Entscheidungsstichwort (Thema)

Obligatorische Rechte als Rechtsmangel

 

Leitsatz (amtlich)

1. Obligatorische Rechte stellen nur dann einen Rechtsmangel i.S.v. § 434 BGB a.F. dar, wenn sie einem Dritten berechtigten Besitz verschaffen und den Käufer in seiner Verfügungsbefugnis über den Kaufgegenstand beeinträchtigen können, was bei Mietverhältnissen im Hinblick auf § 571 BGB a.F. der Fall sein kann.

2. Der Eintritt des Erwerbers in den Mietvertrag setzt die Überlassung des Grundstücks an den Mieter voraus, wofür im Regelfall Besitzverschaffung nach § 854 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB erforderlich ist. Dabei muss der bisherige Besitzer die tatsächliche Sachherrschaft im Umfang der Besitzübertragung erkennbar aufgeben.

3. Die Rückgabe der Mietsache an den Vermieter steht der von vornherein fehlenden Überlassung gleich.

4. Die bloße Gefahr einer Beeinträchtigung reicht für einen Rechtsmangel gem. § 434 BGB a.F. nicht aus.

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Urteil vom 14.12.2001; Aktenzeichen 8 O 264/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 14.12.2001 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Aachen - 8 O 264/01 - wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 7.000 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit - auch durch Bürgschaft einer als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen deutschen Bank - in gleicher Höhe leisten.

 

Tatbestand

Durch notariellen Vertrag des Notars W. in F vom 16.3.1992 - UR-Nr. ... - (Bl. 11 ff. d.A.) erwarb die Klägerin von den Beklagten ein ca. 8.960 qm großes auf dem als Anlage 1 dem Vertrag beigefügten Lageplan mit A-B-C-D-A gekennzeichnetes Teilstück des Grundstücks "A. H.", G1, Flur X, Flurstück X. Die Grenze zu dem im Eigentum der Beklagten verbliebenen Restgrundstück ist im Lageplan mit den Punkten D-C markiert und als "Böschungskrone" bezeichnet. Hinter dem Erdwall befindet sich eine Tennisanlage. Diesbezüglich hatten die Beklagten durch Vertrag vom 13.1.1977 (Bl. 21 ff. d.A.) den Eheleuten T ein 5000 qm großes Trennstück zur Errichtung und zum Betrieb eines Tennisplatzes bis zum 31.10.2025 verpachtet. Durch Vertrag vom 20.9.1983 (Bl. 28 ff. d.A.) wurde das Pachtverhältnis mit Zustimmung der Beklagten auf die Kinder der bisherigen Pächter übertragen. Eine Kündigung der Pacht ist frühestens zum 31.10.2007 möglich.

Bei der Anlage der Tennisplätze nahmen die Pächter nur eine Fläche von 3.784 qm in Anspruch, errichteten an deren Grenze einen Erdwall und zäunten das Gelände ein. Die restliche Fläche wurde - wie schon zuvor das Gesamtgrundstück - von dem Landwirt L. weiterhin als Ackerland genutzt.

Nachdem die Klägerin die als Grünland ausgewiesene Fläche von 8.960 qm erworben hatte, betrieb sie bei der Stadt F deren Ausweisung als Bauland. In dem Bebauungsplanänderungsverfahren legten die Pächter der Tennisanlage gegen die vorgesehene Ausweisung des Nachbargeländes als Bauland im September 1999 (Bl. 20 d.A.) Widerspruch ein. Bei der Festsetzung des Bebauungsplans im Jahre 1999 wurde sodann eine an die Tennisanlage angrenzende Teilfläche von 413 qm von der Umwandlung in Bauland ausgenommen und als nicht bebaubare, mit einem Lärmschutzwall zu versehende Sonderfläche ausgewiesen.

Diese Fläche veräußerte die Klägerin durch notariellen Vertrag vom 27.3.2001 (Bl. 47 ff. d.A.) zum Preise von 2.000 DM an die GO GmbH. Eine angrenzende Teilfläche von 2052 qm hatte sie dieser bereits mit notariellen Vertrag vom 15.2.2000 (Bl. 37 ff. d.A.) zum Preise von 400.000 DM verkauft.

Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin die Beklagten auf Schadenersatz wegen eines Rechtsmangels des erworbenen Grundstücks in Anspruch.

Sie hat behauptet, sie habe den mit der Pacht belegenen Grundstücksteil von 413 qm nicht wie die angrenzende Teilfläche von 2.052 qm zum Baulandpreis von 194,90 DM/qm, sondern nur als Grünland zum Preise von 4,84 DM/qm veräußern können. Hierdurch sei ihr ein Schaden i.H.v. 76.494,78 DM entstanden.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 76.494,78 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt.

Sie haben einen Schadenersatzanspruch der Klägerin in Abrede gestellt. Die Klägerin habe ein gutes Geschäft gemacht, weil sie das Grundstück für nur 100.000 DM erworben habe, dieses aber, nachdem es Bauland geworden war, für ein Vielfaches des Betrages wieder verkauft habe. Die streitige Fläche habe nach der Bauordnung NW nicht bebaut werden können, da sie unmittelbar neben dem Tennisplatz liege.

Das LG hat nach Beweiserhebung durch Urteil vom 14. Dezember 01 (Bl. 83 ff. d.A.), auf das vollinhaltlich Bezug genommen wird, der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Belastung eines Teils des gekauften Grundstücks mit dem Pachtrecht stelle einen Rechtsmangel dar. Ob die Beklagten hie...

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