Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestseller-Paragraf: Verjährung des vorbereitenden Auskunftsanspruchs
Leitsatz (amtlich)
Der den Anspruch auf Vertragsanpassung nach § 36 Abs. 1 UrhG a.F. - s. jetzt § 32a Abs. 1 UrhG n.F. - vorbereitende Auskunftsanspruch verjährt nicht in entsprechender Anwendung des § 36 Abs. 2 in zwei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Urheber Kenntnis erlangt von den Umständen, aus denen sich der Auskunftsanspruch ergibt. Ob er - selbständig - nach der allgemeinen Frist (§ 195 BGB) verjährt oder erst mit der Verjährung des Anspruchs auf Vertragsanpassung, bleibt offen.
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 25.06.2003; Aktenzeichen 28 O 5/03) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 25.6.2003 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des LG Köln - 28 O 5/03 - geändert.
II. Die Beklagte wird verurteilt,
a) dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, welche Ausgaben im In- und Ausland, in deutscher Sprache und in Übersetzungen des Buches "I-GR" im Verlag der Beklagten oder als Lizenzen der Beklagten in anderen Verlagen bislang erschienen sind,
b) Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, für jedes Jahr seit Erscheinen getrennt, wie viele Exemplare des Buches "F. I." und zu welchen Ladenpreisen die Beklagte im In- und Ausland, in deutscher Sprache und in Übersetzungen, verkauft hat und/oder durch Dritte hat verkaufen lassen, getrennt nach Auflagen und Ausgaben (Hardcover, Taschenbuchausgabe und Sonderausgaben).
III. Soweit das LG die weiter gehende Stufenklage abgewiesen hat, wird das Urteil aufgehoben. Die Sache wird in diesem Umfang zur weiteren Verhandlung und Entscheidung des Rechtsstreits an das LG zurückverwiesen.
IV. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen. Die Entscheidung über die weiteren im ersten Rechtszug entstandenen und noch entstehenden Kosten des Rechtsstreits bleibt dem LG vorbehalten.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
VI. Die Revision wird nicht zugelassen.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1, ZPO abgesehen.
Gründe
Die zulässige Berufung hat in vollem Umfang Erfolg. Sie führt zur Änderung der angefochtenen Entscheidung und zur antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten, soweit das LG die auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung gerichtete (Stufen-) Klage abgewiesen hat. Im Übrigen war das Urteil aufzuheben und die Sache in entsprechender Anwendung des § 538 Abs. 1 Ziff. 4 ZPO auf Antrag beider Parteien im Umfang der Aufhebung an das LG zurückzuverweisen.
Zwischen den Parteien herrscht zurecht kein Streit darüber, dass der mit der Stufenklage geltend gemachte Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch aus § 36 Abs. 1 UrhG a.F. entstanden ist. Nach dieser Vorschrift hat der Urheber, der einem anderen ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt hat, die dazu führen, dass die vereinbarte Gegenleistung unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen in einem groben Missverhältnis zu den Erträgnissen aus der Nutzung des Werkes steht, einen Anspruch darauf, dass sich der andere ihm ggü. verpflichtet, in eine Änderung des Vertrages einzuwilligen, durch die dem Urheber eine den Umständen nach angemessene Beteiligung an den Erträgnissen gewährt wird. Diesem Anspruch auf Vertragsanpassung, der nach § 36 Abs. 2 UrhG a.F. in zwei Jahren von dem Zeitpunkt an verjährt, in dem der Urheber von den Umständen Kenntnis erlangt hat, aus denen sich der Anspruch ergibt, lagert die Rechtsprechung namentlich des BGH (vgl. zuletzt etwa BGH GRUR 2002, 602 ff. = WRP 2002, 715 ff. - "Musikfragmente", m.w.N.) als Hilfsanspruch einen Auskunftsanspruch vor. Der Urheber, der sich darüber im Unklaren ist, ob ihm nach § 36 Abs. 1 UrhG a.F. ein Anspruch auf Anpassung der vertraglich vereinbarten Vergütung zusteht, kann vom Nutzungsberechtigten und damit im Streitfall der Beklagten Auskunft über den Umfang der Verwertung und die erzielten Verkaufspreise verlangen, wenn greifbare Anhaltspunkte für einen solchen Anspruch vorliegen. Dazu muss nicht bereits feststehen, dass dem Urheber letztlich ein Anspruch auf Einwilligung in eine Vertragsanpassung zusteht. Vielmehr kann der Urheber grundsätzlich immer dann, wenn aufgrund nachprüfbarer Tatsachen klare Anhaltspunkte für einen solchen Anspruch bestehen, Auskunft und ggf. Rechnungslegung verlangen, um anschließend im Einzelnen die weiteren Voraussetzungen dieses Anspruchs ermitteln und die zu zahlende Vergütung berechnen zu können (BGH GRUR 2002, 602 ff. = WRP 2002, 715 ff. - "Musikfragmente").
Greifbare Anhaltspunkte für das Bestehen eines groben Missverhältnisses i.S.d. § 36 Abs. 1 UrhG a.F. bestehen im Streitfall deshalb, weil sich das Buch, dessen Urheber der Kläger ist, im In- und Ausland dem Anschein nach außergewöhnlich gut verkauft hat. Die Beklagte selbst hat es im Hinblick auf die deutsche Ausgabe als Bestseller gekennzeichnet. Im Jahr 1998 ist entgegen den ursprünglichen Planungen eine gebundene Ausgabe des Buches erschienen. Die englischsprachige Ausgabe ist be...