zunächst die Geltendmachung der Darlehnsforderung Songel (…).„
Weiter heißt es in den Urteilsgründen:
“Dieser Schriftsatz (…) erreichte die Zeugin (…) nicht, weil er an eine veraltete Adresse gesendet worden war. Die Zeugin war zwischenzeitlich umgezogen. Dies teilte (der gemeinsame Bekannte) dem Angeklagten per Mail kurze Zeit danach mit. In der Folgezeit reichte der Angeklagte weder die Gerichtskosten an das zuständige Gericht weiter, noch reichte er Klage ein. Auch zahlte er die Gerichtsgebühren nicht an die Zeugin (…) zurück. Ein weiteres Schreiben versendete er nicht mehr an die Zeugin (…)„
Diese ihrerseits wandte sich mit Schreiben vom 27. Juni 2013 an den Angeklagten, forderte diesen unter Fristsetzung zur Rückzahlung der 1.390,-- € auf und erklärte zugleich, ihre “Beauftragung zurückzuziehen„. Nachdem die Geschädigte keinen Zahlungseingang feststellen konnte, forderte sie den Angeklagten ein weiteres Mal zur Rückzahlung auf und wandte sich mit Schreiben vom 4. September 2013 an die Anwaltskammer B, welche den Angeklagte...